Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Die Landeshauptstadt arbeitet mit Hochdruck daran, bis 2035 klimaneutral zu werden. Ohne die Immobilienwirtschaft wird das nicht gelingen. Die Branche hat die Zeichen der Zeit erkannt und prescht mit innovativen Bauprojekten nach vorne. Eine große Herausforderung aber bleibt.
Das ehemalige Commerzbank-Gebäude an der Königsallee 37 wird eines der modernsten Bürogebäude in der Stadt. 50 Prozent des Gebäudebestands werden weitergenutzt.
An prestigeträchtigen Vorzeigeprojekten mangelt es der Stadt Düsseldorf nicht. Der Kö-Bogen II, dessen grüne Gebäudehülle aus acht Kilometer langen Hainbuchen-Hecken besteht, hat international für großes Aufsehen gesorgt. Sein Vorgänger, der Kö-Bogen I, hatte bereits vor knapp zehn Jahren das LEED-Platin-Zertifikat als höchste Auszeichnung für Nachhaltigkeit erhalten. Auch The Cradle, Düsseldorfs erstes Bürogebäude in Holzhybridbauweise, hat die Branche verzückt. Das Besondere hier: Die meisten genutzten Baumaterialien können im Sinne einer Kreislaufwirtschaft wiederverwendet werden. Und auch die neue Oper, die 2030 eröffnen soll, dürfte in vielerlei Hinsicht Vorbildcharakter haben. Denn auch wenn die Standortentscheidung vertagt wurde und der Siegerentwurf noch lange nicht feststeht, sehen alle bisherigen Konzepte üppige Grünflächen und Dachterrassen vor, gepaart mit intelligenter Gebäudetechnik, die für optimale Energieeffizienz sorgen soll.
Bis 2035 will die Stadt Düsseldorf klimaneutral werden. Dabei muss auch die Immobilienbranche kräftig mithelfen. Mehr als 50 Prozent der weltweiten Abfallproduktion und fast 40 Prozent der globalen CO2-Emissionen entfallen auf die Immobilien- und Baubranche. Höchste Zeit zum Umdenken, findet auch Max Schultheis, City Lead für Düsseldorf & Rhein-Ruhr bei CBRE, dem weltweit führenden Immobiliendienstleister. „Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, müssen auch wir alle Hebel in Bewegung setzen. Wirkliche Nachhaltigkeit erreichen wir nur mit einem vielfältigen Bündel von Maßnahmen“, betont Schultheis, der auch in Düsseldorf zahlreiche Bauprojekte begleitet hat. Eine der großen Herausforderungen der Zukunft werde die Modernisierung von Bestandsbauten sein, betont der Experte. Der Bedarf ist enorm: Laut Statistischem Bundesamt wurden 79 Prozent der rund neun Millionen Wohnungen in NRW vor 1991 gebaut. Gerade mal 187.000 Wohngebäude wurden nach 2011 errichtet. Für Schultheis jedoch kein Grund zur Sorge. „Investitionen in die Nachhaltigkeit und in technische Innovationen bieten eine große Chance, Gebäude und Quartiere zukunftssicher zu machen und sie schaffen so letztlich noch mehr Qualität für unsere Städte.“
Das nächste Projekt mit Strahlkraft steht bereits in den Startlöchern. Die Hines Gruppe und ihr Joint Venture-Partner, ein deutsches Versorgungswerk, entwickeln das bereits Anfang 2021 erworbene Grundstück des ehemaligen Commerzbank-Gebäudes an der Königsallee 37 neu. Das Unternehmen hatte bereits das Kö-Quartier (mit Eingängen an der Benrather Straße und der Breite Straße) sowie einen signifikanten Teil der Kasernenstraße mit drei Projekten sowie das Benrather Karree entwickelt. Das Grundstück an der Königsallee misst über 7.000 Quadratmeter und bietet eine fast 70 Meter lange Front zur Königsallee. Geplant ist die Entwicklung eines modernen, hochflexiblen und ökologisch optimierten Büro- und Geschäftshauskomplexes, der unter dem klaren Bekenntnis zu den ESG-Kriterien für Nachhaltigkeit gebaut
werden soll. Dabei soll die digitale Steuerung des Energiehaushaltes, der Mobilität und der Logistik eine wichtige Rolle spielen.
