Begeistert für Düsseldorf
Warum brauchte es 1989 einen Zusammenschluss wie die…
Damit die Mobilitätswende gelingt, braucht es innovative Ideen. Passagierdrohnen für kurze und mittlere Strecken könnten schon in wenigen Jahren Wirklichkeit sein. In Düsseldorf ist bereits der erste Landeplatz geplant: am Kennedydamm 55.
Auf der Landmarke „Twist“ am Kennedydamm 55 ist der Bau des ersten Landeplatzes für Lufttaxis wie den Lilium-Jet (im Vordergrund) und andere Drohnen in Düsseldorf geplant.
In der Zeichentrickserie „Die Jetsons“ aus den 1960er-Jahren flog Familienvater George Jetson bereits in seinem kleinen Raumschiff zur Arbeit und wieder nach Hause. 1989 fantasierten die Macher von „Zurück in die Zukunft 2“ von fliegenden Autos. Die Zukunft spielte damals im Jahr 2015. Heute, im Jahr 2022, ist das in der dargestellten Form noch unrealistisch. Man wäre sich wohl nicht einmal schlüssig über den besten Kraftstoff. Kürzere Strecken fliegend zurückzulegen, soll trotzdem schon bald möglich sind. Arbeitstitel: Lufttaxi.
Projekte in dieser Richtung werden schon einige entwickelt, nicht nur im Silicon Valley, sondern auch hierzulande. Die Fachhochschule Aachen etwa arbeitet für ihr „Skycab“ unter anderem mit dem Flughafen Mönchengladbach zusammen, und auch der Flughafen Düsseldorf prüft mit dem Start-up Lilium aus der Nähe von München die Machbarkeit eines Lufttaxi-Services.
Das Tech-Unternehmen entwickelt bemannte Drohnen für bis zu sechs Passagiere plus Pilot, die rein elektrisch angetrieben werden. Die ersten betriebsfähigen Modelle sollen bis zu 175 Kilometer zurücklegen können. Eine Zertifizierung seines Jets strebt es für 2025 an. „Nach der Musterzulassung soll unmittelbar die Serienproduktion beginnen“, sagt eine Lilium-Sprecherin.
Das klingt spannend. Doch es drängen sich direkt einige naheliegende Fragen auf: Bringt mich ein Lufttaxi bis vor die Tür meines Ziels? Holt es mich auch nachts um 3 Uhr aus der Düsseldorfer Altstadt ab? Wohl kaum.
Allerdings innerstädtisch landen – das können bereits heute Hubschrauber auf Dächern von Hochhäusern. Und hier setzt die Idee des Lufttaxis an: „Die Technologie, die dem Lilium-Jet zugrunde liegt, heißt Ducted Electric Vectored Trust. Vereinfacht gesagt, haben wir elektrische Düsentriebwerke in die Flügelklappen integriert, die sich drehen und es dem Jet ermöglichen, vertikal zu starten und zu landen“, erklärt die Sprecherin. Der elektrische Antrieb würde zudem eine geringe Lärm-Emission verursachen und somit einen innerstädtischen Flugbetrieb ermöglichen.
Außer auf bereits bestehenden Hubschrauberlandeplätzen würden die Drohnen auf sogenannten Vertiports landen und wieder abheben, die zum Beispiel auf Parkhausdächern oder Hochhäusern eingerichtet sein könnten. Im Düsseldorfer Rathaus beobachtet man die neue Mobilitätsform mit großer Aufgeschlossenheit. Vor dem Hintergrund der Mobilitätswende „ist die Stadt offen für Innovationen und neue Ideen, um diesem Ziel näherzukommen. Das Thema Lufttaxis ist dabei eine von vielen Ideen“, sagt Stadtsprecher Manuel Bieker. Beim Hochhausprojekt „Twist“ am Kennedydamm 55 begleitet die Stadt das Thema Vertiport erstmals planerisch.
