Heiko Wunder steht mit seinem Düsseldorfer Modelabel „wunderwerk“ für nachhaltige Mode. Dass umweltfreundliche und ressourcenschonende Kleidung modisch wie zeitgemäß ist, beweist er nicht zuletzt mit seiner neuesten Kollektion.
Mode oder Medizin? Vor dieser Frage stand Mode-Pionier und Gründer von „wunderwerk“ Heiko Wunder bei seiner Berufswahl. Er entschied sich für Mode und hatte bereits 1999 die Vision, in einer eigenen Kollektion unter dem Namen wunderwerk kompromisslose Produkte zu entwickeln.
Nachhaltigkeit lautet schon seit Längerem das Schlagwort auch in der Modebranche, die eher für Exzess und schnelllebige Trends bekannt ist. Statt auf Wegwerf-Mode, sogenannter Fast Fashion, setzen selbst große Unternehmen immer stärker auf umwelt- und hautfreundliche Bio-Baumwollstoffe und Kampagnen, die den Herstellungsprozess in den Vordergrund rücken.
Doch wie so oft – gerade in der schillernden, schönen Modewelt – ist das mehr Schein als Sein. Denn wirklich nachhaltig sind viele Kleidungsstücke dann bei genauerem Hinsehen doch nicht. Oder aber es wird der Fokus auf ein fair produziertes Baumwoll-T-Shirt gelegt, während andere Teile der Kollektion konventionell hergestellt werden.
So etwas gibt es nicht bei Heiko Wunder und seinem Düsseldorfer Modelabel „wunderwerk“. Wer mit dem Unternehmer über Nachhaltigkeit und ressourcenschonende Kleidung spricht, merkt schnell: Dieser Mann macht keine halben Sachen. Nicht, wenn es um den Wandel von billiger Produktion hin zu einer umwelt- und fairen Herstellungskette geht. „Ich gehe ungern Kompromisse ein“, sagt Heiko Wunder. „Wenn ich etwas mache, dann möchte ich es auch richtig machen. Und ich möchte dabei authentisch bleiben. Ich mag es nicht, Sachen zum Schein zu tun.“ Als Beispiel nennt er die Knöpfe an den Sakkos, die er mit seinem Label wunderwerk bei ausgewählten Fachhändlern in mittlerweile fünf Geschäften sowie im Online-Shop vertreibt.
Diese Knöpfe sind nicht bloß Dekoration, sondern erfüllen auch einen Zweck. Nämlich, den Ärmel auf- und zuknöpfen zu können. „90 Prozent der herkömmlichen Sakkos für Herren haben jedoch nur Zierknöpfe, und die sind auch noch aus Plastik.“ Nachhaltigkeit ist für Heiko Wunder kein Thema, das ihn erst seit den jüngsten, durch „Fridays for Future“ angefachten Diskussionen um den Klimawandel beschäftigt. Schon Mitte der 90er, als er in seine erste eigene Wohnung zog, achtete er auf eine für ihn, aber auch für die Umwelt gesunde Lebensweise.
Ich mag es nicht, Sachen zum Schein zu tun.
Für Ernährung und Medizin interessierte sich der Düsseldorfer schon früh. Genauso wie für Mode. Für ihn als jungen Erwachsenen eine ziemlich knifflige Entscheidung: „Was soll ich studieren? Mode oder Medizin?“ Wunder entschied sich für die Mode und begann seine Ausbildung bei der Klaus Steilmann GmbH & Co. KG, dem damals größten Konfektionär Europas, der ihm den Brancheneinstieg erleichterte. Es folgten Stationen bei Stones/Dressmaster, Esprit, Tom Tailor, der Surfmarke O’Neill in den Niederlanden sowie Vanilia Fashion in Neuss.
Während Heiko Wunder immer tiefere Einblicke in die Abläufe in der Modeindustrie bekam – und merkte, welche Aspekte für eine nachhaltige Produktion wichtig sind –, wuchs der Wunsch, sich selbstständig zu machen. „Ich hatte immer schon sehr viel Freiraum bei meiner Arbeit und konnte mich stark einbringen. Aber dann kam irgendwann der Punkt, an dem ich dachte: Ich kann das jetzt auch selbst machen und dadurch noch mehr Handlungsspielraum gewinnen.“ So kam es zur Gründung von wunderwerk im Jahr 2012. Den Namen für sein Unternehmen hatte Heiko Wunder übrigens schon lange mit sich herumgetragen. Bereits mit Anfang 20 sei er ihm eingefallen und sicher in einer Schublade in seinem Kopf verwahrt worden.
