Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Brustkrebs betrifft nur Frauen, und zum Urologen gehen nur Männer? Mitnichten! Mit lange propagierten Geschlechtszuordnungen bei Krankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes oder Osteoporose will die Gendermedizin nicht nur aufräumen, sondern verbessert durch Aufklärung und differenzierte Behandlungsmethoden auch die Heilungschancen.
Darüber, dass Frauenherzen anders schlagen als Männerherzen und ein Herzinfarkt sich bei Frauen mit anderen Symptomen bemerkbar macht, wurde in den vergangenen Jahren häufig berichtet. Es gibt aber weit mehr Erkrankungen, bei denen eine geschlechtsspezifische Unterscheidung notwendig ist – übrigens auch bei der Dosierung von Medikamenten, denn Frauen verarbeiten nachweislich Wirkstoffe anders als Männer. Prof. Burkhard Sievers, Klinikdirektor der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie, Nephrologie und internistische Intensivmedizin am Sana Klinikum Remscheid, beschäftigt sich seit Jahren mit der Thematik und hat eine Zusatzqualifikation Gendermedizin absolviert.
Im September wird er in Düsseldorf ein Symposium dazu veranstalten. Und in seinem Buch „So heilt man heute“ geht er auf geschlechtsspezifische Unterschiede der großen Volkskrankheiten ein: neben Bluthochdruck oder Diabetes unter anderem auch auf Osteoporose – keinesfalls eine reine Frauenkrankheit. Jeder fünfte Mann, der älter als 50 Jahre ist, erkrankt daran. Aktuell seien etwa 5,2 Millionen Frauen und 1,1 Millionen Männer ab 50 Jahren von Osteoporose betroffen, schreibt Prof. Sievers. „Bei Männern tritt der Knochenschwund meist erst nach dem 70. Lebensjahr auf. In diesem Alter erkranken genauso viele Männer wie Frauen“, erklärt er. Da die Krankheit zwar nicht heilbar, aber, rechtzeitig erkannt, gut behandelbar ist, rät Prof. Sievers nicht nur Frauen, sondern auch Männern zur Prävention – um anhaltende Schmerzen und Knochenbrüche zu vermeiden. „Ab dem 40. Lebensjahr verringert sich die Knochenmasse. Deshalb ist es ratsam, wenn Männer das Thema in diesem Alter bei ihrem Hausarzt adressieren, damit dieser eine genaue Anamnese durchführt, mögliche Risikofaktoren abklärt und bei Bedarf an einen Spezialisten überweist“, sagt er.
Zu den vermeintlichen Frauenkrankheiten gehört auch Brustkrebs – Männer können aber durchaus ebenfalls betroffen sein, allerdings eher selten. So erkranken pro Jahr in Deutschland etwa 70.000 Frauen neu an einem Mammakarzinom, bei den Männern sind es „nur“ 600 bis 700 Fälle im Jahr. „Am häufigsten wird die Erkrankung bei Männern im Alter von Mitte 60 bis 70 diagnostiziert, bei Frauen ist das etwa zehn Jahre früher der Fall“, erklärt Dr. Carolin Nestle-Krämling. Sie leitet die Frauenklinik am Evangelischen Krankenhaus (EVK) in Düsseldorf mit dem von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Brustkrebszentrum. Ein solches Brustkrebszentrum ist – neben der Hausarzt- oder Gynäkologiepraxis – die richtige Anlaufstelle für erkrankte Männer.
In den meisten Fällen wird Brustkrebs bei Männern mit einem erhöhten Östrogenspiegel in Verbindung gebracht. Risikofaktoren hierfür sind etwa starkes Übergewicht, Lebererkrankungen oder auch die Hormoneinnahme zur Geschlechtsumwandlung. Auch genetische Faktoren wie das Klinefelter-Syndrom – betroffene Männer haben ein oder mehrere zusätzliche X-Chromosomen – oder gehäufte Brustkrebserkrankungen in der Familie, etwa aufgrund einer BRCA Genmutation, können das Erkrankungsrisiko steigern.
„Da es für Männer kein gesetzliches Programm zur Früherkennung von Brustkrebs gibt und ihnen zudem oftmals das Bewusstsein dafür fehlt, wird ein Karzinom häufig erst in einem späteren Stadium erkannt“, so Dr. Nestle-Krämling. Das führt zu größeren Tumoren, Lymphknotenmetastasen treten proportional häufiger auf als bei Frauen. Die dann folgende Therapie ist bei Frauen und Männern gleich, so ist auch bei Männern eine brusterhaltende Therapie oder die Rekonstruktion der Brust möglich. Die Expertin rät Männern, sich regelmäßig selbst zu untersuchen und sich des Risikos einer Erkrankung bewusst zu sein. Betroffene finden im Netzwerk „Männer mit Brustkrebs“ (www.brustkrebs-beim-mann.de) Austausch und Unterstützung.
Ist für einen Mann mit Verdacht auf Brustkrebs eine Gynäkologiepraxis eine gute Anlaufstelle, so ist für Frauen bei allen Blasenerkrankungen, von der Blasenentzündung über Inkontinenz bis hin zum Blasenkarzinom, ein Urologe der richtige Ansprechpartner – und nicht der Gynäkologe. Dass der Urologe als „Männerarzt“ angesehen wird, den der Mann bei Erkrankungen der Prostata aufsucht, ist viel zu kurz gedacht. Denn insbesondere dann, wenn sich – schmerzlos – Blut im Urin befindet, sollte auch Frau unbedingt einen Urologen aufsuchen, kann es sich doch um ein Symptom für ein Blasenkarzinom handeln. Auch, wenn deutlich mehr Männer an Blasenkrebs erkranken, sind zunehmend Frauen betroffen. Ein Grund dafür ist, dass heutzutage immer mehr Frauen rauchen – und Nikotinkonsum ist der Hauptrisikofaktor für die Erkrankung, denn die Giftstoffe des Nikotins werden über die Blase ausgeschieden und können dort das Gewebe schädigen. „Grundprognose und Therapie sind bei Männern und Frauen gleich, allerdings wird ein Tumor bei Frauen oftmals in einem späteren Stadium diagnostiziert, was die Prognose verschlechtern kann“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Jörn Witt, Klinikdirektor in der Paracelsus Klinik Golzheim in Düsseldorf.
In 70 Prozent der Fälle ist Blasenkrebs eine eher harmlose Krebserkrankung, nämlich dann, wenn der Tumor auf die Blasenschleimhaut beschränkt ist und endoskopisch abgetragen werden kann. 30 Prozent der Tumoren werden allerdings erst so spät diagnostiziert, dass sie invasiv, also ins Muskelgewebe der Harnblase, eingewachsen sind. „In diesen Fällen besteht ein weitaus höheres Risiko auf eine Metastasierung, die Prognose verschlechtert sich“, so Dr. Witt. Um Blasenkrebs so früh wie möglich zu erkennen, können regelmäßige Untersuchungen auf Blut im Urin helfen.