„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
Ob beim Einsatz künstlicher Kniegelenke oder bei anspruchsvollen Krebsoperationen wie der Entfernung von Prostata oder Blase – die roboterunterstützte Chirurgie bietet große Vorteile für Patienten und Ärzte. In Düsseldorf wird die Technologie bereits in einigen Krankenhäusern mit großem Erfolg genutzt.
An der Klinik für Orthopädie am Düsseldorfer St. Vinzenz-Krankenhaus wurden mit rund 1.000 Endoprothesen-Eingriffen allein im Jahr 2020 die mit Abstand meisten Kunstgelenke im Großraum Düsseldorf implantiert. Seit August vergangenen Jahres verwenden die Operateure bei der Versorgung ihrer Patienten mit Kniegelenkprothesen als Erste in der Region Düsseldorf ein roboterassistiertes Hightech-Verfahren, nämlich die Mako-Robotik. Weit mehr als 200 Kniegelenkprothesen wurden seitdem mithilfe der neuen Technologie eingesetzt – und wären nicht wegen Corona viele planbare Operationen verschoben worden, könnten es sogar noch mehr sein. Das Verfahren eignet sich übrigens sowohl für Vollprothesen als auch für sogenannte Schlittenprothesen, bei denen kein komplettes Knie notwendig ist und die Bänder erhalten bleiben. Operiert wird nicht mehr nur knochenschonend, sondern unter Einsatz einer speziellen 3-D-Bildgebung und eines – operateurgesteuerten – Roboterarms. „Patienten müssen keine Angst vor einem selbstständig agierenden Roboter haben, denn sie werden weiterhin von einem erfahrenen Arzt operiert. Der von ihm geführte Roboterarm ermöglicht die perfekte Anpassung der Prothese an das Kniegelenk und vermeidet ungenaue Knochenschnitte“, erläutert Professor Christoph Schnurr, Chefarzt der Klinik für Orthopädie am St. Vinzenz-Krankenhaus.
Bereits am Vorbereitungstag vor der Operation wird ein Computertomogramm des betroffenen Kniegelenks angefertigt, daraus wird dann ein 3-D-Planungsmodell des Knies berechnet. Anhand dieser Daten wird die korrekte Größe des Kunstgelenkes genau an den vorhandenen Knochen angepasst. Somit sind Größe und Position der Implantate lange vor der Operation bekannt. Auch die notwendigen Knochenschnitte werden vor der Operation präzise geplant – der Operateur kann nur das schneiden, was durch die Planung vorgegeben ist, aber er bedient den Roboterarm, führt also die Instrumente. Und weil der Plan dynamisch ist, kann er intraoperativ, also während des rund 90 Minuten dauernden Eingriffs, verändert werden – bis die Prothese ganz genau passt. „Davon profitieren die Patienten, denn durch die hochpräzisen Sägeschnitte werden Weichteile und Bänder sicher geschont, eine Voraussetzung für optimale Beweglichkeit und Stabilität nach der Operation“, so Professor Schnurr. Nach einer solchen Operation durchlaufen die Patienten ein sogenanntes „Rapid Recovery Programm“ – eine ganze Reihe von Aktivitätsübungen mit dem Ziel, dass sie bis zur Entlassung, also am vierten oder fünften Tag nach der Operation, 100 Meter gehen können. Für dieses Gesamtkonzept ist das Düsseldorfer Krankenhaus Vorreiter in NRW.
Bekannter als die Mako-Technologie ist sicher das Operieren mit dem Da-Vinci-Robotersystem. Es handelt sich um das derzeit modernste Verfahren auf dem Gebiet der laparoskopischen, also minimalinvasiven Chirurgie – auch bekannt als „Schlüsselloch-Chirurgie“. Ursprünglich wurden solche Robotersysteme Anfang der 1990er- Jahre in den USA entwickelt, damit Chirurgen in weit entfernten Krisengebieten operieren konnten – das setzte sich allerdings, wahrscheinlich auch aufgrund zu langsamer Datenübertragung, nicht durch. Heute wird der Da-Vinci-Roboter in nahezu allen Bereichen der Chirurgie eingesetzt. Bei diesen robotischen Operationsverfahren werden – wie bei der traditionellen Laparoskopie – eine Kamera mit Lichtquelle und mikrochirurgische, also sehr kleine Instrumente über winzige Hautschnitte in die Bauchhöhle eingebracht. Diese Instrumente werden von den vier Armen des Roboters elektronisch gesteuert und setzen jede Bewegung des Chirurgen in Echtzeit exakt um – selbstständige Bewegungen führt das System nicht aus.
