Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Sehen, riechen, schmecken - die Vielfalt der Weine ist groß. Und wer gerne Wein trinkt, will auch wissen, woran er gute Qualität erkennt oder welches Glas sich für welche Weinsorte am besten eignet.
Farbe, Nase, Aromen: In Weinseminaren erfahren Anfänger Wissenswertes über Rebsorten und Anbaugebiete und wie Weine richtig verkostet werden. Fortgeschrittene haben Gelegenheit, ihr Wissen zu vertiefen, lernen Geheimtipps kennen und mehr über neue Trends. Fest steht: Je mehr man über Wein weiß, desto größer ist der Genuss. Das Angebot an Veranstaltungen für Weinneulinge, Weinkenner und Weinprofis boomt. Eine, die in ihrer Weinhandlung und -schule an der Hohe Straße – wenige Schritte vom Carlsplatz entfernt – neben Champagneroder
Basisseminaren für jedermann auch spezielle Abende nur für Frauen anbietet, ist Birgit Felzmann. Die Düsseldorferin ist nicht nur eine ausgewiesene Weinkennerin, die sich seit mehr als 25 Jahren in der Weinwelt bewegt. Sie hat auch eine der renommiertesten Weinausbildungen des britischen Wine and Spirit Education Trust (WSET) absolviert und darf sich seit 2018 nach bestandener Diplom arbeit zum Thema „CRISPR/Cas9 – Chancen und Risiken der neuen Genschere für den Weinbau in Deutschland“ an der Wein akademie in Österreich auch Weinakademikerin nennen. Warum macht sie Abende exklusiv für weibliche Weinliebhaber? „Weil in Restaurants noch immer vorwiegend die Männer die Weinkarte bekommen“, erklärt sie lachend. Frauen seien allzu oft verunsichert und selbst auch der Meinung, dass Männer sich besser auskennen. Mit Vorurteilen, wonach Frauen nur Rosé oder keine schweren Roten trinken, will Felzmann aufräumen. Und weil sie eine der wenigen weiblichen Besitzerinnen einer Weinschule ist, vermittelt sie ihr Wissen gern von Frau zu Frau. Sie hat zudem die Erfahrung gemacht, dass Männer mit Vorliebe auf Vertrautes bauen und Markenweine kaufen – nach dem Motto, wenn Gäste zu Besuch sind, kommt ein ordentlicher Tropfen, den jeder kennt, auf den Tisch. Frauen seien da unbefangener, offener für Neues und „sie lassen sich vom Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugen“.
In den mehrstündigen Seminaren geht es um Trauben und Aromen wie Rauch und Leder, um Säure und Restzucker, um Fragen wie: „Was ist eine Länge, was ein Abgang und wie entstehen Qualitätsunterschiede?“ Und da ist Birgit Felzmann in ihrem Element, denn sie entdeckt mit Vorliebe kleine Weinbaubetriebe – eben andere als die üblichen. „Ich erfinde die Weinwelt nicht neu, doch der Name meines Ladens ,anderweinig‘ ist Konzept“, betont die Expertin. Deshalb verkostet sie selbst auch stets blind, um dann beim Einkauf frei von Marken und Namen die Qualität und den Preis zu beurteilen. Qualität ist auch das Stichwort für Klaus Wählen. Seit einem Vierteljahrhundert ist er im Geschäft rund um den Wein tätig, er war in der Verkostungs-Jury von Markus Del Monego, und das Magazin „Falstaff“ hat ihn 2018 als Sommelier des Jahres nominiert. „Die Weinschmecker“ heißt sein Geschäft, das er erfolgreich in Oberkassel betreibt. Weil die Nachfrage so groß ist, veranstaltet er mindestens zehnmal im Jahr samstags ab 16 Uhr (pro Person 49 Euro) einen Weinstammtisch. Dann wird zum Beispiel das weite Feld „Europa und seine Roten“ beackert oder es geht um die Vielfalt der Weißen. Naturweine und Orange Wine sind Wählens Steckenpferde. „Damit haben wir eine Nische besetzt“, sagt der Profi. Denn insbesondere Orange ist einer der neuesten Trends auf dem Weinmarkt, doch nicht unumstritten unter Sommeliers und Weintrinkern. „Orange Wine heißt dieser Wein wegen seiner Farbe. Dabei handelt es sich um Weine aus weißen Trauben, die aber beim Keltern behandelt werden wie rote Trauben. Sprich: Sie werden maische-vergoren.“
