Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Vom Schreinerhandwerk bis zum Trauerkolleg: Seit 150 Jahren ist das Bestattungshaus Frankenheim im Einsatz. Inzwischen gibt es neun Filialen, und die nächste Generation ist mit an Bord. Ihrer Philosophie bleibt Familie Frankenheim treu.
Die fünfte und sechste Generation des Düsseldorfer Unternehmens Bestattungshaus Frankenheim: (v.l.) Victoria, Claus, Margarete und Juliane Frankenheim
Manchmal sitzen Angehörige in der neuen Hauskapelle. Dann brennen die Kerzen und in wohnlicher, unaufdringlicher Atmosphäre nehmen sie Abschied. Gelegentlich kommt es vor, dass dann ältere Menschen auf Victoria und Juliane Frankenheim zukommen und vorsichtig fragen: „Was ist denn aus der alten Hauskapelle geworden? Die mit dem Himmelstor an der Wand?“ Sie erinnern sich daran, wie sie in den alten Räumen vor Jahren in einer ähnlichen Situation Abschied nahmen. Und es ist, als hätten sie die alten Holzvertäfelungen noch genau vor Augen. Dann treffen Gegenwart und Vergangenheit aufeinander. Dann wird die lange Geschichte des Bestattungshauses greifbar. In diesem Jahr feiert das Bestattungshaus Frankenheim sein 150-jähriges Bestehen und hält Rückblick auf die lange Unternehmensgeschichte – die mit dem Schreinerbetrieb von Johann Frankenheim am Münsterplatz in Derendorf begann. „Wenn jemand starb, dann gingen sie zum Johann und gaben einen Sarg in Auftrag“, erzählt Victoria Frankenheim und blättert durch das alte Familienalbum. Es sind Bilder aus einer anderen Zeit.
Zum Jubiläum hat sie mit Schwester Juliane ein bisschen Ahnenforschung betrieben und dabei alte Notizen und Aufträge gefunden – sowie jene Fotos, die Einblick geben in die ersten Kapitel der Familiengeschichte. Bei dem Blick in die Alben seit der Gründung des Beerdigungsinstituts durch ihren Ururur-Opa zeigt sich auch: Die Familie wagte immer mal wieder den Blick über den Tellerrand. Schon 1951 eröffnete sie die erste Filiale in Friedrichstadt. Heute gehören zum Geschäft neun Filialen. Und es ist nicht bei der Auswahl des richtigen Sarges geblieben. Ganz im Gegenteil. Schon früh verband das Bestattungshaus die Potenziale der Familie – und bot erst Blumen, dann auch Grabsteine mit an. Bestattungsmeister, Floristen, Steinmetze: Die Frankenheims brachten die Gewerke unter einem Dach zusammen. Als eine Gesetzesänderung 1983 die Möglichkeit eröffnete, auch als Bestatter Trauerfeiern auszurichten, zögerte das Bestattungsunternehmen nicht. „Damals waren wir einer der ersten, die diese Änderung genutzt haben und eine eigene Hauskapelle einrichteten“, erzählt Victoria Frankenheim. Nun waren Abschiedsfeiern auch beim Bestatter möglich. Und damit eröffnete sich für Familie Frankenheim ein neuer Raum, der ihrer Philosophie entsprach. „Weil der Mensch den Menschen braucht“, zitiert Juliane Frankenheim den Leitspruch des Unternehmens.
