Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Von der höchsten Schneiderkunst, also der Haute Couture, bis zur luxuriösen Prêt-à-porter-Kollektion: Bei Pio O‘Kan sorgen Helga Okan und in zweiter Generation ihr Sohn Philippo gemeinsam mit ihrem Team dafür, dass beides perfekt miteinander harmoniert.
Mit Haute Couture wurde das Düsseldorfer Modelabel von Helga Okan groß. Die Prêt-à-porter-Kollektion kam mit dem Einstieg von Sohn Philippo hinzu.
Als Helga Okan 1974 ihre erste Haute Couture-Kollektion im Düsseldorfer Parkhotel präsentierte, ging ein Kindheitstraum in Erfüllung. „Schon als kleines Mädchen wünschte ich mir, eines Tages einen eigenen Modesalon zu besitzen“, erinnert sie sich schmunzelnd. 50 Frauen aus der Düsseldorfer Gesellschaft waren damals sofort begeistert, einige von ihnen tragen heute noch, fast 50 Jahre später, die Kreationen der Designerin und Unternehmerin. Viele Stammkundinnen, nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem europäischen Ausland kommen regelmäßig in den Salon Pio O‘Kan an der Königsallee und wählen ihre Kollektion für die anstehende Saison aus. Trotz dieses Erfolgs hat sich Helga Okan immer wieder einmal gefragt, ob Haute Couture in Zukunft noch die gleiche Bedeutung haben wird wie heute. Auch in vielen Gesprächen mit ihren Kundinnen kam sie zu dem Schluss, dass – neben der Haute Couture, die nach wie vor einen hohen Stellenwert im Unternehmen hat – eine exklusive Prêt-à-porter-Kollektion, sozusagen „Couture zum Mitnehmen“, den Markt bereichern könnte. Daraus entstand vor rund fünf Jahren die Idee, mit einer solchen Kollektion ein zusätzliches Standbein aufzubauen und so die Weichen für die Zukunft zu stellen. „In der heutigen, oftmals schnelllebigen Zeit wünschen sich anspruchsvolle Frauen mit häufigen beruflichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen die Möglichkeit, auch unkompliziert und ohne großen Zeitaufwand das richtige Outfit für die kommende Saison kaufen zu können“, erläutert die Unternehmerin.
– Helga Okan, Gründerin Pio O‘Kan
Schnell konnte sie nicht nur ihren Sohn Philippo Okan, sondern auch ihre beiden langjährigen Mitarbeitenden, Designer HaWe Klein und Atelierleiterin Mirjam Zwick, von der Idee begeistern – und so präsentierte das neue Gesellschafterteam im Jahr 2016 nicht nur die erste Prêt-à-porter-Kollektion des Unternehmens, sondern eröffnete auch neben dem Couture Salon den ersten eigenen Flagship-Store. Philippo Okan, der kurz zuvor noch als leitender Angestellter in der Logistikbranche tätig war, stieg zudem als Geschäftsführer in das Unternehmen seiner Mutter ein und ist seitdem, neben Vertrieb und Marketing, insbesondere für die strategische Ausrichtung verantwortlich. Die vergangenen fünf Jahre hat er genutzt, um sich intensiv in die Branche einzuarbeiten, zu recherchieren, zu lesen und sich das notwendige Hintergrundwissen
anzueignen. Und auch wenn die Lernkurve steil und der Weg oft steinig war, hat er seinen Entschluss noch keinen Tag bereut. „Unabhängig von der Branche war es schon früh mein Wunsch, gestalterisch und unternehmerisch arbeiten zu können. Ich möchte selbst etwas entwickeln und die Möglichkeit haben, Einfluss zu nehmen“, erklärt der 36-Jährige seine Motivation zum Schritt in die Selbstständigkeit. „Deshalb war es für mich genau die richtige Entscheidung, unser inhabergeführtes Unternehmen neben der Haute Couture weiter auszubauen und für neue Kundenkreise zu öffnen.“ Zu seinem Tagesgeschäft gehört es, exklusive Modegeschäfte in den deutschen und internationalen Metropolen von der Prêt-à-porter-Kollektion zu überzeugen. „Modisch orientierte Frauen, die ihren eigenen Stil gefunden haben und etwas Besonderes suchen, gibt es nicht nur in Düsseldorf“, sagt er überzeugt. Dass der Erfolg sich nicht über Nacht einstellt, sondern hart erarbeitet werden muss, ist ihm dabei durchaus bewusst.
