„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
Der Vorstandsvorsitzende Thomas Röttgermann über seine Fußball-Verbundenheit und das Geheimnis des „Wir-Gefühls“ in der neuen Saison.
Um dieses beeindruckende Panorama beneiden ihn bestimmt viele Fortuna-Fans: Von seinem Schreibtisch blickt Thomas Röttgermann direkt in das weite Rund des Stadions. Auf die bunten Sitze, den grünen Rasen, die Tore. Selbst ohne Spieler und Zuschauer muss die Aussicht bei einem Menschen, der sich für Fußball begeistert, Emotionen wecken. „Eine tolle Kulisse“, bestätigt der neue Vorstandsvorsitzende von Fortuna Düsseldorf. „Daran erfreue ich mich jeden Tag.“ Im April 2019 trat Thomas Röttgermann sein Amt und damit die Nachfolge von Robert Schäfer an. Als der Job sehr plötzlich vakant war und man ihn fragte, habe er nicht lange gezögert. „Mir war schnell klar, dass diese Aufgabe genau das einschließt, was ich spannend finde. Für mich ist es seit jeher ein Vergnügen, in meinem Lieblingssport zu arbeiten.“
Der Fußball begleitet ihn schon das ganze Berufsleben. Direkt nach seinem Studium der Publizistik, Politik und Soziologie in Münster begann 1988 die Karriere des gebürtigen Westfalen als Marketing-Manager bei Preußen Münster. Die gleiche Funktion übte er bis Ende 1997 bei Borussia Mönchengladbach aus. Von dort wechselte er zum international operierenden Sportrechtehändler Sportfive (früher UFA-Sport), wo er bis 2010 Geschäftsführer und Vorstandsmitglied war. Danach übernahm er die Geschäftsführung beim VfL Wolfsburg. Ein noch breiteres Spektrum an Aufgaben erwartet ihn nun in Düsseldorf. „Die Fortuna war für mich immer ein besonderer Verein, vor allem, was den Zusammenhalt und die Identifikation mit der Stadt betrifft“, sagt er. In die neue Saison gehe er „voller gespannter Erwartungen“. Große Töne schlägt Thomas Röttgermann aber nicht an, ganz im Gegenteil. „Man weiß ja nie, ob sich das zu 100 Prozent erfüllt, was man sich vorgenommen hat“, schränkt er ein und zieht einen Vergleich mit der vorigen Saison. „Sie entwickelte sich bekanntermaßen weitaus besser als erhofft. Stellt man sich den realistischen Verlauf einer Rückkehr in die Bundesliga vor, war sie geradezu außergewöhnlich.“
Allzu hochfliegende Hoffnungen der Fans will er deshalb lieber etwas dämpfen: „Den erreichten zehnten Platz zu wiederholen, kann gar nicht unser Ziel sein. Es kommt im Grunde nur darauf an, keinesfalls abzusteigen und am Ende oberhalb des 16. Platzes zu landen.“ Ihm ist sehr wohl bewusst, dass die Bescheidenheit dieser Aussage für Düsseldorfer Gepflogenheiten eher untypisch ist. Von ungefähr kommt sie jedoch nicht. „Bei nüchterner Betrachtung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehört die Fortuna eher zu den benachteiligten Clubs“, sagt Thomas Röttgermann. „Wir haben lange nicht in der Bundesliga gespielt und weniger Geld zur Verfügung als andere Vereine. Also können wir auch nicht so viel ausgeben.“ Die engen Grenzen, die hier gesetzt sind, dürften sich so schnell nicht verändern, glaubt er. „Es wird sich bessern, aber es dauert seine Zeit, die Nachteile auszugleichen.“ Das betrifft auch das Engagement der Sponsoren, bei denen das Unternehmen Henkel und die Stadtwerke Düsseldorf in vorderster Front stehen. „Wir sind stolz auf unsere Partnerschaften“, betont der Vorstandsvorsitzende. „Dennoch nehmen wir insgesamt nicht genügend Geld ein. Das liegt zum Teil auch daran, dass die Fortuna in der Vergangenheit kein richtig verlässlicher Partner war.“