Der Operateur selbst sitzt an einer Steuerkonsole mit einer zehnfach vergrößerten, dreidimensionalen Sicht auf sein Operationsfeld. Die Instrumente sind mit multiplen Gelenken ausgerüstet und bieten nahezu uneingeschränkte Bewegungsmöglichkeit. Das ist besonders bei der Präparation und Rekonstruktion feinster anatomischer Strukturen ein wesentlicher Vorteil. Somit können Chirurgen komplexe Operationen und kleine Schnitte präzise, millimetergenau und aufgrund eines eingebauten Tremorfilters zitterfrei durchführen – was so weder bei der klassisch offenen noch bei der manuellen laparoskopischen Operation möglich wäre. Zudem arbeiten sie im Sitzen und nicht in gebeugter Haltung, was zu weniger Ermüdung führt – ein großer Vorteil bei stundenlangen Operationen. Auch die Vorteile für die Patienten gegenüber herkömmlichen offenen Operationen sind immens. Neben geringerem Blutverlust, schneller Wundheilung und weniger Schmerzen profitieren sie von einer deutlich kürzeren Verweildauer im Krankenhaus. Es gibt nur wenige Gründe, die gegen eine solche Operation sprechen, beispielsweise multiple Verwachsungen im Bauchraum aufgrund vorausgegangener Operationen oder auch sehr extremes Übergewicht eines Patienten.
Zu den Pionieren in Deutschland gehört Dr. Yadollah Davoudi. Der erfahrene Urologe nutzt das System bereits seit 2006 und hat das renommierte Da-Vinci-Zentrum in Gronau mitaufgebaut. Inzwischen ist er einer der wenigen anerkannten offiziellen Trainer für roboterassistierte urologische Chirurgie in Deutschland zur Ausbildung von Ärzten. Seit September 2019 begleitet
er an der Paracelsus-Klinik Düsseldorf Golzheim als Ausbilder den Aufbau zum Exzellenz-Zentrum der Da-Vinci-unterstützten Operationen in der urologischen Chirurgie. „Ich bin hier in Golzheim als Trainer bei jeder Operation mit dem Da-Vinci-System dabei – so lange, bis die Kollegen, die ich ausbilde, die entsprechende Qualität erreicht haben“, erklärt Dr. Davoudi. Zu diesen Kollegen gehört Oberarzt Dr. Stephan Siepmann. „Ich arbeite seit Anfang 2019 mit Da Vinci, und zwar in vielen einzelnen Schritten, vom Simulatortraining über Training an einem lebenden Schwein bis hin zu den ersten Operationen“, erläutert er.
Eine der Hauptoperationen mit der Da-Vinci-Technologie ist in Golzheim die radikale Prostatektomie, also die Entfernung einer von Krebs befallenen Prostata – eine sehr anspruchsvolle Operation. „Neben dem onkologischen Aspekt, also der Heilung von Krebs, sollen Harnkontinenz und Erektionsfähigkeit erhalten bleiben“, erklärt Dr. Davoudi. Gerade im engen männlichen Becken führt das präzise Operieren mithilfe des Roboters zu sehr guten Ergebnissen. Auch am ZIRO, dem Zentrum für interdisziplinäre robotische Operationen des Düsseldorfer Marien Hospitals, wird der Da-Vinci-Roboter eingesetzt. Weit mehr als 700 roboterassistierte Operationen, und zwar sowohl chirurgische als auch urologische Eingriffe, wurden innerhalb der vergangenen drei Jahre dort durchgeführt. Standen nämlich bei der Einführung des Robotersystems im Jahr 2018 vor allem urologische onkologische Eingriffe an Prostata, Nieren und Harnblase auf dem Operationsplan, ist die Technologie mittlerweile auch für viele minimalinvasive viszeralchirurgische Eingriffe etabliert. Hier liegt ein besonderer Schwerpunkt im Bereich der bösartigen Tumoren des Dick- und Mastdarms sowie der Antirefluxchirurgie, also der Wiederherstellung des Verschlussmechanismus’ zwischen Speiseröhre und Magen, die bisher nur an wenigen Zentren in Deutschland roboterassistiert durchgeführt werden.