„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
Das neue „me and all hotel“ in Oberkassel besticht nicht nur durch seine opulente, durchdachte und bisweilen witzige Ausstattung, sondern auch durch Kooperationen mit Spezialisten aus der Stadt. Dabei kommt es sehr lässig daher.
Schon am Empfang, der „Nugget“ genannt wird, erwartet den Gast ein Highlight: ein ironisches Kunstwerk des Künstlers Adam Karamanlis.
Stylish, opulent, auffallend bunt: Im neuen „me and all hotel“ an der Hansaallee sollte die Einrichtung auf ausdrücklichen Wunsch der Betreiber „etwas mehr Bling-Bling“ haben. „Diese Optik passt zu Oberkassel und zum Konzept unseres Boutique-Hotels“, sagt Otto Lindner, der Gründer von me and all hotel. Beim ersten Schritt über die Schwelle fallen edle Materialien ins Auge – Samt, Kristall, Gold, weiche Stoffe. Der zweite Blick gilt der farbenfrohen Kunst, deren hintergründiger Humor sich beim Näherkommen offenbart. Über der Rezeption prangt ein ausladendes Werk des Düsseldorfer Künstlers Adam Karamanlis. Er hat die englische Königsfamilie als Schafsherde im Pop-Art-Stil verewigt, eine kecke Anspielung auf die Düsseldorfer Society. Den Restaurantbereich, in dem auf eleganten Sesseln und Sofas auch gefrühstückt wird, stattete der lokale Künstler und Kurator Wolfgang Sohn mit großformatigen Fotos aus, oft aus der Welt der Mode.
Und welche Überraschung: In der Lobby, links neben dem Eingang, laden im Daquaro Barber Spot zwei Frisierstühle für Herren zum Platznehmen und Verschönertwerden ein. Dies sind nur drei Beispiele für die hohe Bedeutung der „local heroes“ in der kleinen, feinen Gruppe. Lindners Maxime: „Wir wollen die Stärksten der Stadt um uns scharen.“ Was im japanisch geprägten me and all hotel an der Immermannstraße begonnen und in Hannover, Kiel und Ulm fortgeschrieben wurde, reifte in Oberkassel weiter heran. Mit einer Riege renommierter Partner, darunter die Brauerei Füchschen und die Kornbrennerei Schmittmann. Die Traditionsbäckerei Hinkel liefert Brot, Johanna Sucre fertigt vor Ort ihre Patisserien, Tokyobikes stellt die kostenlosen Leihräder zur Verfügung. Die Athletenschmiede bietet Kurse im perfekt ausgestatteten Fitnessraum des Hotels an. Weitere Kooperationen im Sportbereich wurden mit Fortuna Düsseldorf und dem Eishockey-Team der DEG geschlossen.
Lange hatte sich die Eröffnung wegen Corona verzögert. Im Rückblick sei das nicht gar so schlimm gewesen, sagt Sven Pusch, der beide Düsseldorfer me and all hotels leitet. „So hatten wir mehr Zeit, dieses Hotel mit Ideen zu füllen und spannende Partnerschaften zu knüpfen. Jetzt ist alles wunderbar auf Oberkassel abgestimmt.“ Der Standort sei attraktiv genug, die City Richtung Belsenpark zu verlängern. „Wir werden Wohnzimmer und Partykeller zu-gleich sein“, gibt Otto Lindner das Ziel vor. „Nicht bloß ein Hotel, sondern ein Platz, an dem man sich trifft, an dem man Musik hört, an dem Künstler auftreten.“ Mit einem Lächeln fügt er hinzu: „Abends wird es hier gelegentlich auch mal wild zugehen.“ Für die angestrebte Offenheit spricht, dass außer den Hotelgästen auch externe Besucher den Co-Working-Space und die beiden Boardrooms, also unsere Sitzungsräume „Hinz“ und „Kunz“, nutzen können, die wenige Tage nach der Eröffnung Ende April schon über Wochen gut gebucht waren. Eine eigene Gastronomie hat das Hotel nicht, wohl aber einen direkten Zugang zum italienischen Restaurant Mezzomar unterm gleichen Dach. Beim Rundgang durchs Hotel nimmt man die liebevollen Details der Ausstattung wahr.