„Das Projekt an der Königsallee ist für uns etwas sehr Besonderes. Diese superzentrale Kreuzungslage der Kö ist extrem spannend und bringt aus Sicht der Stadt eine große Verantwortung mit sich, in vielerlei Hinsicht. Bereits beim Architekturwettbewerb, den mit Pickard Chilton und RKW Architektur+ eine tolle Kooperation eines amerikanischen Architekten mit einem ,local hero’ gewonnen hat, haben wir den Fokus – neben einer herausragenden architektonischen Qualität, die Ort und Geschichte des Platzes achtet – sehr streng auf den Erhalt eines wesentlichen Teils des Gebäudebestands gelegt“, erklärt Benjamin Biehl, Managing Director Hines Düsseldorf. So werde man rund 50 Prozent des oberirdischen Gebäudebestands erhalten und damit an grauer Energie einsparen können. „Wir glauben fest an die große Verantwortung der Immobilien- und Baubranche in Bezug auf den Klimawandel und wollen in all unseren Projekten in Deutschland dafür einstehen und nach den strengen ESG-Kriterien handeln“, versichert Biehl. Dabei müsse auch die soziale Komponente von Gewerbebauten neu gedacht werden. „Die Architektur antwortet darauf unter anderem mit einer Öffnung des Hauses an mehreren wichtigen Stellen, wir wollen durchlässig und inklusiv sein und im Innenhof einen begrünten Platz schaffen, der allen Bürgern offensteht. Auch an zukunftsrobuster Mobilität müssen Gewerbebauten in zentralen Innenstadtlagen mitwirken, hieran arbeiten wir mit hoher Motivation“, sagt Benjamin Biehl.
Max Schultheis ergänzt: „Das neue Gebäude wird ein hervorragendes Beispiel dafür sein, wie die Öffnung zur Stadt, die Schaffung neuer Wegebeziehungen und öffentlicher Nutzungen im Erdgeschoss das städtische Umfeld bereichern.“ So wird auch der soziale Aspekt – das „S“ aus ESG (Environmental, Social, Governance) – hier sehr ernst genommen. „Neue Technologien ermöglichen es, Nachhaltigkeit auf ein höheres Level zu heben, weil die digitale Vernetzung, neben intelligenter Steuerung der Energieverbräuche, den Nutzern auch neue Möglichkeiten für Komfort, Wohlbefinden und Mobilität bietet.“ Kö 37 werde Schultheis zufolge ein Leuchtturmprojekt für Nachhaltigkeit und technische Innovationen sein, das weit über die Stadt hinaus strahlen werde. Es wird bereits entkernt, im Sommer soll dann der Bau beginnen.
Damit die Stadt ihre gesteckten Klimaziele erreicht, empfiehlt der Immobilienexperte von CBRE, auch die Entwicklung nachhaltiger und mischgenutzter Quartiere mit Nachdruck voranzutreiben. So ließen sich Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit besser miteinander verbinden, was durch kürzere Wege auch den persönlichen CO2-Fußabdruck deutlich reduziere. Die viel gepriesene „15-Minuten-Stadt“ mit kurzen Wegen zwischen allen Bereichen des täglichen Lebens sei zum Leitbild von Stadtplanern auf der ganzen Welt geworden, unter anderem auch in Amsterdam, Kopenhagen und Paris. „Die Düsseldorfer Innenstadt mit ihrer hochattraktiven Mischung aus Einkaufsmöglichkeiten, Büros, Kultureinrichtungen, Freizeit und Erholung ist hierfür ein sehr geschätztes Vorbild.“
Schultheis betont ferner: „Als Landeshauptstadt des bevölkerungsreichsten Bundeslandes und als das wirtschaftliche und politische Gelenk der Rhein-Ruhr-Schiene, der drittgrößten Metropolregion Europas nach Paris und London, haben wir eine große Strahlkraft und auch eine Vorbildfunktion für die Stadt von morgen. Dieses Potenzial können wir noch stärker nutzen.“ Die neue Kö 37, so viel steht fest, wird genau dafür einen wichtigen Beitrag leisten.