Mit 25 Jahren jüngster Prokurist, mit 29 Jahren Mitglied der Geschäftsleitung und jetzt Bereichsvorstand für den Westen und Süden mit Verantwortung für gut vier Millionen Kunden bei der Commerzbank: Mario Peric hat eine steile Karriere hingelegt und verbringt jede zweite Woche in Düsseldorf. Wer ist der Mensch hinter dieser eindrucksvollen Vita? Ein Porträt.
Ihm gefällt die rheinische Frohnatur, er liebt den hiesigen Karneval, und die Fortuna ist auch sein Ding: Der deutschkroatische Schwabe Mario Peric fühlt sich rundum wohl in Düsseldorf.
Es sind die 80er-Jahre: Ein kleiner Junge in Stuttgart darf seinen Vater zu dessen privaten Bankgeschäften begleiten. In den heiligen Hallen der Bank ist er fasziniert von den goldenen
Nuggets und den blitzenden Goldmünzen. Das – und der Respekt, der den Bankangestellten entgegengebracht wird –, machen einen so starken Eindruck auf den Sohn kroatischer Einwanderer, dass er in diesem Moment beschließt: „So möchte ich auch arbeiten.“ Heute ist der kleine Junge 1,93 Meter groß und mit seinen 43 Jahren verantwortlich für mehrere Tausend Mitarbeiter: Mario Peric. Dabei deuteten die Startbedingungen des Gastarbeiterkindes – wie es in den 70ern noch unschön hieß – nicht gerade auf ausgeprägte Karrierechancen hin.
Eines fällt schon früh beim Zusammentreffen mit ihm auf: Dieser Mann ist immer bestens vorbereitet. Egal, ob Gesprächspartner oder eine neue Stadt: „Wenn du irgendwohin kommst, musst du wahrhaft verstehen, wie die Menschen atmen, wie ihre DNA bestimmt ist. Deshalb habe ich mich zur Vorbereitung auf Düsseldorf mit der hiesigen Geschichte befasst.“ Eindrucksvoll demonstriert er, nicht zum letzten Mal in diesem Gespräch, sein Wissen über historische Fakten und Zusammenhänge. Zahlen sind ganz offensichtlich sein Ding, sowohl in der Ökonomie als auch in der Historie. Im Geschichtsunterricht hatte der in Stuttgart geborene Deutschkroate auch durchweg eine Eins plus: „Aber damit kann man kein Geld verdienen.“
Also entschloss er sich nach der mittleren Reife, eine Ausbildung zum Bankkaufmann zu machen. Obwohl ihm der Weg zum Abitur freistand, entschied er sich für die frühe Selbstständigkeit: „Ich hatte keine Lust, meine Eltern für jedes Ausgehen um zehn Mark anzubetteln, ich wollte mein eigenes Geld verdienen.“ Auf die Frage, was der Bankbetriebswirt studiert habe, antwortet er gerne: „28 Jahre lang Menschen“. Darin sieht er denn auch seinen wahren Wert. Trotz seiner beeindruckenden Karriere, die auf harte Arbeit und Zielstrebigkeit schließen lässt, ist Mario Peric aber alles andere als abgehoben. Wenn sich eine Kundenschlange bildet, packt er auch mal mit an und stellt sich selbst an den Schalter. Oder zupft morgens im Vorbeigehen Unkraut am Bankgebäude aus. Seine Kommunikationsstärke und seinen Zugang zu Menschen sieht er als Faktoren seines Erfolges: „Es ist mir nie schwergefallen, den vermeintlichen Widerspruch zwischen Kunden und Bank aufzulösen und Menschen zu gewinnen. Und ich lasse mich auch gerne gewinnen.“ Letzteres ist ganz offensichtlich den fröhlichen Verkäuferinnen in seiner Stammbäckerei gelungen, die ihn in aller Herrgottsfrühe beim Überreichen des täglichen Butterhörnchens mit seinen Augenringen aufziehen dürfen und ihn in rheinischer Manier parieren lassen: „Die sind auch nicht schlimmer als deine.“ Genau das liebt er an Düsseldorf: „Im Schwabenland braucht es zwei bis drei Jahre, um sich kennenzulernen. In Düsseldorf hast du nach zwei bis drei Minuten schon eine Basis, um gemeinsam zu lachen.“ Perics Tag beginnt gegen 6 und endet meist nicht vor 22 Uhr. Die knappe Freizeit verbringt er, wenn nicht gerade Lockdown ist, gerne mit Restaurantbesuchen. Zum Beispiel im für ihn besten Steakhaus Deutschlands, „The Grill“ an der Kö. Dass sein Lieblingsrestaurant „Perla Porto“ im Medienhafen direkt am Rhein liegt, dürfte kein Zufall sein: „Das liegt an meinen kroatischen Genen. Ich mag es, am Wasser zu sein. Ich mag die Möwen, den Sonnenuntergang.“ Außerdem ist Düsseldorf für ihn die Stadt der drei K: Kultur, Kirchen und Kneipen.
