Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Fujifilm ist heute so viel mehr als Fotofilm und Kameras. Das Multi-Technologieunternehmen setzt auf Weiterentwicklung in diversen Bereichen und legt seinen Fokus unter anderem auf Medizintechnik und Pharmazeutika.
Sitz der Europazentrale von Fujifilm ist seit mehr als 50 Jahren der Raum Düsseldorf. Von hier aus steuert das Multi-Technologieunternehmen die Bereiche Entwicklung, Kommunikation und Verkauf vieler verschiedener Services und Produkte. Toshihisa „Toshi“ Iida, der neue Präsident und Geschäftsführer der Fujifilm Europe GmbH in Düsseldorf, und der Fujifilm Europe B.V. in Tilburg (Niederlande), erläutert im Gespräch mit dem Top Magazin die aktuelle Unternehmenspolitik.
Top Magazin: Herr Iida, als positiv denkender Mensch möchten Sie das Beste aus der derzeitigen Situation rund um Covid machen. Woher kommt Ihr Optimismus in Zeiten der Krise?
Toshihisa Iida: Das Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Belegschaft haben sowohl für das globale wie auch das europäische Management höchste Priorität. Dies gilt auch in Zeiten von Corona, das eine Tragödie ist, die jeden weltweit betrifft, sowohl privat als auch beruflich. Wir spüren die Auswirkungen der Pandemie im Unternehmen: bei Arbeitsweisen und Umsätzen, bei Kooperationspartnern, die Schwierigkeiten haben und bei vielen Absagen von Events und Messen, welche sich auf unser Geschäft ausgewirkt haben. Allerdings arbeite ich seit Jahrzehnten für ein Unternehmen, das die kulturelle DNA hat, aus Krisen Chancen zu entwickeln. Zum Credo der Krisenbewältigung durch Transformation gehört eine analytische, aber positive Denkweise. In den letzten drei bis vier Monaten habe ich bereits in fast allen Geschäftsbereichen eine rasche Erholung festgestellt.
Geht es also zunächst um den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens?
Als Arbeitgeber in Düsseldorf und in ganz Europa tragen wir Verantwortung für rund 4.500 Menschen in 55 Gruppengesellschaften in 43 Ländern. Das gilt erst recht in Krisenzeiten. Für mich steht das Wohlergehen der Mitarbeiter an erster Stelle, auch, aber nicht nur, aus Verantwortungsbewusstsein und Mitmenschlichkeit. Für das Bestehen von Unternehmen gehören gesunde und leistungsfähige Mitarbeiter zu den wichtigsten Bausteinen. Unsere Kollegen geben das Beste für unsere Kunden. Dafür müssen sie gesund bleiben. Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass Fujifilm die Aufgabe hat, die Menschen außerhalb des Unternehmens zu unterstützen, insbesondere die Mitarbeiter des Gesundheitswesens.
Wie fühlt es sich an, in Krisenzeiten einen solchen Posten anzunehmen?
Seit den ersten Gesprächen zu meiner neuen Aufgabe habe ich mich sehr gefreut, dass meine nächsten großen Herausforderungen nun erneut in Europa liegen, besonders in solch schwierigen Zeiten. Neue Herausforderungen führen nicht selten zu neuen Chancen. Fujifilm hat vor rund 20 Jahren seine umfangreichste Transformation umgesetzt. Damals hat Shigetaka Komori, Vorstandsvorsitzender und CEO der Fujifilm Holdings Corporation, zusammen mit dem Management in Tokio die Entscheidung getroffen, sich nicht mehr nur auf die Fotofilmbranche zu fokussieren, die seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2000 rückläufig war. Daraufhin wurde bei Fujifilm weltweit an neuen Möglichkeiten geforscht, aus unserer Kerntechnologie, der Produktion von Fotofilm, eine neue Wertschöpfung zu gewinnen und damit einen zukünftigen Mehrwert für die Gesellschaft. Aus eigener Technologie, Forschung, gezielten Fusionen und Übernahmen sowie Partnerschaften entstand ein vielfältiges Know-how, das uns nun trägt. Dieses Wissen versetzt uns in die Lage, die Pandemie mit unseren Produkten und Dienstleistungen im Bereich
Healthcare und Medizintechnik zu bekämpfen. Darüber sind wir glücklich und auch ein kleines bisschen stolz. Um diesen innovativen Ansatz für Europa fortzusetzen, werde ich weiterhin über den Tellerrand schauen.
Die Zeit, in der Fujifilm auf Fotofilm und Kameras spezialisiert war, ist also vorbei? Was bringt die Zukunft?
