Corona hat unseren Alltag in den vergangenen Wochen ganz und gar dominiert – mit Auswirkungen auf die unterschiedlichsten Bereiche. Wir wollten von Experten wissen, was die Zukunft bringt und wie es jetzt weitergehen wird.
In der Kultur
„Wir Theaterleute sind optimistische Menschen, daher hoffen wir, dass auf längere Sicht alles wieder möglich sein wird“, sagt Wilfried Schulz. Unter Hochtouren wird auf den Saisonstart
hingearbeitet, drei Premieren sind in Vorbereitung. „Dennoch wird es im September zunächst ein eingeschränktes Programm geben“, kündigt der Intendant des Schauspielhauses an.
„Keine Aufführung wird länger als zwei Stunden dauern, man sitzt auf Abstand. Es gibt keine Pause, kein Büffett, keine großen Premierenfeiern.“ Dass ausgerechnet das Theater dazu gezwungen sei, ohne Berührung, Gemeinschaft und enges Beisammensein auszukommen, bedauert er sehr. Wilfried Schulz spricht von einer Ambivalenz der Gefühle. „Wir wollen niemanden gefährden und müssen achtsam mit unseren Mitmenschen umgehen. Bei unseren fast 400 Mitarbeitern und den 240.000 Zuschauern, die uns jedes Jahr besuchen, ist Sicherheit das oberste Gebot. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass die Kultur sich gerade jetzt Gehör verschafft und einen Raum bietet, in dem diese schwierige Zeit verarbeitet werden kann. Mit Reflexion, Unterhaltung und allem, was dazu gehört.“ Er sei froh, dass sein Haus sich nun nach den gespenstisch leeren Wochen wieder belebe. Dennoch ist vieles anders als früher: „Es gibt keine Kantine, man trifft sich nicht mit mehreren Leuten, alle haben Einzelgarderoben“, listet der Intendant auf. „Geprobt wird streng getrennt. Die Auflagen betreffen nicht nur die Künstler, sondern auch die Techniker und Bühnenbauer, die nicht mehr Schulter an Schulter und Hand in Hand arbeiten können.“ An seinem eigenen Gefühlsleben ging Corona auch nicht spurlos vorüber. „Es beschleicht mich eine merkwürdige Melancholie. Über drei Jahre hatten wir alles daran gesetzt, mit dem Schauspielhaus in Düsseldorf präsent zu sein. Mit aller Kraft haben wir uns bemüht, Barrieren einzureißen, um in jeder Ecke der Stadt Theater zu machen. Jetzt sind wir mit einem Phänomen konfrontiert, das auf Schließung und Vorsicht bedacht ist.“ Tatsächlich entbehrt es nicht einer traurigen Ironie, dass Wilfried Schulz durch Sanierung und Interims-Spielstätten nie aus dem Krisenmodus herausgekommen ist. Kein Wunder, wenn er sagt: „Ich sehne
mich nach Normalität. Nicht nach einer neuen, sondern nach einer normalen Normalität. Einer Phase, in der wir einen funktionierenden Betrieb haben, in dem viele schöne Dinge planbar und möglich sind, in dem man Kreativität und Fantasie laufen lassen kann.“
Im Modehandel
Neben der Kultur hat Corona auch den Modehandel schwer getroffen. Erst die wochenlangen Schließungen und nach Öffnung der Geschäfte die nur zögerlich in die Innenstadt strebenden Kunden. Es schien, als habe niemand so richtig Lust darauf, sich neu einzukleiden. Unternehmen wie das Lifestyle-Kaufhaus Breuninger am Kö-Bogen setzten alles daran, das Vertrauen der Kundschaft zurückzugewinnen. „Wir sind mit unserem Breuninger-Hygienestandard sehr gut aufgestellt“, versichert Geschäftsführer Andreas Rebbelmund. „Unsere Kunden finden auch weiterhin das inspirierende und zugleich sichere Shoppingambiente vor, das sie kennen. Gegenseitiges Vertrauen und Wertschätzung sind eine wichtige Basis für die sich verändernden Umstände. Darum ist die enge Beziehung, die wir seit jeher zu unseren Kunden pflegen, besonders wertvoll, um auch in diesen herausfordernden Zeiten individuell für sie da zu sein und auf ihre Wünsche und Fragen einzugehen.“
Andreas Rebbelmund
Auf dem Arbeitsmarkt
„Die Krise traf auf einen stabilen Arbeitsmarkt“, sagt Birgitta Kubsch-von Harten, Chefin der Arbeitsagentur Düsseldorf. „Die Nachfrage nach Fachkräften war ungebrochen hoch, die Arbeitslosigkeit in Düsseldorf befand sich in einem historischen Tief.“ In der Corona-Krise bewährte sich das Instrument der Kurzarbeit. „Damit konnten wir flexibel und schnell die Not vieler Unternehmen abfedern. Dabei wurde mir einmal mehr deutlich, wie stark der Zusammenhalt mit unseren Netzwerkpartnern hier in Düsseldorf ist. Zu Beginn der Krise haben wir gemeinsam mit den Kammern, dem DGB und den Arbeitgeberverbänden Web-Schulungen durchgeführt, um unser Wissen zu teilen. So gelang es uns, abgestimmt und einheitlich zu informieren und zu beraten.“ Dennoch werde die Krise unsere gewohnten Arbeitsweisen nachhaltig verändern, davon ist Birgitta Kubsch-von Harten überzeugt. „Corona hat uns zu verstehen gegeben, dass digitales Lernen und Arbeiten unsere Gegenwart und Zukunft sind. Wir verstehen es als eine unserer zentralen Aufgaben, Unternehmen in diesem Wandel zu begleiten und zu beraten.