Viel Wert legt Klaus Wählen darauf, dass die Weinfreunde lernen, was Qualität bedeutet. „Sie zu schmecken, zu riechen – ist relativ einfach. Wir haben es getestet und die gleiche Rebsorte, den gleichen Jahrgang blind verkosten lassen. Und jeder, auch der ohne viel Ahnung, merkt den Unterschied zwischen einem Wein, der pro Flasche fünf Euro kostet und dem, der für 15 Euro angeboten wird.“ In einem gut gemachten Wein steckt eben jede Menge Arbeit. Das fängt im Weinberg mit viel Handarbeit und Pflegeaufwand an, was neben höheren Personalkosten gesündere Trauben bedeutet, aber auch geringere Erträge. Übrigens betreibt Klaus Wählen zusammen mit Dorina Sill auch den „Eiskeller“ in einem alten Backsteingewölbe, der an Weinkeller auf alten Winzerhöfen erinnert. Das Holz für die rustikalen Tische stammt vom Boden alter Güterwaggons. Diese besondere Mischung und die Weinkarte mit 250 Positionen brachten den Chefs die Falstaff-Auszeichnung als „beste klassische Weinbar“ in Deutschland ein. Weine von der Stange sucht man bei Thomas Nies vergebens. Dafür ist das kleine Souterrain in Oberkassel vollgestopft mit 300 Top-Weinen aus aller Welt. Seit mehr als 20 Jahren ist er unterwegs in Sachen „Wein & Mehr“, so lautet auch der Name seines Fachgeschäfts. Neben dem Angebot an ausgesuchten Tropfen aus der ganzen Welt begeistert Thomas Nies mit „Vinotainment“. Meist sind es Paare, die sich bei ihm anmelden. In kleinen Gruppen gehen sie auf spannende Reisen, erfahren mehr über Rebsorten, Anbaugebiete, Jahrgänge und Ausbaustile. Von den klassischen Veranstaltungen für Neueinsteiger unter den Weingenießern, bei denen grundlegendes Rüstzeug vermittelt wird, bis zur Verkostung unter dem Motto „Europas Rotwein-Klassikern“ legt Nies Wert auf eine große Bandbreite. Zweimal im Jahr erarbeitet er ein Programm, das per „Flaschenpost“, alias Newsletter, verschickt wird. Die Preise pro Abend und pro Person variieren zwischen 49 und 149 Euro.
Beispielsweise steht bei der dreistündigen kulinarischen Reise durch Südafrika die Kap-Provinz im Mittelpunkt. Eine feine Auswahl charaktervoller Weine wird begleitet von landestypischen Speisen in einem mehrgängigen Menü. Bei der „Piazza Italia“ verwandelt sich das Weingeschäft in eine bunte Tafel mit köstlichen Leckereien, aufgetischt von einem italienischen Restaurant – der Ausflug in die italienischen Weinregionen nimmt seinen Lauf. Von Antipasti über Pasta und Dolci, von Prosecco über Bianco und Rosso bis hin zum Grappa wird südländische Lebensart genossen. Wer das Seminar „Käse & Wein – Klassische Kombi nationen“ bucht, bekommt zu ausgesuchtem Käse abgestimmte Weine und erfährt jede Menge über diese Verbindung. Einer der Höhepunkte im ersten Halbjahr 2019 „Die glorreichen Sieben. Weißwein-Giganten aus Europa“. Thomas Nies hält dann die berühmtesten Tropfen aus Frankreich, Deutschland und Österreich bereit, und das Werk von sieben Weltklasse-Winzern bereitet ein unvergessliches Trinkvergnügen.