Seine beste Ratgeberin war und ist seine Mutter, mit der er sich nahezu täglich austauscht und von deren jahrzehntelanger Erfahrung als Unternehmerin er profitiert. Längst sind die beiden gemeinsam mit HaWe Klein und Mirjam Zwick, die nach mehr als 20 Jahren Betriebszugehörigkeit die Unternehmensphilosophie tief verinnerlicht haben, ein eingespieltes Team mit klar definierten Aufgaben. Helga Okan ist – mit Unterstützung von HaWe Klein – für die maßgeschneiderte Couture-Kollektion zuständig und betreut persönlich alle Stammkundinnen. Um neue Kundinnen kümmert sich der Designer und verantwortet zudem in enger Zusammenarbeit mit einem italienischen Designer die Prêt-à-porter-Kollektion, wobei er die Wünsche des Marktes einfließen lässt, über die ihn Philippo Okan nach seinen Kundengesprächen regelmäßig informiert. Mirjam Zwick setzt im Atelier die kreativen Ideen beider Kollektionen um und ist für die perfekte Passform jedes einzelnen Kleidungsstücks verantwortlich.
– Philippo Okan, Geschäftsführer Pio O‘Kan
Auch bei der Produktion legt das Team größten Wert auf Perfektion und stellt höchste Ansprüche an Verarbeitung und Passform. Hergestellt wird deshalb ausschließlich in Deutschland, und zwar bei Produzenten, die ihr Handwerk im Unternehmen gelernt haben und dort zu Maßschneidern ausgebildet wurden. Genau wie für Helga Okan ist es nämlich auch ihrem Sohn ein großes Anliegen, sich um eine erstklassige Ausbildung junger Menschen zu kümmern. So vergibt das Unternehmen jedes Jahr mehrere Ausbildungsplätze an angehende Maßschneider und Designer und gehört inzwischen zu den größten Ausbildungsbetrieben in Deutschland im Maßschneiderhandwerk Damen. Bei jeder Ausschreibung erhält Pio O‘Kan bis zu 100 Bewerbungen, denn es hat sich längst herumgesprochen, dass sich die dortige Ausbildung sehr gut als Sprungbrett für eine zukünftige Karriere eignet. Seit Jahren kommen viele der Landes-und Bundessieger aus dem Düsseldorfer Modeunternehmen.
Zur Weiterentwicklung des Unternehmens und zum Aufbau neuer Kundenkreise gehört für Philippo Okan darüber hinaus ganz selbstverständlich auch der Einsatz sozialer Medien. So wird inzwischen jede neue Kollektion auf Instagram präsentiert, verschiedene Kooperationen
mit Influencerinnen wurden auf den Weg gebracht. Auch Fernsehmoderatorin Nazan Eckes liebt übrigens die maßgeschneiderten Kreationen von Pio O’Kan, wie sie auf ihrer Instagram-Seite verrät. Zudem wurde – um für internationale Kunden präsenter zu sein – vor drei Jahren
ein eigener Showroom in Mailand eröffnet. Darüber hinaus erhielten die Düsseldorfer Räumlichkeiten im vergangenen Jahr – mitten in der Coronakrise – einen frischen und modernen Look. „Trotz eines gesättigten Marktes und vieler Beschränkungen durch Corona sind wir von unserer Strategie überzeugt und wollen den eingeschlagenen Weg mit viel Tatkraft und Herzblut in den kommenden Jahren gemeinsam weitergehen“, sagen Mutter und Sohn übereinstimmend.