Die Sicherheit, gute Partner an unserer Seite zu wissen, macht mich zuversichtlich, auch diese Herausforderung bewältigen zu können.“
Birgitta Kubsch-von Harten
Im Handwerk
Die „neue Normalität“ im Handwerk werde zu 99 Prozent die alte sein, glaubt Andreas Ehlert. „Das Handwerk als der arbeitsintensivste Bereich der deutschen Wirtschaft wird kräftig weiterarbeiten“, sagt der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf. „Natürlich unter Beachtung aller Schutzvorkehrungen für Kunden und Mitarbeiter, wie sie noch auf unabsehbare Zeit zwingend für den Gesundheitsschutz geboten sind.“ Die Kammer trägt ihren Teil dazu bei, die Zukunft der sieben Branchengruppen des Handwerks zu sichern. „Um die Lage der Unternehmen
detailliert erkennen und gegebenenfalls Bedarfs-Signale an die Rahmen- und Förderimpulse setzende Politik aussenden zu können, wird die Handwerkskammer Düsseldorf in den kommenden Monaten die Mitgliedsunternehmen regelmäßig und repräsentativ befragen“, erklärt Andreas Ehlert. „Das gibt uns wichtige Aufschlüsse über ihre wirtschaftliche Situation.“
Andreas Ehlert
Im Verkehr
„Wir möchten, dass unsere Kunden gut und sicher an ihr Ziel kommen – diesen Anspruch haben wir bei der Rheinbahn immer“, sagt Klaus Klar, Vorstandsvorsitzender und Arbeitsdirektor der Rheinbahn. „Aktuell befördern wir zwar immer noch weniger Fahrgäste als vor der Corona-Pandemie, aber auch in dieser Zeit nehmen wir unsere Verantwortung wahr und sichern die Mobilität in unserer Region. Unsere übergeordnete Verantwortung bleibt eine erfolgreiche Verkehrswende!“ Die geringere Nutzung des ÖPNV sei aktuell erforderlich. Das werde sich mit der Zeit aber wieder ändern. „Mit den Lockerungen steigen auch die Fahrgastzahlen.“ Klaus Klar freut sich über einen Vertrauensbeweis der Fahrgäste. „Viele unserer Kunden pausieren ihr Abo, nur sehr wenige haben gekündigt.“ Sein Blick in die nahe Rheinbahn- Zukunft: „Unser Angebot bauen wir noch in diesem Jahr aus. Wegen der Corona-Pandemie setzen wir unsere für April und Juni geplanten Fahrplanwechsel allerdings erst im August um. Dann sind wir abends noch länger unterwegs und fahren samstags noch öfter. Diese Erweiterung ist ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende – mit der Rheinbahn als erste Wahl für Mobilität in und um Düsseldorf.“
Klaus Klar
Im Hotel
Eine gebeutelte Branche findet langsam zurück zur Normalität und muss sich gleichzeitig penibel den neuen Anforderungen anpassen. „In diesem Rahmen ist es selbstverständlich, dass wir unsere bereits sehr hohen Standards weiter verbessern, um ein neues Maß an Sauberkeit in unserem Hotel zu gewährleisten“, sagt Britta Kutz, General Manager im InterContinental Düsseldorf. „Wir arbeiten hier und im ganzen Unternehmen hart daran, dass sich unsere Gäste auf einen sicheren, gesunden und sauberen Aufenthalt verlassen können.“ Zu den jüngsten Maßnahmen gehören die Erweiterung des Programms „IHG Way of Clean“ um neue wissenschaftlich fundierte Protokolle und Servicemaßnahmen sowie die Einführung des „Clean Promise“ ab 1. Juni. „Da unser Hotel in den letzten Wochen für Geschäftsreisende geöffnet war, mussten wir unsere Prozesse schnell an neue Hygiene- und Sicherheitsstandards anpassen und gleichzeitig den hochwertigen Service aufrechterhalten, den unsere Gäste von uns erwarten“, beschreibt die Direktorin. „Daher wissen wir, dass wir durch unsere etablierten Sauberkeitsstandards eine solide Grundlage haben, um mit COVID-19 und allen zusätzlichen Maßnahmen umzugehen, die für die aktuelle Situation erforderlich sind.“ Eines hätten die vergangenen Wochen
auch gezeigt, fügt Britta Kutz hinzu. „Kleine Meetings und Veranstaltungen können wir gemäß den örtlichen Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen sehr erfolgreich ausrichten. Ich bin besonders stolz auf mein großartiges Team, das sich schnell angepasst und erneut bewiesen hat, was wahre Gastfreundschaft unter diesen schwierigen Umständen bedeutet.“
