„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
In Düsseldorf tut sich was: Die nächste Generation steht in den Startlöchern, die Leitung des Familienbetriebes zu übernehmen. Den Auftakt unserer neuen Serie „Generationswechsel“ macht das Bäckereihandwerk, wo gleich fünf junge Damen das Zepter in die Hand nehmen. Das Düsseldorfer Bäckereihandwerk wird damit also nicht nur jünger, sondern auch weiblicher. Gut ausgebildet, mit frischen Ideen und eng verbunden mit der Tradition ihres Handwerks, ist der Schritt in die Unternehmensführung für sie mehr eine logische Konsequenz denn ein Wagnis. Fünf angehende Chefinnen im Porträt.
Schon früh mit angepackt
Die Bäckerei Hinkel mit ihren zwei Läden kennt in Düsseldorf wohl jeder. Sophie Hinkel knüpft zudem an die Bekanntheit ihres Vaters weit übers Handwerk hinaus an. Josef Hinkel war Karnevalsprinz und ist jetzt erster stellvertretender Bürgermeister der Landeshauptstadt. Große Fußstapfen für eine Nachfolgerin – was aber auch Vorteile hat: Der Chef hat immer weniger Zeit, so muss die angehende Chefin in ihre Aufgabe hineinwachsen. In ein bis zwei Jahren möchte sie den Betrieb übernehmen, aber jetzt schon sagt ihr Vater häufiger: „Ich bin dann mal weg, frag mich, wenn du Rat brauchst.“ Den Respekt der fast 100 Mitarbeiter, ein Drittel davon Bäcker, hat sich die 24-Jährige früh verdient. Seit ihrem 14. Lebensjahr hat sie mit angepackt und war sich für keine Arbeit zu schade. Nach dem Abitur arbeitete sie in Teilzeit im Betrieb, jetzt als Verkaufsleiterin. Sie absolvierte ein Bachelor-Studium in Maastricht an der School of Business
and Economics, eine Bäcker-Ausbildung im eigenen Betrieb und parallel dazu den Master-Studiengang, den sie im Mai abschließen will, Ende des Jahres nun auch den Meister.
Bestens vorbereitet, sieht sie auch die Zukunft rosig: Handwerklich produziertes Brot im charmanten Laden in der Altstadt kaufen – das wollen die Leute auch künftig, ist sie überzeugt.
Margaux Pass lernte den Beruf in der Bäckerei Hinkel und studiert Oecotrophologie mit Schwerpunkt Lebensmittelwirtschaft in Münster. Zusammen mit ihrem Cousin Kaspar Kortenkamp will die 23-Jährige das Unternehmen mit 18 Filialen im Düsseldorfer Süden und bis zu 120 Mitarbeitern – davon rund 40 in der Backstube – übernehmen. Aber erst in ein paar Jahren. Beide möchten zunächst ihren Meister machen. Ob sie künftig die Arbeit so aufteilen wie die jetzige Generation, „das schauen wir mal“. Der Vater, Christoph Pass, leitet die Backstube, die
Tante, Dorothee Pass, den Verkauf. „Wir können uns beides vorstellen“, sagt Margaux Pass. Sie kennt Sophie Hinkel schon seit ihrer Kindheit. Dass mittlerweile ein richtiges Netzwerk entstanden ist, hängt aber auch mit dem guten Kontakt der Jungbäcker allgemein zusammen, die sich in Next-Generation-Treffen immer wieder austauschen, gemeinsame Aktionen und Ausflüge unternehmen. Es sei wohl eher Zufall, dass gerade jetzt so viele Frauen die Unternehmensnachfolge anstreben, „aber es ist schon gut zu sehen, dass andere diesen Schritt auch
gehen“, sagt Margaux Pass. Das bestärke die eigenen Pläne.
