Begeistert für Düsseldorf
Warum brauchte es 1989 einen Zusammenschluss wie die…
Kein anderer in Düsseldorf kennt sich mit Parfüms so gut aus wie „Spürnase“ Frank Schnitzler, der auch mit 80 Jahren noch ein gefragter Ratgeber ist. Er hat die Branche seit Jahrzehnten im Blick und weiß, welche Düfte zu welcher Zeit besonders begehrt waren – und warum.
Schöne Düfte vermochten ihn schon als Kind zu verzaubern. „Mein Sinn dafür war intensiver ausgeprägt als bei anderen“, sagt Frank Schnitzler. „Für die Wahrnehmung meiner Mitmenschen hatte ich meine ureigene Methode, nach der ich bis heute verfahre. Erst erfasse ich sie mit der Nase, dann mit den Augen. Danach versuche ich, ihre Stimme einzuordnen.“
Aus der Inspiration, die von angenehmen Gerüchen ausging, wollte Frank Schnitzler einen Beruf machen, sein Wissen weitergeben und einer vornehmlich weiblichen Kundschaft die Welt kostbarer Düfte erschließen. Und so führte er auch seine Parfümerien: mit ganzer Seele. „Ich habe es geliebt“, sagt er. „Man muss mit dem Herzen dabei sein, sich auf den Menschen einlassen und in sein Innerstes dringen. Nur so kann man ihm auch das Richtige empfehlen. Dann ist der Kunde glücklich, und ich bin es auch.“
Duft ist seine Leidenschaft geblieben bis ins hohe Alter. Im Juli 2021 feierte Frank Schnitzler seinen 80. Geburtstag. Aus seiner letzten Parfümerie in den Schadow Arkaden zog er sich vor 15 Jahren zurück, seinen Namen aber trägt sie weiterhin. Mit seiner Erfahrung und seiner immensen Sachkenntnis ist der „Herr der Düfte“ noch immer ein gefragter Consultant. „Zu meiner großen Freude darf ich einige schöne Parfüm-Projekte begleiten, von der Entwicklung bis zum Markteintritt“, berichtet er. „Gelegentlich teste ich auch Düfte im Hinblick auf ihre Verkäuflichkeit.“ Sich auf den Spürsinn des Profis zu verlassen, dürfte sich auszahlen. Kaum einer hat die Trends der Branche so gut im Blick wie er, und das über etliche Jahrzehnte.
Frank Schnitzlers Blick in die Vergangenheit beginnt in den 50er-Jahren. „Ich wollte immer gepflegt sein und gut riechen“, schaut er zurück. „Es gab nicht so viele Menschen, die damals gut rochen. Außer Tosca und 4711 kannte und benutzte man wenig Duftendes in Deutschland.“ Dabei kursierten in Frankreich schon länger verführerische Parfüms, die später auch bei uns Einzug hielten. Etwa „Shalimar“ von Guerlain mit blumiger Orient-Note (1925), „Joy“ von Patou (1929), geadelt von Liz Taylor, „L‘Air du Temps“ von Nina Ricci (1948), „Femme“ von Rochas (1944) und als Krönung das legendäre Parfüm „Chanel Nº 5“. „Seit 1929 ein unantastbares Synonym für Luxus“, kommentiert Schnitzler, „keiner anderen Marke ist es je gelungen, eine solche Wertigkeit zu schaffen.“
In den 50er-Jahren reüssierte neben „Ma Griffe“ von Carven und „Youth Dew“ von Estée Lauder vor allem „Diorissimo“ aus dem Hause Dior. Ein Meilenstein mit Maiglöckchen-Duft, lieblich und sauber. Der Nachfolger „Miss Dior“ trat dann etwas weniger süß auf. „Bandit“ von Robert Piguet brauchte lange für seinen Siegeszug. 1944 kreiert, verlangten emanzipierte Frauen Ende der 60er-Jahre vermehrt nach dem eher herben Parfüm. Spektakulär zündete 1994 der Unisex-Duft „One“ von Calvin Klein und fuhr Rekordumsätze ein. „Den mochte jeder, der passte immer“, sagt Schnitzler. Dazwischen behaupteten sich schwere Parfüms wie „Opium“ von Yves Saint Laurent (1977) oder „Angel“ von Thierry Mugler (1992). Im Fernsehen lief damals die opulent ausgestattete Serie „Denver Clan“. In deren Sog, so Schnitzler, wollten Frauen mit lauten bis aufdringlichen Parfüms zeigen, dass sie sich Luxus leisten konnten, nach dem Motto: „Bitte riech mich!“
Die Gegenbewegung ließ nicht lange auf sich warten. Mit dem Siegeszug der kurzen Röcke kehrten die natürlichen Düfte zurück. „Alliage“ und „White Linen“ von Lauder verströmten Frische, Sportlichkeit und Sympathie. Immer mehr Modeschöpfer brachten ihre eigene Duftserie auf den Markt, darunter Karl Lagerfeld, Wolfgang Joop, Jean-Paul Gaultier. Und Jil Sander, deren „Sun“ seit 1989 ein Renner ist. Ein Duft wie eine Sommerbrise. „Aromatics Elixier“ nimmt eine Sonderstellung ein. „Der erste rein synthetisch hergestellte Duft“, erzählt Frank Schnitzler. „Damit rochen alle gleich, während sich Parfüms sonst auf der Haut ja ganz unterschiedlich entfalten.“
Viele Klassiker haben sich gehalten, obwohl im Lauf der Jahre ungezählte neue Düfte auf den Markt drängten. Nicht wenige, vor allem die mit dem Label eines Popstars, blieben Eintagsfliegen. Die Fülle hatte Folgen. „Ein eindeutiger Trend ist heutzutage nicht mehr auszumachen“, hat Frank Schnitzler beobachtet. „Die Damen lieben es individuell und verlangen nach einem Parfüm, das sie speziell für sich ausgesucht haben. Sie wollen etwas tragen, was nicht jeder kennt.“ Schwere orientalische Düfte sind eher out, eine leichte exotische Note dagegen begehrt. Auch die ausgeprägte Treue zu nur einem einzigen Parfüm ist passé. Lieber wählen Frauen ihren persönlichen Duft nach Stimmung, Anlass und Tageszeit aus.
Inzwischen haben auch die Herren beim Parfüm-Konsum ordentlich aufgeholt. Einen Spitzenplatz nimmt seit Jahrzehnten „Aramis“ ein, wozu es auch eine komplette Pflegeserie gibt. Jüngere greifen gern zu „Cool Water“ von Davidoff oder den spritzigen Düften aus den Modehäusern Hugo Boss und Tommy Hilfiger. Und der Favorit von Frank Schnitzler? „Das ändert sich immer mal, weil ich hin und wieder Parfüms testen muss“, antwortet er. Aber über „Eau Sauvage“ geht für ihn nichts: „Seit den 70er-Jahren liebe ich diesen Duft von Dior, er ist dezent und elegant.“