Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Mit dem Düsseldorfer Prinzenpaar Axel Both und Jula Falkenburg sind zwei waschechte Rheinländer am Start. Beide freuen sich darauf, den Karneval einmal aus einer ganz anderen Perspektive genießen zu können.
Für Axel Both war es der dritte, für Jula Falkenburg der zweite Anlauf. Dann wurden sie als neues Prinzenpaar von Düsseldorf ausgerufen – und sind jetzt voll gespannter Erwartung, was die Session für sie bringen wird. Das Leitmotiv „Spaß an der Freud“ verbinde Jung und Alt, erklärt die künftige Venetia. „Wir beide sind das beste Beispiel und die beste Klammer dafür, weil wir aus zwei Generationen stammen.“ In diesem Sinne wollen sie der Stadt und dem närrischen Volk ihren persönlichen Stempel aufdrücken. Die Brücke schlagen sie auch bei ihren Sammelaktionen für wohltätige Zwecke. Bedacht werden das „Regenbogenland“ als Zufluchtsort für unheilbar kranke Kinder sowie die Stiftung „Herzwerk“ der Schauspielerin Jenny Jürgens, die sich um bedürftige Senioren kümmert. Weitere Spenden sind für die „Singpause“ von Manfred Hill und traditionell für die CC-Jugend bestimmt.
Erneut sind 2019/2020 zwei waschechte Rheinländer am Start, beide seit Kindesbeinen mit dem Karneval vertraut. Der Düsseldorfer Axel Both (57) verfolgte den Zug jeden Rosenmontag mit seinem Vater in der Bolker Straße, meist verkleidet als Cowboy oder Pirat. Sein Traum, einmal Prinz zu sein, wurde konkret, nachdem er zum ersten Mal als Mitglied der Prinzengarde auf einem Wagen mitgefahren war. „Da bekommst du den finalen Kick“, schwärmt er. „Diese Atmosphäre ist einfach unglaublich. Wenn es durch die enge Berger Straße geht, können einen die Leute, die dort an den Fenstern stehen, fast anfassen.“ Unvergessen sind auch die Eindrücke beim Abbiegen vom Breidenbacher Hof nach rechts in die Königsallee: „Sie krümmt sich ja ein bisschen nach unten, und du stehst weit oben. Da guckst du dann auf eine Kulisse mit 200.000 Leuten, das ist schon irre.“
Jula Falkenburg (25), aufgewachsen in Haan, kennt dieses Hochgefühl genau. Sie gehört seit vier Jahren dem Amazonencorps an, ist inzwischen dessen stellvertretende Vorsitzende. „Als einziges Damenreitercorps der Stadt haben wir unseren eigenen Wagen. Es laufen auch Pferde mit.“ Schon früher war sie bei vielen Rosenmontagszügen dabei. „Das Highlight des Jahres. Ich habe die Venetien immer genau beobachtet“, erinnert sie sich. „Irgendwann nistete sich der Wunsch ein, einmal selbst Venetia sein zu dürfen.“ Dazu ermuntert wurde sie von Axel Both, der beim „Modetee“ der Amazonen quasi auf „Brautschau“ ging und ihr die Bewerbung vorschlug. „Ich war dann schon ein wenig enttäuscht, als es voriges Jahr nicht klappte“, gibt sie zu. „Umso schöner, dass es 2019 eine neue Anfrage gab.“
Da hatte Axel Both das Prinzen-Kapitel eigentlich schon abgeschlossen. „Der Kaffee war durch“, sagt er und lacht. Dann traten sie doch noch einmal an und sind glücklich mit ihrer Entscheidung. Als erste Hürde erwies sich unversehens das Datum der offiziellen Vorstellung des Prinzenpaares, der 3. Juli. An diesem Tag wollte der Unternehmer aus der Daten-Branche auf Sylt seinen Geburtstag feiern und musste die Party abblasen. Zum Unmut seiner Gäste, denen er nichts verraten durfte. Er verlegte das Fest dann kurzerhand vor, was erst keiner kapierte. Als der Grund durchsickerte, war der Jubel groß. Prinz und Venetia kennen sich schon lange. Axel Both konnte zusehen, wie das Mädchen aufwuchs, Julas Vater ist einer seiner besten Freunde. Alle drei teilen auch ein gemeinsames Hobby, die Jagd. Axel Both übt seine Passion seit jungen Jahren aus, die Begeisterung bei Jula Frankenburg wurde durch ihren Vater geweckt, als sie noch klein war. „Ich bin da immer rumgewuselt und automatisch reingewachsen, genau wie in den Karneval“, sagt sie. „Meinen Jagdschein habe ich aber erst vor drei Jahren gemacht.“
Sitzt man dem Prinzenpaar gegenüber, wird eines sehr schnell klar: Beide können munter drauflos reden, eine der wichtigsten Qualitäten in diesem Amt. „Vorträge habe ich schon häufig gehalten, aber es ist eine andere Nummer, das in einem vollbesetzten riesigen Saal zu tun“, sagt Axel Both. Jula Falkenburg stimmt ihm zu. Die Präsentationen, die ihr als Marketing- und Projektmanagerin einer Bank geläufig sind, können da nicht mithalten. Für den Feinschliff ihrer Rhetorik und den perfekten Auftritt bekommen sie wie alle Prinzenpaare einen Coach zur Seite gestellt.
Sie wissen, dass für sie nach der feierlichen Kürung im November ein komplett anderes Leben beginnt. Wo immer sie auftauchen, stehen sie im Mittelpunkt und werden gefeiert. Zweifellos werden sie sich darin sonnen können, aber auch die Kehrseite des befristeten Ruhms erfahren. Das stramme Programm von Prinz und Venetia ist von morgens bis abends durchgetaktet, nicht selten haben sie 20 Auftritte am Tag zu absolvieren. Über viele Wochen werden sie fremdbestimmt sein und ihre Lebenspartner kaum sehen. „Sie unterstützen uns natürlich nach Kräften“, versichert Axel Both, „anders geht es auch nicht. Aber genau wie wir werden sie die Chance genießen, den Karneval einmal aus einer ganz anderen Perspektive zu erleben.“
Für die Zeit nach der Session hat sich Jula Falkenburg schon etwas vorgenommen. Sie will das Projekt „Junior Amazonen“ angehen, wohl wissend, dass es um den närrischen Nachwuchs selbst in der Hochburg Düsseldorf nicht sonderlich gut bestellt ist. „Die Verpflichtung, die der Karneval mit sich bringt, schreckt manche ab. Das will ich ändern und in lockerer Atmosphäre, etwa bei einem Stammtisch, für diesen schönen Brauch werben.“ Bei jeder Venetia wartet man gespannt auf ihre Kleider. Jula Falkenburg hat sich mit vier Roben dem Düsseldorfer Designer Philippe Carouge anvertraut. „Hinzu kommen zwei Röcke und zwei Oberteile, die ich gut kombinieren kann, das hat mir eine frühere Venetia geraten“, erzählt sie. Um das Styling von Frisuren und Make-up kümmert sich Elke Pflips vom „Brautsalon“. Und der Prinz, schon an die Strumpfhosen gewöhnt? „Sie erinnerten mich an meine Kindheit. Ich kam mir vor wie ein Fünfjähriger“, sagt Axel Both. „Damals kratzten die Dinger, heute nicht mehr. Aber sie haben Hosenträger, das war ungewohnt. Noch schlimmer fand ich allerdings meine Lackpumps, obwohl ich die flachsten Absätze genommen habe.“