Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Seit 20 Jahren sitzt Stefan Jürging am Steuer des Savoy-Theaters.
Ende September feierte das Savoy-Theater seinen 20. Geburtstag. Die rauschende Party fiel aus – ein Opfer von Corona – wie so vieles. Zeiten, die Bescheidenheit lehren. „Wir sind glücklich, dass seit wenigen Wochen überhaupt wieder Künstler bei uns auftreten dürfen“, sagt Dr. Stefan Jürging. „Und dass Leute Karten dafür kaufen“, fügt er hinzu. Er ist der Mann, der 2000 den richtigen Riecher hatte. Seit seiner Eröffnung am 19. April 1948, man gab den Film „Die zehn Gebote“, war das Savoy mehr als 42 Jahre lang Düsseldorfs zweitgrößtes Kino gewesen. Dr. Stefan Jürging hatte die kühne Vision, es in eine attraktive Spielstätte mit breitem Spektrum zu verwandeln. „So etwas gab es noch nicht in Düsseldorf, wohl aber in anderen Städten. Ich witterte daher eine Marktlücke.“ Doch zunächst stieß sein Konzept beim Kinobesitzer Ufa auf taube Ohren. Bis das Unternehmen vor der Pleite stand. „Da kam man auf mich zu. Man hätte zwar noch immer nicht verstanden, was ich wolle. Aber hier seien die Schlüssel.“ Dr. Stefan Jürging war schon damals kein Unbekannter. Weder in Düsseldorf noch im Musikgeschäft. „Mit 13 Jahren jobbte ich in Bielefeld als Aufbauhelfer für Otto Waalkes“, erzählt er. „So fing es an. Später schleppte ich Pauken bei Konzerten und besorgte belegte Brötchen für die Musiker.“ Auch in Düsseldorf machte er sich noch als Schüler bei Kulturveranstaltungen nützlich, erst bei der Agentur Blitz-Musik, später im Tor 3, das damals von René Heinersdorff sen. und einem Partner betrieben wurde. Parallel studierte Dr. Stefan Jürging Anglistik und Politik und promovierte in Musikwissenschaften. Da war ihm schon längst klar, dass seine Zukunft im Veranstaltungsbereich lag. Daher die gezielte Suche nach einer Location. Als erster Künstler trat am 27. September 2000 Tim Fischer im Savoy-Theater auf. Einer von vielen Kollegen, die Dr. Stefan Jürging beim Start freundschaftlich unter die Arme griffen. Einige, darunter Götz Alsmann, Helge Schneider, Georgette Dee oder Gitte, sind bis heute regelmäßig bei ihm zu Gast. „Denen halte ich immer die Treue, allein schon aus Dankbarkeit“, sagt er. „Dennoch waren es wüste Jahre, bis das Theater gut etabliert war.“ Meist stimmte die Mischung. Aber er habe auch Fehler gemacht und Lehrgeld bezahlt, gibt Dr. Stefan Jürging zu: „14 Tage Dschungelbuch, mittags und abends, vor jeweils 20 Leuten. Ich konnte das damals nicht richtig einschätzen.“ Gern erinnert er sich dagegen an Lesungen von Schauspielstars wie Senta Berger, Bruno Ganz und Christine Kaufmann. Lange schon mischt sich die altvertraute Künstler-Generation mit einer neuen, zu der die Comedians Oliver Pocher, Bastian Bielendorfer und Tahnee sowie die Chansonette Annett Louisan gehören. Und jetzt drängen noch jüngere mit Macht auf die Bühne, etwa Youtube-Stars mit Millionen von Followern. Diese Strömung sei nicht zu übersehen, aber hier müsse man achtsam sein, dass die Programm-Qualität nicht leide, sagt der Theaterleiter. Auch dürfe der Spielplan nicht überfrachtet werden. „Wir veranstalten rund 180 Shows im Jahr, in diesem Rahmen agiere ich. Eine Größenordnung, mit der die Stadt gut leben kann. Und ich auch.“ Sein Unterhaltungs-Schiff dauerhaft und stabil durch die nicht immer ruhige See gesteuert zu haben, macht ihn stolz. „20 Jahre sind eine lange Zeit. Mir kommt sie total kurz vor.“ Dazu passt auch der Geburtstagswunsch, den Dr. Stefan Jürging für das Savoy-Theater hat: „Dass es mindestens noch einmal 20 Jahre weitergeht. Und das so gut, wie es bisher ging.“