„Es geht immer um den Verein. Ich bin bloß derjenige, der die Fortuna anfassbar macht“
Von der Substanz der gegenwärtigen Mannschaft ist Thomas Röttgermann jedoch überzeugt. Daher überwiegt beim Blick auf die nächste Saison dann doch sein Optimismus. „Wir mussten zwar einige schmerzliche Abgänge und Verletzungen verkraften, die galt es zu kompensieren. Unsere Neuzugänge geben aber viel Anlass zur Hoffnung, dass wir mit diesem Kader unsere sportlichen Ziele auch erreichen können.“ Ihm obliege es nun, die bestehenden Rahmenbedingungen weiter zu verbessern und den Verein für die Zukunft zu stabilisieren. Ganz oft sagt der 58-jährige „uns“ und „wir“. Offenbar hat er die Fortuna-DNA schon nach kurzer Zeit verinnerlicht. „Das bleibt nicht aus, wenn man so tief in das Innenleben des Vereins eintaucht“, sagt er und lächelt. „Bei Fortuna fiel mir das doppelt leicht. Ich wohne ja seit langem in Neuss, war oft im Düsseldorfer Stadion und schon immer ein Bewunderer dieses traditionsreichen Vereins, der seine Wurzeln am Flinger Broich hat und auch behalten wird.“ Die legendäre DNA sei sogar schriftlich formuliert und festgehalten, fügt er hinzu. „Was aber wirklich dahintersteckt, das kann man nicht nachlesen, das muss man erspüren.“
Wie hat er das angestellt? „Indem ich viel mit den Menschen rede“, antwortet er. „Ich bin häufig in der Stadt unterwegs und besuche zahlreiche Veranstaltungen, bei denen es natürlich auch zum Austausch über die Fortuna kommt. Wo immer ich öffentlich auftrete, wird mir klar, welche Bedeutung der Verein für die Düsseldorfer hat. Bei einem solch engen Schulterschluss spielt auch eine große Heimatverbundenheit mit.“ Die Fortuna sei auch ein Lebensgefühl, glaubt er. „Man ist gern in diesem Umfeld und trifft sich auch außerhalb davon. Dass der Fußball eine derart starke Klammer bildet, kenne ich nicht von vielen Clubs. Für manche bedeutet die Woche ja nur eine unschöne Unterbrechung zwischen zwei Fußballspielen.“
Und wie gut er die Fans verstehen kann! Auch bei ihm begann die Liebe zum Fußball früh. „Schon mit zehn Jahren stand ich in der Fankurve von Preußen Münster und habe mein Idole bewundert“, erzählt er. „Als es dann um die Chance ging, in diesem Bereich zu arbeiten – wie hätte ich da Nein sagen können?“ Er selber hätte als Junge nur ein bisschen gekickt, zu einem guten Fußballer hätte seine Begabung nicht gereicht. Aber Volleyball hat Thomas Röttgermann früher gern gespielt. „Auf keinen Fall wollte ich Einzelkämpfer sein, mich reizte immer nur der Mannschaftssport“, sagt er. „Wer einen solchen Wettkampf betreibt, der möchte auch gewinnen. Dazu gehören ein ausgeprägter Wille und die Bereitschaft, gute Leistungen zu erbringen.“ In Düsseldorf hat er dieses positive Leistungsklima ausgemacht. „Das viel beschworene Wir-Gefühl muss man gar nicht erst erzeugen, es ist bereits da. Ich selber trachte danach, ein Bestandteil davon zu sein.“ Obwohl er jetzt oft im Mittelpunkt steht, stapelt der Vorstandsvorsitzende bei der Einschätzung seiner eigenen Person tief: „Es geht dabei doch nicht um mich, sondern immer um den Verein. Ich bin nur der, der die Fortuna anfassbar macht. Etwas, was ich wirklich gern tue.“