Begeistert für Düsseldorf
Warum brauchte es 1989 einen Zusammenschluss wie die…
Garten statt Friedhofskapelle: Trauerfeiern fallen heute persönlicher aus als früher. Und immer mehr Bestatter machen den Hinterbliebenen Mut, ihre eigenen Formen des Abschieds und der Trauer zu finden – individuell, bunt und kreativ.
Das heitere Klingen der Sektgläser lag in der Luft. Teller voller kulinarischer Köstlichkeiten reihten sich am Büffet aneinander. Von den Wänden des unterirdischen Restaurants tropfte es gelegentlich. Und die Menschen teilten Erinnerungen – an gute Zeiten und gemeinsame Stunden. Tränen liefen und fröhliches Lachen erfüllte den Raum. „Und mittendrin stand die Urne“, erzählt Diana Kampschulte. Gelegentlich machten Gäste der Trauerfeier dort kurz halt, strichen über die Oberfläche und nahmen die Einladung an, mit Farbe einen Fingerabdruck auf dem Gefäß zu hinterlassen. „Manche murmelten ein paar Worte. Oder sie beteten“, erzählt die Bestatterin. Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Marie Thiermann stand sie am Rand und freute sich über die besondere Atmosphäre und über jede Anekdote, die erzählt wurde. „Wir hatten das Gefühl, diese Trauerfeier passt zu dem Menschen, der gestorben ist“, sagt Diana Kampschulte. Die beiden jungen Düsseldorferinnen richten immer öfter Trauerfeiern an besonderen Orten oder mit ganz individuellen Ideen aus. „Wir sind mit der Mission angetreten, den Menschen Mut zu machen, mitten in der Trauer auch das Leben zu feiern“, sagt Diana Kampschulte. Dafür haben sie ihr Unternehmen „Lebenslicht“ gegründet. Seitdem richten sie Trauerfeiern auch an ungewöhnlichen Orten aus – im Garten, im Reitstall oder auch mal in der Kneipe. Die Menschen seien oft erst mal zögerlich. „Gehört sich das denn?“, fragen sie dann. Diana Kampschulte und Marie Thiermann machen dann Mut – zu Lebensfeiern.
Die eine ist gelernte Bestatterin, die andere hat Design studiert und sich zur Trauerbegleiterin ausbilden lassen. Als die beiden jungen Frauen aufeinandertrafen, spürten sie sofort: Ihre Ideen passen zueinander. Sie hatten beide selbst die Ohnmacht nach dem frühen Verlust eines Elternteils erlebt und machten sich nun gemeinsam auf den Weg, um Trauer und Abschied eine neue Note zu geben. „Wir können auch klassisch“, sagen die beiden und lachen. Aber schon, wenn Menschen zum ersten Mal in die „Lebenslicht“- Räume kommen, sehen sie die Farben und die Werkbank und sie spüren die besondere Atmosphäre. „Wir machen den Menschen von Anfang an Mut, selber aktiv zu werden“, erzählt Marie Thiermann. Der absoluten Machtlosigkeit dem Tod gegenüber setzen die beiden Frauen etwas entgegen. Sie bieten den Angehörigen an, den Verstorbenen gemeinsam zu waschen und anzuziehen. Sie machen Mut, den geliebten Menschen noch ein paar Stunden zu Hause zu haben und Abschied zu nehmen. „Manche Angehörigen möchten das, an- dere nicht“, wissen die beiden, „uns ist es wichtig, dass die Menschen die Möglichkeiten kennen.“
– Diana Kampschulte, Mit-Inhaberin Lebenslicht
Dazu gehört auch, dass Angehörige den Sarg oder die Urne gestalten – entweder an der Werkbank in den „Lebenslicht“-Räumen oder in den eigenen vier Wänden. „Wir stellen die Farben und bringen Ideen mit“, sagt Marie Thiermann und erzählt, wie jüngst an der Decke eines Sarges ein Sternenhimmel entstand. Andere hinterlassen letzte Grüße auf dem Holz. Kinder arbeiten mit bunten Fingerfarben. „Eine Familie hat Decke und Kissen genäht und in den Sarg gegeben“, erzählt Diana Kampschulte. Eine andere Familie erstellte ein Erinnerungsbuch. Es seien oft die Jüngsten, die das Eis brechen. Dann erleben Marie Thiermann und Diana Kampschulte, wie diese Nachmittage zu wertvollen Inseln für die Familie werden. Das seien manchmal magische Momente des gemeinsamen Erinnerns. „Das darf lebendig sein“, finden die Frauen. Mitten in der Trauer. Dann bestehen Urnen plötzlich aus alten Hosen, Trauerkarten tragen die Handschrift des Verstorbenen, Konfetti wird in das offene Grab gestreut und statt Rosen landen Blumen aus dem heimischen Garten im Gesteck. „Wir akzeptieren jede Grenze“, sagt Diana Kampschulte, „aber wir zeigen alle Möglichkeiten.“
Und die sehen manchmal anders aus, klingen manchmal anders. Im Bestattungshaus Scheuvens tönt gelegentlich die Fortuna-Hymne aus dem „Raum des Abschieds“. Es sei ihnen wichtig, den Menschen in schweren Zeiten eine persönliche Betreuung zu ermöglichen, sagt der junge Geschäftsführer Philipp Scheuvens. Dazu gehörte es eben auch, individuelle Möglichkeiten des Trauerns und Abschiednehmens zu schaffen. Deswegen hat das Bestattungshaus inzwischen einen „Raum der Stille“ eingerichtet, in dem Sarg oder Urne vor der Beerdigung einen Platz finden. „Hier können Menschen in ihrem eigenen Takt Abschied nehmen“, sagt der Bestatter. Angehörige bekommen einen Schlüssel ausgehändigt. Und wer sich nachts schlaflos im Bett wälzt und mit der Trauer kämpft, der könne in diesen Momenten den Schlüssel zur Hand nehmen und den „Raum der Stille“ besuchen – für ein letztes Gespräch oder einen Moment des Trostes. „Es sind oft die kleinen, persönlichen Momente, die den Menschen in ihrer Trauer helfen“, wissen auch Victoria und Juliane Frankenheim, die mit ihrem Vater das Traditionshaus in Düsseldorf führen. Jüngst habe in der Hauskapelle zur Trauerfeier ein großer leerer Sessel gestanden, mit einem gerahmten Bild des Verstorbenen. „Das hat den Angehörigen viel bedeutet“, sagen die Schwestern, „so kann Trauer eben auch aussehen.“ Das Bestattungshaus Frankenheim hat inzwischen ein Trauerkolleg gegründet, um Angehörige auch nach der Beerdigung begleiten zu können. Seit diesem Jahr bietet es Yoga für Trauernde an. Sie erleben dabei, wie Trauer wieder einen Platz im Alltag bekommt – anstatt in der Hektik unbeachtet zu bleiben.