Die Flure sind mit floral gemusterten Teppichböden belegt, die Türen zu den multifunktional ausgestatteten Zimmern mit Blumenmotiven geschmückt. Die Waschbecken in den offen konzipierten Bädern leuchten in Türkis. An der Minibar steht der einladende Hinweis „free drinks in here“, an den Lichtschaltern (100 Prozent Ökostrom) „May the power be with you“, an der Heizung der Tipp „Need for heat? Turn me on“. Unter den 249 Zimmern und Studios sind 190 Standard-Zimmer, 43 Superior-Zimmer (28 mit Pantry) und 16 Superior-Studios mit Pantryküche, vier davon barrierefrei. Die 2014 lancierte Marke „me and all hotels“ überzeugte von Anfang an mit einem lässigen Stil. Der Gast wird als Freund betrachtet und grundsätzlich geduzt. Das werde, wie Direktor Sven Pusch versichert, allgemein akzeptiert und nur ganz selten abgelehnt. Zum Konzept gehören auch eine extrem flache Hierarchie und ein unkonventionelles Mitarbeiter-Casting mit vielen Chancen für Quereinsteiger. „Der Lebenslauf interessiert uns erst mal nicht“, sagt Otto Lindner. „Wir suchen Mitarbeiter, die cool sind und empathisch und dazu bereit, sich auf den Stil des Hauses einzulassen. Das ist jedes Mal eine lustige Reise, die zu meiner Freude bisher gut funktioniert hat. Wir wollten Hipster und bekamen sie auch.“ Fortsetzung folgt. Ein me and all hotel auf der historischen Halle des früheren Stuttgarter Bahnhofs ist im Bau, das nächste in Leipzig geplant. „Das sind alles Unikate“, sagt Otto Lindner. „Deshalb kann die Marke auch weltweit bestehen.
Die me and all hotels sind eine Marke der familiengeführten Hotelgruppe Lindner, die im kommenden Jahr 50-jähriges Bestehen feiert. Vorstandsmitglied Frank Lindner im Gespräch mit dem Top Magazin über das Geheimnis des Erfolges des Düsseldorfer Traditionsunternehmens.
Die Lindner Hotelgruppe gilt in der Branche als kreativ und als Trendsetter. Was ist Ihre Philosophie?
Frank Lindner: Mein Bruder Otto, der gerade vom Vorstand in den Aufsichtsrat gewechselt ist, hat einen Leitspruch: „So eine Stadt wie Düsseldorf braucht keine Hotels, sie braucht Konzepte.” Wir versuchen seit jeher, unseren Kunden etwas Besonderes zu bieten.
Können Sie Beispiele geben?
1996 war der erste Slogan, mit dem wir gestartet sind, „Internet bis ans Bett”. Heute Standard, damals eine Innovation. Um die Jahrtausendwende konnten sich unsere Hotelgäste Fußgänger-Navigationssysteme ausleihen. Man könnte sagen: Google-Maps bevor es Google gab. Oder unsere Themenhotels wie das in Hamburg am Tierpark Hagenbeck, mit dem wir den Preis für die „Hotelimmobilie des Jahres” gewonnen haben. Wenn man das Fenster aufmacht, schaut man aufs Affengehege und hört die Elefanten trompeten. Es gibt unter anderem eine Afrika- und eine Asien-Etage mit Stoffen und Gegenständen aus der Region. Es gibt sogar eine Arktis-Etage, die sich übrigens nicht durch das Fehlen einer Heizung auszeichnet. Grundsätzlich gilt: Es gibt ein Hotel neben dem anderen, man muss sich absetzen.
Wie erkennen Sie Trends?
Zum Beispiel, indem wir mit einem Forschungslabor zusammen mit dem Fraunhofer Institut Fragen nach dem Hotelzimmer der Zukunft stellen: „Wie sehen die Bedürfnisse aus?“ Und wir sind natürlich viel unterwegs. Einige meiner Kollegen sehe ich öfter als meine Frau. In New York kamen wir in eine Hotelhalle rein, die ja normalerweise eher eine Möbelausstellung ist, und da sitzen 30 junge, hippe Leute, alle mit Kaffee oder Cola und Laptop. Und wir dachten: „Super, die haben hier ein Meeting.” Aber der Hoteldirektor sagte: „Nein, die kennen sich alle nicht. Die kommen von extern zum Arbeiten, weil sie es hier cool finden.” Das fanden wir irre spannend.
Können Sie diesen Trend importieren?
In Deutschland ist es ja oft noch so, dass die Hemmschwelle, ins Hotel reinzugehen, ob an die Bar oder zum Essen, noch recht hoch ist. Man hat den Eindruck, die Leute denken: „Da geh ich nicht rein, da könnte einer fragen: Was wollen Sie hier?” Mit unserem me and all Konzept wollen wir das ändern und zusammen mit den „local heroes“ vom Barber über die Events bis hin zum Absacker an der Bar den Menschen ein bisschen Stadtteilleben bieten.
Seit 2015 taucht die Lindner Hotelgruppe regelmäßig in der Focus-Studie „Arbeitgeber des Jahres” unter den Top 5 auf. Gibt es auch da eine eigene Philosophie?
Das Schlimmste, was dir passieren kann, ist, dass du drei Jahre jemanden ausbildest und dann zu hören kriegst: „Hey, danke, dass du mich ausgebildet hast, jetzt geh ich woanders hin.” Es ist schon was dran an dem Spruch: „Seien Sie nett zu meinen Mitarbeitern. Es ist leichter, einen neuen Gast zu gewinnen als einen neuen Kellner.” Wir arbeiten sehr gerne mit Inhouse-Lösungen. Wer sich weitergebildet hat, bekommt die Chance, Abteilungsleiter in anderen Hotels zu werden. Und wir sind offen für Quereinsteiger. Auch wenn der Lebenslauf nicht der geradlinigste ist: Wer im Leben 17 Sachen ausprobiert hat, kann durchaus der interessantere Mensch sein.