„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
Seit die Modemesse Igedo 1949 gegründet wurde, schmückt Düsseldorf der Ruf als Modestadt. Die Landeshauptstadt ist die erste Adresse für alles rund um die Modewirtschaft. International strahlen vor allem die Königsallee und der Kö-Bogen. Der Boulevard zählt zu den meistbesuchten europäischen Luxusstraßen. Dabei sind es nicht nur die großen Namen, die anziehen, sondern auch die kleinen Labels in den Geschäftsvierteln abseits der Kö. Dort haben sich Designer ausgebreitet, um in ihren Ateliers mit viel Liebe zum Detail Mode zu kreieren. Das Top Magazin stellt vier von ihnen vor.
Vor Jahren hat ihr Mann sie zu einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt in China überreden können, nachdem er ihr eine eigene Schneiderin und Strickerin versprochen hat. „Kaum hatte ich meine Kisten in Peking ausgepackt, habe ich sofort mein Label gegründet, eine Schneiderin engagiert und für die Damen der chinesischen Gesellschaft Haute-Couture-Kleider gemacht“, erzählt Ira Walendy. Die gelernte Damenschneiderin und Diplom-Modedesignerin ist ein „alter Hase“ in der Branche. „Anfangs arbeitete ich als Kreative für etliche internationale Marken wie Prada oder Esprit, aber irgendwann machte es wenig Spaß, nur Kollektionen zu erstellen. Ich wollte zeichnen und Kreatives entwerfen“, erinnert sie sich. Mit Strick aus Kaschmir ist sie gestartet, hat sogar das Programmieren von großen Stickmaschinen gelernt. Doch inzwischen konzentriert sie sich auf den Entwurf und mischt am liebsten unterschiedliche Materialien wie Yak, Wolle oder Seide, was eine spannende Optik erzeugt, wie sie sagt. In einem historischen Gebäude an der Cecilienallee mit Blick auf den Rhein hat die Mutter von zwei erwachsenen Kindern Werkstatt und
Showroom eingerichtet. Im Atelier lagern die Stoffballen, Muster und Garne, Zeichnungen und Moodboards, dort stehen Zuschneidetisch, Nähmaschinen, an denen die Musterkollektion hergestellt wird, und ihr „Schmuckstück“, eine eigene, mehrere tausend Euro teure Stickmaschine. „Die habe ich mir schon lange gewünscht – so wie andere von einem Ferrari träumen. Meine Mutter hat sie mir dann geschenkt.“ Während sie die Kollektion in Größen von 34 bis 44 in Deutschland herstellen lässt, wird die Maßkollektion in Düsseldorf gefertigt oder in China. „Dort
habe ich eine Firma, die perfekte Qualität liefert.“ Und woher kommen die Stoffe? „Meist aus Italien und Frankreich, die bunten Ripsbänder und Borten bestelle ich in einem Textilbetrieb in Wuppertal.“ Immer öfter achtet sie auf nachhaltig hergestellte Ware, ordert nur solche, bei denen beispielsweise Wasserverbrauch und Färbeprozesse den Anforderungen entsprechen. Vor Jahren hat Ira Walendy damit begonnen, ihre Mode selbst zu vermarkten.
Das bedeutet: die Kundinnen kommen in den Showroom, probieren an, suchen sich Bestimmtes aus, das Teil wird in der richtigen Größe und bevorzugten Farbe bestellt und kann in ein paar Wochen abgeholt werden. Die Modemacherin liebt den direkten Kontakt zum Endverbraucher. Dabei schwankt das Alter ihrer Kundschaft zwischen 18 („meine Tochter leiht sich ständig meine Sachen aus“) und über 80. Lässig unangestrengt, aber trotzdem elegant – so beschreibt sie ihren Stil. Extravagant
hingegen sind die aufwendigen Stickereien – dabei hat die Düsseldorferin ein Faible für Insekten- und Palmenmotive.
„Wer die Modestadt Düsseldorf verstehen möchte, kommt an den lokalen Manufakturen nicht vorbei“, erklärt Marion Strehlow, eine der erfolgreichsten Designerinnen in der Landeshauptstadt mit eigener Marke. In ihrem Atelier in Oberbilk, das zugleich Wohnung und Showroom ist, lebt sie inmitten ihrer Entwürfe und ihre Kreationen leben mit ihr. Wollte sie eigentlich schon immer Modedesignerin werden? Sie lacht und erzählt, dass sie als Mädchen bereits angefangen hat, viel für sich selbst zu nähen, weil ihr die von den Eltern gekauften Sachen nicht gefielen.
Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Damenschneiderin, lernte das Handwerk von der Pike auf und studierte schließlich an der Modeschule Eller. Aus Marion Strehlow – geboren in Mönchengladbach und aufgewachsen in einem Dorf am Niederrhein – wurde eine Designerin mit eigenem Store, erst in Düsseldorf-Friedrichstadt und dann in Unterbilk. Aber auf lange Sicht war es nicht ihr Ding, zu bestimmten Zeiten den Laden zu öffnen, nicht gehen zu können, wann man möchte. Von Beginn an arbeitet sie am liebsten allein – von der Idee über den
Entwurf, klassisch mit Blatt und Stift, vom Schnitt bis zur Knopfleiste und der Anprobe macht sie alles selbst. Mit jeder Kollektion erfindet sich Marion Strehlow neu und alles, was sie herstellt,
zieht sie auch selber an. Puristisches Design, hochwertige Materialien, raffinierte Schnitte und zeitlose Eleganz – das ist ihre Handschrift.
Seit Jahren fest verwurzelt in Düsseldorf, geht die Modemacherin gern ihren eigenen Weg. Das bedeutet auch, dass sie Mode mittlerweile ausschließlich im eigenen Atelier verkauft. „Social Media ist mein Freund“, sagt sie. Auf Instagram postet sie Bilder von ihren Modellen und sofort kommen die Anfragen nach Verkaufsterminen. Wer etwas kaufen will, muss ins Atelier kommen, einen Onlineshop gibt es nicht. „Ich möchte verhindern, dass Menschen wie verrückt bestellen und dann alles wieder zurückschicken“, erklärt Strehlow. Mode ist für sie etwas Besonderes und nichts, was auf die Schnelle konsumiert werden sollte. Nachhaltigkeit statt Fast Fashion – das ist ihr Ding. Genauso wie Joggen im Volksgarten („ist eine der schönsten Ecken in Düsseldorf“) und Radfahren. „Ich bin eine überzeugte Radfahrerin und erledige alles mit dem Rad.“ Neben Sport, der ultimativen Entspannung, ist Marion Strehlow ein Fan von Elektro-Musik und der Düsseldorfer Musikszene. Wenn eine ihrer Lieblingsbands Kreidler, BAR oder Sølyst spielen, ist sie meist dabei.
Begonnen hat alles am Theater, wo Tina Miyake als Bühnen- und Kostümbildnerin gearbeitet hat, bevor sie schließlich Designerin wurde. Und um ihre eigenen Ideen und ihre Kreativität
verwirklichen zu können, hat sie vor 16 Jahren ihr eigenes Label unter ihrem Namen gegründet und sich auf Strick und auf Kimonos fokussiert. Denn als Tochter eines Japaners und einer Deutschen verbindet sie so beide kulturellen Wurzeln auf asiatisch-rheinische Weise. Dort, wo die in Südkorea geborene Asiatin Showroom und Atelier betreibt, hatte einst eine Drogerie ihr Ladenlokal. Das Firmenschild im altmodischen Schriftzug über der Fensterfront an der Ackerstraße erinnert bis heute daran. Das gefällt der kreativen Düsseldorferin, die seit vielen Jahren einzigartige Kleidung entwirft: „Für meine Kollektionen kaufe ich gebrauchte Kimonos und verarbeite diese mit neuen Materialien zu Kleidern.“ Auch wenn das Wiederverwenden von gebrauchten Kleidern in Japan sehr unüblich ist, geht sie den Weg des Recyclings und sagt: „Ich möchte mit meiner Mode auch einen Beitrag für die Umwelt leisten.“ Kaufzurückhaltung? Steigender Online- Handel? Umsatzeinbußen? Anziehsachen, die wie Blei in den Regalen liegen? Von der allgemeinen Krise in der Modebranche lässt sich Tina Miyake nicht aus dem Tritt bringen. Sie stellt handgefertigte Strickwaren aus Merinowolle oder Baumwolle her und kombiniert sie mit original aus Japan stammenden Kimonostoffen. Letztere sind aus kostbaren Materialien, die in Japan aber für kleines Geld zu haben sind. „Wenn ein Fleck drauf ist, dann wollen die Japaner das nicht mehr, sie denken, da ist jetzt ein böser Geist drin“, erklärt sie. Der feine Stoff kann sich bei ihr dann allerdings in ein Traumkleid verwandeln.
Miyakes Kreationen sind oft mehr Objekte und stets Unikate, die im Atelier in Flingern entworfen und gefertigt werden. Der Umgang mit Mode – Wegwerfmentalität, eine zunehmende Versandflut und Retourenverbrennung, aber vor allem die Produktionsmethoden auf Kosten von Natur und Umwelt – haben die Branche in die Kritik gebracht. Tina Miyake arbeitet anders – nachhaltig, und zwar lange bevor Fridays-for-Future- Aktivisten auf der ganzen Welt die Nachhaltigkeits-Offensive wegen des Klimawandels vorantrieben. So achtet die kunstaffine Modemacherin beispielsweise bei ihrem Lieferanten für Merinowolle auf tiergerechte Haltung. „Das Material aus dieser kleinen Manufaktur ist zwar teurer im Einkauf, aber es überzeugt mich auch wegen der Qualität und tierfreundlichen Herstellung“, betont Miyake. Sie verwendet übrigens ausschließlich Naturfasern ohne synthetische Beimischungen. Selbst Reste, die beim Schnitt anfallen, werden wiederverwertet und Pullis auch schon mal aufgeribbelt und neu gestrickt.