Das kreative Rückgrat der Stadt
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Mit ihrem Start-up „reality bites“ sorgt die Düsseldorferin Diana Posner für Aufsehen in der Gründerszene: Auf ihrer Plattform vernetzt sie Menschen in Lebenskrisen miteinander und mit Experten und verschafft damit dem Thema mentale Gesundheit neue Aufmerksamkeit. Im Sommer ist sie von der Jury des Start-My-Business-Awards in der Kategorie Changemaker ausgezeichnet worden.
Diana Posner möchte mit „reality bites“ einen sicheren Ort bieten, an dem Menschen sich über ihre Probleme austauschen können.
Die Idee ist so naheliegend, dass man vermuten könnte, so etwas gäbe es schon lange. Aber Diana Posner hat mit ihrem Mental-Health-Portal „reality bites“ etwas Neues geschaffen und einen Nerv getroffen. Eine Plattform, auf der sich Menschen in psychischen, physischen oder sozialen Lebenskrisen einfach, direkt und 24/7 miteinander und mit Experten verschiedener Schwerpunkte vernetzen können. Und Idee wie Konzept kommen nicht nur bei Betroffenen und Experten an: reality bites wurde unter den erfolgversprechendsten und innovativsten Start-ups in der Kategorie Changemaker von der Jury des Start-My-Business-Awards ausgezeichnet.
Die Initialzündung ergab ein „Alles-supi-Abend“: ein Treffen im Freundeskreis, bei dem zunächst bei allen alles eben „supi“ war, in dessen Verlauf aber die Fassaden der Freunde bröckelten und schließlich in sich zusammenbrachen. Selbstzweifel, Ängste und Scham traten zutage. Ein Déjà-vu für die zweifache Mutter, die sich selbst zu einem früheren Zeitraum in einer Lebenskrise befunden hatte und sich schon lange etliche fundamentale Fragen stellte: „Warum fällt es uns so schwer, über die Themen zu reden, die uns beschäftigen? Wie kommen wir da hin, ein wenig mehr wir selbst zu sein und nicht nur im Außen zu leben? Und: Wo gibt es unkompliziert Hilfe?“
Denn: „Krisen machen vor unserem Alltag nicht Halt, doch wir lenken uns nur zu gerne davon ab, weil wir uns dafür schämen oder es zu kompliziert ist, Hilfe zu suchen. Gehen wir aber fortwährend über sie hinweg, kochen die Themen irgendwann hoch – etwa in Gestalt von Burn-out und Depressionen. Deshalb müssen wir Schwäche vom Stigma befreien. Solange jeder denkt, nur er habe Probleme, nur er sei ein schwarzes Schaf, solange wird er weitermachen, bis es wirklich nicht mehr geht.“ Ihre Lösung: ein niederschwelliges Angebot, das sich einfach in den Alltag integrieren lässt.
„Nachdem ich festgestellt hatte, dass es keine umfassende Anwendung zur mentalen Gesundheit gibt, habe ich begonnen, einen sicheren Ort zu schaffen, der Menschen mit ihren Themen vereint. Dabei wollte ich auch ermöglichen, unkompliziert Hilfe von Experten wie Coaches, Therapeuten, Ärzten und Juristen zu bekommen.“ Zu dieser Zeit hatte die Realität in Gestalt von Corona und Lockdowns zugebissen, das Problem wurde damit noch verschärft. „So war es umso wichtiger, ein bislang meist analoges Geschehen ins Digitale zu transformieren.“ Nach intensiven Recherchen und vielen fruchtbaren Gesprächen machte sich die bis dato in der Textilbranche tätige Betriebswirtin, die für ihren Job um die ganze Welt geflogen war, selbstständig: „Auch das war schon lange eins meiner Themen.“ Ende 2021 ging ihr Portal reality bites online.
„Mentale Gesundheit ist ein Kernthema unserer Gesellschaft, da Arbeit und ständige Erreichbarkeit enormen Stress erzeugen“, sagt die 46-Jährige. „Deshalb muss sich unsere Sichtweise auf Mensch und Arbeit ändern. Wir brauchen ein neues Mindset, das es uns erlaubt, auch mal schwach, einfach mal unperfekt zu sein.“
Zurzeit entwickelt Diana Posner für die Bereiche Krankenkasse und Versicherung digitale Mental-Health-Center. Solch ein individuell modulierbares Gesundheitsportal können Unternehmen und Körperschaften nutzen, um ihre Mitarbeiter zu schützen und zu stützen. „Auch dabei gilt es, Wege zu vereinfachen, damit Menschen Dinge, die ihnen guttun, leichter in ihren Alltag integrieren können.“
Deniz Karius