„Werk kommt von Arbeit, und das Wunder passt wegen meines Nachnamens sehr gut dazu.“
Beim Aufbau seines Unternehmens halfen ihm das über die Jahre gesammelte Knowhow in Sachen Mode, Garn- und Stoffproduzenten sowie Kontakte und die Vision, wirklich nachhaltige Mode zu produzieren. Noch während seiner Zeit als Festangestellter wurde Wunder mal gefragt: „Was bringt dein Herz in Schwingung?“ Die Antwort war schon damals klar, was sich auch im Konzept von wunderwerk widerspiegelt. „Unser Motto ist „more than organic“, denn wir legen nicht nur Wert auf nachhaltige Stoffe. ,Bio‘ allein reicht nicht“, erklärt Heiko Wunder. Auch die ganzen Prozesse und Bereiche drumherum, beispielsweise die Logistik und die Verpackung, der faire Umgang und die Bezahlung der Arbeiter, werden eingehend auf ihre Nachhaltigkeit überprüft und dahingehend optimiert. Es bringe nichts, wenn man als Unternehmen ein Kleidungsstück aus Bio-Baumwolle verkaufe, aber der Rest der Kollektion sowie die sonstigen Abläufe nicht komplett nachhaltig seien.
Ein Problem sieht Heiko Wunder auch in der heutigen Wegwerfgesellschaft. „Beispielsweise Socken wurden früher noch gestopft, wenn sie bloß ein Loch hatten. Heute werden sie einfach in den Müll befördert.“ Ein Schicksal, das er sich nicht für seine Kleidungsstücke wünscht, weshalb er bei der Produktion auch verstärkt auf die Haltbarkeit und Langlebigkeit von Materialien und Stoffen achtet. Selbst Jeans, die als eine der größten Umweltsünden bekannt sind, werden bei wunderwerk ressourcenschonend hergestellt: mit weniger als zehn Litern Wasser sowie Waschungen ohne schädliche Chlorverbindungen und Kaliumpermanganat. Preislich startet der Mode-Klassiker zwar erst ab 100 Euro und liegt damit deutlich über dem in einer Studie ermittelten Durchschnittspreis von 40 Euro für Hosen, aber dafür weiß der Träger, was er an ihr hat.
Neben dem Geschäft an der Ackerstraße in Düsseldorf hat wunderwerk auch in Frankfurt, in Berlin und auf Sylt eigene Stores. Außerdem betreibt das Label einen Online-Versandhandel.
Zur Zielgruppe, die Heiko Wunder für seine Kleidungsstücke im Kopf hat, gehören der Mann und die Frau, die in der Werbung tätig sind und in der Stadt wohnen. „Sie legen zwar beide Wert auf modisches Aussehen, jagen aber nicht jedem Trend hinterher. Ihr Stil ist clean, contemporary und unaufgeregt.“ Entsprechend sieht auch die Kollektion von wunderwerk aus: metropolitan ausgerichtet, eher clean und cool, ohne große Logos. Aufgestickte kleine W auf der Schulter oder die zu eben jenem Buchstaben geformten Gürtelschlaufen an den Hosen zeigen, dass es sich um Mode von wunderwerk handelt. Dass seine Mode weniger trendorientiert als zeitlos ist, komme ihm in der Corona-Krise zugute. „Ich bleibe zwar wie andere Firmen auch auf Teilen meiner Ware sitzen, aber ich muss davon nichts wegwerfen.“
Auch bei Prominenten finden Heiko Wunders Produkte Anklang. Schauspieler Kai Schumann (Doctor’s Diary) ist genauso begeistert von den Kleidungsstücken wie sein Kollege Oliver Korittke, der unter anderem aus der Serie Wilsberg bekannt ist. Mit den Fantastischen 4 hatte Wunder ebenfalls schon Kontakt. Auf Biegen und
Brechen möchte er aber keine Markenbotschafter finden. Einer großen deutschen Influencerin sagte er trotz ihrer fast sieben Millionen Follower bei Instagram für eine Kooperation ab. „Es hat einfach nicht wirklich gepasst“, meint Wunder. Wieder mal möchte er keine halben Sachen machen und Kompromisse eingehen. Wenn er sich jemanden als Gesicht für wunderwerk wünschen
würde, dann wäre das Schauspielerin Heike Makatsch. Oder Emma Watson.