Schon sehr früh hatte ich das Gefühl, ich muss zehn Prozent mehr bringen, als diejenigen mit einfacheren Nachnamen.“
„Düsseldorf hat historisch einiges zu bieten – ich bin gerne in Kirchen wie St. Lambertus oder St. Andreas. Auf der anderen Seite liebe ich dieses Schroffe der Altstadtkneipen: einfach ne Wurst auf die Hand und ein Bierchen dazu.“ Manchmal düst Peric auch auf einem E-Scooter durch Düsseldorf. Den rheinischen Karneval hat er gerade noch vor der Pandemie miterlebt. Als „Super Mario“ hat er sich vom Henkelsaal bis zum Kölner Wartesaal mit Kunden und Mitarbeitern durchgeschunkelt. Dafür hat er sogar seine alten Chucks aus der hintersten Ecke seines Kleiderschrankes hervorgekramt. Ob es sich dabei immer noch um „seinen“ Kleiderschrank handelt, dürfte mittlerweile fraglich sein: Seit er im Oktober 2020 auch noch zum Bereichsvorstand Süd berufen wurde, pendelt Peric wöchentlich zwischen Düsseldorf und München, nur die Wochenenden kann er mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Stuttgart verbringen. „Wenn du unter der Woche nicht zu Hause bist, bezahlst du das mit Raum- und Autoritätsverlust. Da wird einfach dein Kleiderschrank kassiert und jetzt auch noch das Arbeitszimmer und der Rechner.“ Trotz der herausfordernden Umstände gestalten sich die Wochenenden bei Familie Peric so normal, wie sich ein Familienleben mit zwei Gymnasiastinnen in der 6. und 8. Klasse eben abspielt. Papa unterstützt seine Mädels in Geschichte, Englisch und Gemeinschaftskunde, es gibt Familienausflüge – am liebsten nach Garmisch – und bei Tisch wird gebetet. Gesprochen wird zu Hause Deutsch, Englisch, Französisch und Kroatisch. Seiner Frau Kristina zollt er höchsten Respekt: „Erziehung ist harte Arbeit. Meine Frau macht da einen bärenstarken Job. Ich hätte gar nicht die Geduld, Zeit und Kraft.“ Mario Perics Ehefrau ist auch darüber hinaus sein großer Rückhalt. Während der Finanzkrise 2008 war er Regionalleiter in Stuttgart und hat den Groll auf die Branche am eigenen Leib erfahren. Aus Respekt gegenüber Bankiers war Wut auf Banker geworden. Verständlich aus seiner Sicht: „Mit dem Investmentbanking der 90er-Jahre hat sich die Branche teilweise verloren. Mit dem Ursprung des Bankgeschäfts, mit dem ehrenvollen Kaufmann, hatte das nur noch wenig zu tun.“ Bei den Beschwerdegesprächen stand er seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Seite, musste auch mal die eine oder andere Träne trocknen. An seiner eigenen Resilienz hat er mit seiner Ehefrau gearbeitet. Die jetzige durch die Pandemie verursachte Wirtschaftskrise sieht Peric als „Gelegenheit, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Teil der Lösung zu sein, nicht des Problems.“ Beispielsweise mit der Auszahlung von bundesweit acht Milliarden Euro Kredithilfe, für die in seinem Haus oft bis spät abends gearbeitet wird.
Auch sein eigener Erfolg ist hart erarbeitet. „Schon sehr früh hatte ich das Gefühl, ich muss zehn Prozent mehr bringen, als diejenigen mit einfacheren Nachnamen.“ Heute ist er stolz darauf, weil ihm diese Erfahrung mit der Zeit eine gewisse Lockerheit gebracht hat. „Die Commerzbank habe ich übrigens immer als sehr international erlebt. Hier zählt die Leistung. Und ich habe früh Menschen gefunden, die an mich geglaubt haben, die mich gefördert, die mir etwas beigebracht haben.“ Der Erfolg hat auch eine Schattenseite. Manchmal fragt er sich, ob er genug gelebt hat. Wenn jeder Tag „zählbar“ sein muss, Frucht bringen muss, dann bleibt kaum Zeit, das Leben zu genießen. Beim Fußball schlägt sein Herz für Vereine, die auch mal verlieren können, wie den VfB Stuttgart oder Fortuna Düsseldorf, nicht für die großen Fußballclubs. Bei Länderspielen Deutschland gegen Kroatien hält er gemäß dem „David-gegen-Goliath“-Prinzip zu seiner Ursprungsheimat, ist zugleich aber „sehr stolz, dass die Commerzbank die deutsche Nationalmannschaft sponsert“. Und plötzlich – für einen kurzen Moment – blitzt er in den Augen dieses gestandenen Geschäftsmannes wieder auf: der kleine Junge aus Stuttgart, der mit großen Augen auf seinen Traum schaut. Nur diesmal sind es die Fahnen der Commerzbank, die just während unseres Gesprächs auf der Dachterrasse der neuen Flagship-Filiale gehisst werden. „Endlich! Seit Wochen warte ich auf meine Fahnen.“ Fahnen, die weithin zu sehen sind. Eines muss Mario Peric aber noch dringend lernen: dass das Düsseldorfer „Füchschen“ nicht „Füchsle“ heißt. Hoffentlich hält es ihn dafür noch lange genug in Düsseldorf.