Das BWL-Studium „war nicht mein Ding“, sagt Caroline Puppe heute. Sie fühlte sich dabei nicht wohl, brach es ab und wandte sich wieder der Praxis zu – dem Bäckereihandwerk, das sie nicht nur im elterlichen Unternehmen mit 180 Mitarbeitern und 16 Filialen kennenlernte, sondern auch in ihrer Ausbildung zur Fachverkäuferin in der Bäckerei Hinkel. Die Eltern kannten sich schon und der Nachwuchs ebenfalls von Kind auf. So lernte Caroline Puppe früh auch das Netzwerk der Jungbäcker und -bäckerinnen kennen. Der weitere Weg war klar: „Ich wollte schon immer den Meister machen.“ Die Ausbildung absolvierte sie an der Bäckerfachschule in Weinheim. Seit dem Sommer 2020 hat sie den begehrten Brief. Nun macht sie den Betriebswirt bei der
Handwerkskammer Düsseldorf. Das sei auch sehr praxisbezogen. Seit Caroline Puppe 15 war, arbeitete sie im väterlichen Betrieb, im Verkauf, in der Backstube und im Büro, auch mit Nachtschicht und Lieferdienst. Wie für die anderen Jungunternehmerinnen ist das auch für sie eine der wichtigsten Stategien, wie sich Frauen in Führungspositionen im männerdominierten Handwerk den nötigen Respekt verschaffen können.
Seit 1889 hält die Bäckerei Cölven die handwerkliche Tradition hoch. Mit Janika Derksen geht der kleine Familienbetrieb in die fünfte Generation. Insgesamt fünf Bäcker sowie drei Vollzeit- und sieben Teilzeitkräfte arbeiten in der Backstube und dem Verkauf an der Rethelstraße, darunter auch die Familienmitglieder. „Es ist ein super Team“, sagt die 34-Jährige, die sich um administrative Aufgaben kümmert, im Verkauf mitarbeitet, aber auch in der Backstube einspringt. „Für mich ist der Beruf perfekt“, sagt sie. Die Arbeit sei durch die Mischung aus Handwerk, den Kontakt zu Kunden und die Organisation des Betriebs sehr vielseitig und herausfordernd. Nach dem Abitur studierte sie zuerst Jura, wechselte dann jedoch zu einem betriebswirtschaftlichen Studium, machte den Bachelor und arbeitete im Anschluss für eine Frankfurter Personalberatung, bevor sie in den elterlichen Betrieb zurückkehrte. Weil sie schon mit 16 im Betrieb mitgearbeitet und auch das Geschäft allein geführt hatte, wenn die Eltern in Urlaub waren, hat sie früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Auch wenn sie keine Bäckerlehre gemacht hat: „Die Bäcker wissen, dass ich ihnen vertraue.“
Auch Laura Westerhorstmann ist mit dem Handwerk aufgewachsen. Die heute 25-Jährige hat schon früh im Verkauf mitgearbeitet. Mit 20 Filialen und 200 Mitarbeitern zählt die Stadtbäckerei zu den großen Handwerksbäckereien. Da ist es schon eine verantwortungsvolle Aufgabe, jetzt mit Prokura im Personalbereich tätig zu sein. Darauf vorbereitet hat sich Laura Westerhorstmann im BWL-Studium mit Schwerpunkt Personalpsychologie, zurzeit arbeitet sie berufsbegleitend auf den Master in Wirtschaftspsychologie hin. Dass sie einmal in die Nachfolge ihres Vaters tritt, „war erst gar nicht klar“, wohl aber das Thema Personal: „Das ist mein Steckenpferd.“ Bei der Großbank HSBC hat sie auch schon in dem Bereich gearbeitet und dabei viel über Strukturen und Arbeitsabläufe gelernt, was sie auch in einem Handwerksunternehmen gut gebrauchen kann. Sie möchte „das Gute aus zwei Welten verbinden“. Das Unternehmen will sie einmal zusammen mit ihrem Bruder Frank übernehmen. Der Bäckermeister hat gerade ein Masterstudium begonnen.