„Ich habe mich vor fünf, sechs Jahren das erste Mal intensiver mit der Idee elektrobetriebener Lufttaxis beschäftigt. Als ich sie in das Planungsteam der Landmarke Twist einbrachte, wurde der Vorschlag erst einmal als Fantasie abgetan“, erzählt Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter des Maklers Aengevelt Immobilien und selbst seit mehr als 50 Jahren begeisterter Pilot. Während in den ersten Gesprächen Lufttaxis als Spielzeug für Jungmillionäre abgetan wurden, hat sich mittlerweile die Auffassung geändert. Aengevelt plant den Vertiport zudem nicht nur für das Lufttaxi, sondern zusätzlich für Drohnen zum Transport und für Rettungseinsätze.
Damit es zum Vertiport auf dem Hochhaus Twist wirklich kommt, muss allerdings noch der Bebauungsplan vom Stadtrat Düsseldorf beschlossen und rechtskräftig werden. Zudem liegt die luftfahrtrechtliche Genehmigung des Landeplatzes nicht bei der Stadt, sondern bei der Bezirksregierung. „Im Idealfall können wir Mitte 2024 den Bauantrag stellen, nach etwa einem Jahr Genehmigungsphase mit dem Bau beginnen, und in der zweiten Hälfte des Jahres 2028 könnte das erste Lufttaxi auf dem Twist landen“, erläutert Aengevelt.
Zum Betrieb eines Lufttaxi-Services gehören weitere Infrastrukturen wie Auflademöglichkeiten und eine zentrale Basis. Hier könnte der Flughafen Düsseldorf als Drehkreuz dienen: „Flugreisen sind unser Kerngeschäft, zugleich nehmen wir die Start- und Endpunkte der Reisenden in den Blick, um gezielt den Umstieg auf andere Verkehrsträger anzubieten. Damit verbinden sich auch Chancen für den Ausbau unseres Geschäftsmodells mit Park-and-Ride-Angeboten für die Stadt, mit einem Sharing-Hub für die individuelle Mobilität oder perspektivisch mit Flugtaxis, die die vorhandene Infrastruktur des Airports nutzen, um die Region anzubinden“, sagt Flughafensprecher Marcus Schaff. Eine Alternative also für die letzten Kilometer vom Flughafen in die Heimatstadt oder für den Geschäftsreisenden zu seiner Firma oder zur Messe – und zunächst vielleicht zwar nicht nur für Jungmillionäre, aber wohl nur für den Besserverdiener oder Top-Manager.
„In einer ersten Phase wenden wir uns an die Premium-Märkte der allgemeinen Luftfahrt und der Geschäftsreiseluftfahrt, einschließlich Charterunternehmen, Fractional-Ownership und Privatpersonen. In einer zweiten Phase planen wir die Einführung einer Shuttle-Konfiguration für sechs Passagiere, um die Nachfrage nach kurzen regionalen Linienflügen sowohl für das Premium-Segment als auch für Shuttle-Linienflüge zu befriedigen“, sagt die Lilium-Sprecherin. Beim Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen beurteilt man eine mögliche Preisgestaltung mit klaren Worten: „Aufgrund der hohen Kosten für die Entwicklung und Zertifizierung der Lufttaxis sowie für den Bau der notwendigen Infrastruktur ist kaum damit zu rechnen, dass Lufttaxi-Anbieter bei Markteintritt nutzerfreundliche Preise anbieten können“, sagt ein Ministeriumssprecher. In dessen Hause wurde 2020 die Kooperation zwischen dem Tech-Unternehmen Lilium und den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn bekannt gegeben. Als dicht besiedeltes Ballungszentrum mit zehn Städten über 300.000 Einwohnern, über 40 Universitäten und vier Messestandorten sei die Region ein idealer Standort für ihre Lufttaxis, heißt es bei Lilium. Die NRW-Städte von Aachen bis Münster und Bielefeld sollen mit ihren Jets in Zukunft von Düsseldorf aus in 30 Minuten erreichbar sein.
Stefan Reinelt