So habe man sich immer gesehen und so wolle man auch künftig auf die Menschen zugehen. Da sind sich Claus Frankenheim, der 1984 in den Betrieb einstieg, und seine beiden Töchter einig. Deswegen haben sie in den vergangenen Jahren immer wieder investiert – um Raum zu schaffen für persönliche Abschiedsfeiern, für Trauerbegleitung und Begegnungen mit den Menschen. Heute gibt es viele Möglichkeiten, um sich von Verstorbenen zu verabschieden. Das Bestattungshaus bietet dafür Raum, Ideen und die Organisation. „Wir haben einen Haustheologen“, erzählt Victoria Frankenheim. Und in den beiden jüngsten Filialen in Mettmann und im Düsseldorfer Süden gibt es auch Raum für Kaffee und Kuchen nach der Trauerfeier. „Und wir haben einen gesellschaftlichen Wandel festgestellt, der dazu führte, dass wir heute hauptsächlich Urnenbestattungen haben“, sagt Juliane Frankenheim. Schon 2006 richtete das Bestattungshaus das erste eigene Kolumbarium ein. Heute gibt es an drei verschiedenen Standorten diese Möglichkeit, ohne großen Pflegeaufwand einen Platz zum Trauern zu haben. „Wir wollen den Menschen nach der Beerdigung nicht den Rücken zukehren“, erklärt Victoria Frankenheim dazu. Denn die Familie weiß: Oft steht dann die große Herausforderung an, mit der Trauer im Alltag umzugehen. Weil sie oft den Eindruck gehabt hätten, dass die Angehörigen in diesen Momenten nach etwas suchten, habe das Bestattungsunternehmen seine Möglichkeiten noch mal erweitert. „Wir wollten den Menschen anbieten, sie in der Trauer zu begleiten“, sagt Juliane Frankenheim. Und dann ergänzt ihre Schwester: „Miteinander, füreinander und ganzheitlich: Das gehört eben auch zu unserer Philosophie.“ 2010 entstand das Trauerkolleg Frankenheim.
Seitdem bietet die Familie Trauergruppen oder Einzelbegleitung an. Auch Margarete Frankenheim, Sozialpädagogin und zertifizierte Trauerbegleiterin, engagiert sich mit ihrem Mann und ihren Töchtern in diesem Bereich. Seit diesem Jahr gibt es auch eine Gruppe „Yoga für Trauernde“. Für viele Hinterbliebene entstehe nach dem Tod eines geliebten Menschen eine Lücke, mit der sie nicht zurechtkämen, weiß Juliane Frankenheim. Während der Trauerbegleitung wolle man den Hinterbliebenen helfen, sich neu aufzustellen. „Und es geht auch darum, in unserer schnelllebigen Zeit einen Raum für Trauer zu schaffen“, erklärt sie. Ohnehin bemüht sich Familie Frankenheim darum, das Thema Tod und Trauer aus der Tabuzone zu holen. Das gilt in der Begegnung mit Hinterbliebenen – beginnt aber schon deutlich früher. Das Bestattungsunternehmen lädt die Menschen ein, sich frühzeitig mit ihrem Tod auseinanderzusetzen und Vorsorge zu treffen. „Wir fungieren dann wie ein Reisebüro, das mit den Menschen die letzte Reise plant“, erklären die Schwestern. Dann setzen sich die Menschen mit der Frage auseinander, was sie sich für ihre eigene Bestattung wünschen. „Und entlasten damit auch ihre Angehörigen“, sagt Victoria Frankenheim. Dann sind die wichtigsten Antworten nämlich schon schriftlich fixiert. Gleichzeitig kann es bei dem Vorsorgevertrag auch um eine finanzielle Absicherung gehen: Dann besteht die Möglichkeit, ein Treuhandkonto anzulegen, um die Kinder und Angehörigen zu entlasten. „Wir haben das Gefühl, dass sich die Menschen heute mehr mit diesen Fragen auseinandersetzen“, sagt Juliane Frankenheim, „aber immer noch bleibt das Thema häufig ein Tabu.“
Mit Juliane und Victoria Frankenheim ist nun die sechste Generation mit im Boot. „Für uns war das eine bewusste Entscheidung, die keinesfalls von Anfang an feststand“, sagen die Schwestern. Ganz im Gegenteil. Ihre Eltern hätten sie immer ermutigt, erst mal die Welt zu entdecken. Juliane Frankenheim studierte Personalmanagement, Victoria Frankenheim ließ sich zur Medienkauffrau ausbilden und machte einen Bachelor in Wirtschaftspsychologie. Als ihre Eltern sie 2016 fragten, ob sie sich eine Zukunft im Bestattungshaus vorstellen könnten, berieten sich die Schwestern. Ihre Antwort: „Das machen wir nur zusammen.“ Seitdem sind sie mit an Bord – jede mit ihren Fähigkeiten. Gemeinsam machen sie gerade den Bestattermeister. Ihre Motivation: „Wir möchten für die Menschen da sein“, sagen sie und erzählen von den wertvollen Momenten, wenn sich Angehörige in ihrer Trauer öffnen. Und die Arbeit im Bestattungswesen habe sie etwas gelehrt: „Wir schätzen das Leben.“