Britta Kutz
Auf der Messe
„Gerade in einer Krisenzeit ist es besonders wichtig, den Unternehmen wieder eine Bühne für ihre Neuheiten, Innovationen und Trends zu bieten“, stellt Wolfram N. Diener klar. Der Geschäftsführer Operatives Messegeschäft hat die nahe Zukunft im Visier: „Mit Blick auf die geplanten Veranstaltungen des zweiten Halbjahres 2020 müssen wir als Messegesellschaft sicherstellen, dass die bereits bestehenden hohen Sicherheits- und Hygienestandards auf dem Düsseldorfer Messegelände laufend an die aktuellen Erkenntnisse angepasst werden. Ein entsprechendes Konzept wird aktuell in Zusammenarbeit mit Behörden, Verbänden und Partnern für alle bevorstehenden Veranstaltungen geplant. Denn die Gesundheit unserer
Kunden, Gäste und Mitarbeiter hat immer oberste Priorität.“ Der Messechef zeigt sich optimistisch. „In Zukunft erwarten wir weiterhin starke Messen mit hoher internationaler Beteiligung und vielen Besuchern. Idealerweise gerade rechtzeitig in einer Phase der konjunkturellen Belebung nach Corona. Persönlich kann ich sagen, dass in solchen Krisenzeiten Zusammenhalt unheimlich wichtig ist. Das gilt im Privaten wie auch im Beruflichen. Es ist schön zu erleben, dass mein Umfeld das genauso sieht.“
Wolfram N. Diener
Am Flughafen
Absolute Stille am Himmel über Düsseldorf und ein verwaister Flughafen: Die Situation während des Lockdowns wirkte surreal. „Der weltweite Einbruch des Luftverkehrs durch die Corona-Pandemie ist beispiellos“, bestätigt Thomas Schnalke, Vorsitzender der Geschäftsführung Flughafen Düsseldorf. „Schon heute zeichnet sich ab, dass die Rückkehr zu einem Luftverkehr in gewohntem Umfang Jahre dauern wird. Flugreisen werden auch künftig für große Teile unserer Gesellschaft ein Stück Normalität sein, und voraussichtlich werden wir nach dem Lockdown sogar Nachholeffekte beobachten. Allerdings ist absehbar, dass eine gewisse Sorge vor der Ansteckung bis zum Zeitpunkt breitflächiger Impfungen fortbestehen wird“, glaubt er. Außerdem habe die Krise bei vielen Menschen zu Vermögens- und Einkommenseinbußen geführt, sodass die Entscheidung für eine touristische Flugreise möglicherweise schwerer fällt. „Gleichzeitig wird die Zahl der Geschäftsreisen voraussichtlich wohl auch mittelfristig nicht auf das Niveau vor der Corona-Krise zurückkehren“, vermutet Thomas Schnalke, sieht aber auch eine Funken Hoffnung: „Im Zuge der Aufhebung von Reisewarnungen und Quarantäne-Regelungen steigt die Zahl der Flugbewegungen nun aber sukzessive an. Wir freuen uns, wenn wir im Sommer endlich wieder ein nennenswertes Passagieraufkommen am Düsseldorfer Airport haben. Oberstes Gebot ist natürlich der Schutz für Reisende und Mitarbeiter vor einer möglichen Ansteckung.“ Der Flughafen Düsseldorf hat frühzeitig ein umfangreiches Maßnahmenpaket entwickelt und sich in enger Abstimmung mit allen Systempartnern bestmöglich vorbereitet. Das allein werde aber nicht genügen. „Der operative Flughafenbetrieb ist naturgemäß nicht auf Abstand ausgerichtet, daher ist das Verantwortungsbewusstsein der Flugreisenden eine ganz wesentliche Voraussetzung für den Gesundheitsschutz im Luftverkehr“, gibt der Flughafen-Chef zu bedenken. „Vor allem dort, wo das Abstandhalten aus räumlichen Gründen nicht möglich ist, wird
also der Mund-Nasen-Schutz auf absehbare Zeit unser neuer Reisebegleiter bleiben – damit alle Passagiere auch weiterhin sicher und gesund an ihr Ziel gelangen.“
Thomas Schnalke
Aus dem Top Magazin Düsseldorf Nr. 02/2020
Veröffentlichung
» 06/2020 - 09/2020
Autor
» Top Magazin
Fotograf
» Andreas Endermann, Michael Lübke, Breuninger, Handwerkskammer Düsseldorf, Pascal Bruns, Andreas Wiese (
2), Agentur für Arbeit, Intercontinental Düsseldorf