Unsere grüne Fotofilm-Verpackung war in der Vergangenheit für viele Jahrzehnte ein Symbol für unsere Technologie und das Vertrauen in uns. Als die Digitalisierung um die Jahrtausendwende die Fotografie erreichte, hat Fujifilm reagiert und sowohl um- als auch ausgebaut. Die Fotografie und das Imaging-Geschäft sind für uns, in all ihren Aspekten, nach wie vor ein Kerngeschäft: vom Fotofinishing über modernste spiegellose Digitalkameras bis hin zu unseren Instax-Sofortbildkameras. Heute arbeiten wir in den verschiedensten Segmenten wie zum Beispiel optische und grafische Systeme, Recording Media, Industrieprodukte, Medizintechnik und Pharmazeutika.
Worauf liegt der Fokus?
Mitten in der Pandemie liegt der Fokus auf den Geschäftszweigen im Gesundheitsbereich. Für uns ist es jedoch ebenfalls wichtig, dass all unsere Geschäftsfelder die größtmögliche Chance bekommen, weiterzuwachsen, während sie auf gesellschaftliche Bedürfnisse eingehen – auch in Zeiten von Covid. Fujifilm hat sich jahrzehntelang auf Healthcare spezialisiert und sowohl Know-how als auch Services ausgebaut. Viele wissen nicht, dass Fujifilm bereits zwei Jahre nach seiner Gründung in den 30er-Jahren seinen ersten Röntgenfilm produziert hat. Seitdem haben wir unsere Healthcare-Technologien stets weiterentwickelt. Von Röntgenfilmen zum weltweit ersten digitalen Röntgensystem, zu Mammografie und CT bis hin zur Endoskopie können wir Menschen heute von der Prävention über die Diagnostik bis hin zur Therapie behandeln.
Neue Herausforderungen führen nicht selten zu neuen Chancen
Ist der Gesundheits-Schwerpunkt Fluch oder Segen für Fujifilm?
Natürlich hilft es uns, dass wir uns mittlerweile stark auf den medizinischen Sektor fokussieren. Die momentane Situation testet aber auch das, was wir bisher erarbeitet haben, auf Herz und Nieren. Wir sind sehr stolz, dass unsere Entwicklungen und Kapazitäten nun dazu führen, dass wir die Technologien zur Verfügung haben, um eine Rolle bei der Diagnose von Covid zu spielen – sei es durch Röntgen oder CT, aber auch durch schnelle In-Vitro-Diagnosesysteme. Auch konnten wir schnellstmöglich reagieren, als europäische Krankenhäuser zu Beginn der Pandemie ihre normale technische Infrastruktur aufrüsten mussten. Wir haben beispielsweise in kürzester Zeit Systemanpassungen entwickelt und installiert, damit die Krankenhäuser mithilfe unserer Möglichkeiten im Bereich der KI auf die neuen Herausforderungen reagieren konnten. Ein besonderes Augenmerk liegt natürlich auch auf Medikamenten gegen Covid. Fujifilm Diosynth Biotechnologies, eine Gruppengesellschaft, ist ein Anbieter von Auftrags-Prozessentwicklung und Fertigungsdienstleistungen (CDMO) und betreibt eine seiner europäischen Anlagen in Dänemark. Hier wird voraussichtlich im April 2021 die Produktion von Covid-19-Medikamenten in Zusammenarbeit mit dem Covid-19- Therapeutics-Accelerator starten. Ein Projekt, das unter anderem von der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung vorangetrieben wird und sich zur Aufgabe gemacht hat, Medikamente gegen Covid für Niedriglohnländer zu produzieren. Anderswo in Europa verfügen wir über weitere Produktionsstätten, die mit Pharmapartnern zusammenarbeiten, um potenzielle Covid-Impfstoffe im erforderlichen Umfang herzustellen.
Sie haben bereits in Europa gelebt, was schätzen Sie nach England an Deutschland und Düsseldorf?
„Nach meinem Studium in Japan habe ich 1991 bei Fujifilm angefangen und später mehrere Jahre in England gearbeitet. Die Europäer sind quasi alte Bekannte, ich fühle mich wohl und willkommen in diesem Kulturkreis. Zum Winter 2021 ist der Umzug unserer Europazentrale in den Norden des Großraums Düsseldorf geplant. Neben der beruflichen Ebene freut mich dies auch privat, denn meine Frau und ich fühlen uns in Düsseldorf, mit seiner großen japanischen Community, der rheinischen Herzlichkeit und dem breiten Kulturangebot, sehr wohl. Wir sind im Großraum Düsseldorf glücklich und fühlen uns gut vorbereitet, um zukünftige Herausforderungen zu meistern.“