Begeistert für Düsseldorf
Warum brauchte es 1989 einen Zusammenschluss wie die…
Als Düsseldorfer Staatsanwältin bekämpfte sie Gewaltverbrechen und Straftaten gegen Amtsträger – Beleidigung konnte bei ihr ein Monatsgehalt kosten. Mit 39 Jahren wurde sie jüngste Polizeipräsidentin Deutschlands in Gelsenkirchen. Am 1. August tritt die gebürtige Kölnerin in ihrer Wahlheimat Düsseldorf ihre neue Stelle an: Dezernentin für Sport und Bürgerservice. Britta Zur im Gespräch mit dem Top Magazin über ihre beruflichen Meilensteine, das Thema „Führen als Frau“ und die Bedeutung ihrer Tattoos.
„Figur mit Strahlkraft“ nannte die Süddeutsche Zeitung Britta Zur einst in einem Porträt und meinte damit ihre Professionalität und Verbindlichkeit, aber auch
ihr nicht in das Klischee einer durchgreifenden Staatsanwältin und innovativen Polizeipräsidentin passendes Erscheinungsbild. Am 1. August kehrt sie als
Dezernentin für Sport und Bürgerservice in ihre Wahlheimatstadt Düsseldorf zurück.
Frau Zur, Sie haben in den vergangenen 15 Jahren eine beeindruckende Karriere gemacht. Warum haben Sie sich nach dem Abitur für ein Jurastudium entschieden?
Mein Vater war Oberstaatsanwalt, und so bin ich mit dem Thema Verbrechensbekämpfung groß geworden und fand diese Arbeit bereits als Jugendliche hoch spannend. Als ich Abitur machte, stand in der Abizeitung, dass ich einmal Staatsanwältin für Mord und Totschlag würde.
Innenminister Herbert Reul hat Sie ja Ende 2019 persönlich gefragt, ob Sie Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen werden wollten – woher kannten Sie sich?
Ich war im Herbst 2019 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gewalt gegen Einsatzkräfte“ bei der freiwilligen Feuerwehr in Neuss eingeladen – und Herr Reul saß neben mir. Dort haben wir uns persönlich kennengelernt.
Sie haben damals nicht lange gezögert, die Stelle anzutreten. Hatten Sie keine Bedenken?
Bedenken würde ich das nicht nennen, aber ich hatte natürlich sehr großen Respekt vor der Aufgabe. Ich hatte vorher als Staatsanwältin keinerlei Personalverantwortung und nun von jetzt auf gleich 1.700 Mitarbeiter – also musste ich mir überlegen, wie ich führen will.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil denn beschreiben?
Für mich war von Anfang an klar, dass ich immer präsent und ansprechbar sein will, und ganz wichtig war mir immer, dass niemals ein Mitarbeiter Angst vor einem Gespräch mit mir haben soll. Ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen. Auch wenn ich am Ende die Entscheidungen treffe, bin ich dennoch eine Freundin flacher Hierarchien. Und ich war ja auch eine ganz neue, andere Chefin, nämlich jung und extrovertiert. Zudem sehe ich nicht aus wie eine „Schüppe Sand“ und bin sehr gern Frau – dabei ist aber völlig klar, dass in erster Linie die Leistung zählt.
Brauchen wir eine Frauenquote?
Das lässt sich ganz schwer pauschal beantworten. Leistung und Kompetenz sollten entscheidend sein, das Geschlecht dürfte überhaupt keine Rolle spielen. Aber bis wir so weit sind, ist es noch ein weiter Weg – vielleicht kann eine Frauenquote eine hilfreiche Stufe auf diesem Weg sein.
Haben Sie Tipps für Frauen, die Karriere machen wollen?
Ich glaube, dass Frauen sich oftmals eine Führungsposition nicht zutrauen – und das, obwohl sie den Job vielleicht viel besser machen würden als so mancher Mann. Frauen sollten also unbedingt mutiger sein, sich mehr zutrauen und aufhören, perfekt sein zu wollen. Hier kann ein bisschen mehr Gelassenheit helfen. Und wir sollten Frauen viel stärker im Prozess der Entscheidungsfindung unterstützen – etwa durch gute Betreuungskonzepte.
Was war bisher Ihre größte Herausforderung?
Ich habe zwei Töchter, und so ist meine größte Herausforderung bisher ganz sicher, Mutter zu sein. Aber natürlich war es auch eine riesige Herausforderung, Polizeipräsidentin zu sein und ohne Führungserfahrung eine so große Behörde zu leiten. So wurde in 2020 ein SEK-Beamter im Einsatz getötet, ein junger Polizeianwärter hat in Notwehr einen Mann erschossen, die Coronapandemie war immer gegenwärtig. Das war also keineswegs immer rosig und manchmal ziemlich hart. Und deshalb bin ich stolz auf diese Zeit und auf das, was ich in Gelsenkirchen geleistet und erreicht habe.
Als Polizeipräsidentin war es Ihnen immer wichtig, sichtbar zu sein. Warum war das so, und wollen Sie diese Sichtbarkeit künftig auch als Dezernentin in Düsseldorf zeigen?
Wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit ist, wusste ich schon, als ich Staatsanwältin in Düsseldorf und Pressesprecherin der Behörde war. Ich wollte auch damals schon, dass die Öffentlichkeit genau weiß, wer wir sind und was wir tun – und aus diesem Grund kommuniziere ich auch über die Arbeit der Polizei. Dabei nutze ich übrigens ganz bewusst auch die sozialen Medien. Die Menschen sollten nicht nur ihren Bürgermeister, sondern auch ihre Polizeipräsidentin oder auch die Dezernenten und Dezernentinnen in ihrer Stadt kennen und wissen, wofür sie stehen und mit welchen Themen man sie in Verbindung bringen kann. Also ja, das Thema Sichtbarkeit wird mich auch in Düsseldorf begleiten.
Wie sehr freuen Sie sich darauf, wieder in Düsseldorf zu arbeiten?
Auch, wenn der Abschied von Gelsenkirchen sicher sehr tränenreich wird, denn ich habe mich dort unglaublich wohlgefühlt, freue ich mich natürlich auf Düsseldorf – die Stadt ist seit vielen Jahren meine Heimat, meine Kinder wachsen hier auf. Schön ist auch der kurze Arbeitsweg, und vielleicht kann ich ja ein bisschen frischen Wind ins Rathaus bringen.
Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Ich mache sehr viel Sport, bin – neben dem wöchentlichen Dienstsport – drei bis vier Mal in der Woche im Fitnessstudio. Und ich laufe. Irgendwann möchte ich mal an einem Marathon teilenehmen. Am liebsten verbringe ich aber Zeit mit der Familie und mit Freunden – gern bei einem Glas Wein.
Frau Zur, eine recht private Frage um Schluss – an Ihren Armen sieht man immer mal wieder Tattoos aufblitzen. Haben sie eine Bedeutung?
Ja, meine Tattoos – ich habe insgesamt elf, zehn davon auf den Armen und eins woanders – haben alle etwas mit bestimmten Menschen und Situationen aus meinem Leben zu tun. Mehr möchte ich allerdings nicht verraten. Außer vielleicht noch, dass nur ein buntes dabei ist. (lacht)