Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Einkaufen als Erlebnis – davon versteht man in Düsseldorf viel.
Attraktiv und spannend sein, damit Menschen angelockt und zum Verweilen angeregt werden: Mit dieser Erfolgsformel liebäugeln Geschäfte und Einkaufscenter in Stadt und Land. Denn je länger die Kunden bleiben, umso mehr Geld geben sie auch aus. In Zeiten, wo der boomende Online-Handel viele Läden verdrängt oder ihnen zumindest das Überleben schwer macht, sind kreative Ideen mehr denn je gefragt. „Wer das als Händler nicht erkennt, hat schon verloren“, mahnt Zukunftsforscher Prof. Peter Wippermann vom Trendbüro Hamburg. Er glaubt an eine immer stärkere Bedeutung des „Erlebnis-Shoppings“, bei dem Läden zu geselligen Treffpunkten werden – vorausgesetzt, sie können mit einem hohen Entertainment-Faktor punkten. Es mag paradox anmuten, dass ausgerechnet Internetkäufe und Bestellungen über Lieferdienste diese Entwicklung beschleunigen können. Für den Zukunftsforscher ist das jedoch nur logisch. „Dinge für den alltäglichen und regelmäßigen Bedarf beschaffen wir uns automatisiert und sparen uns den Weg in den Supermarkt. Dafür nimmt das Bedürfnis zu, sich in einer reizvollen Umgebung mit Freunden zu verabreden. Sehen und gesehen werden und sich dabei gut unterhalten, darauf kommt es an.“ Unsere Stadt hätte nicht ihren glorreichen Ruf als Mode- und Einkaufsparadies, würde sie mit diesem Anspruch nicht Schritt halten.
Wenn Düsseldorf-Besucher und Touristen auf die Kö strömen, landen sie mit Sicherheit früher oder später im Sevens. „Im exklusiven Umfeld der Kö spielen die Themen Aufenthalts-Qualität und Wohlgefühl eine besonders wichtige Rolle“, sagt Center-Manager Lars Sammann. „Wir versuchen ihnen auf unterschiedliche Weise gerecht zu werden. Einen ganz wesentlichen Erfolgsfaktor besitzen wir zum Glück von vornherein – unsere Lage an einer der längsten und luxuriösesten deutschen Shopping-Meilen.“ Das Sevens-Sortiment ist allerdings nicht nur im Luxusbereich angesiedelt. „Wir bedienen überwiegend das höhere Premium-Segment“, sagt der Betriebswirt. Nicht zu vergessen den Elektronikriesen Saturn, der im Sevens eine seiner größten Filialen betreibt. „Und da wird alles gekauft, von den Batterien bis zum teuren Flatscreen.“ Allerdings ist der Saturn-Kunde in der Regel nicht der typische Kö-Gänger. Einen gemeinsamen Nenner gibt es aber doch: die elf Gastronomien im Center. „Vom wunderbaren klassischen Café bis zu Lokalen mit türkischen, italienischen, indischen, mexikanischen, chinesischen und vietnamesischen Spezialitäten, Sushi und Bowls ist alles dabei“, listet Lars Sammann auf. „Aber nicht in einer großen Food Hall, in der man sich verliert, sondern mit individuellen Konzepten, hinter denen die Inhaber persönlich stehen.“ Das beliebte Food-Festival an jedem ersten Donnerstag im Monat war eine perfekte kulinarische Visitenkarte. Im Winter wurde pausiert, jetzt soll es mit frischen Ideen weitergehen. Auch die im Herbst begonnene Konzertreihe „Kö goes live“ wird bald fortgesetzt. „Kunst und Musik in schöner Atmosphäre stehen dem Center gut zu Gesicht“, betont der Manager. „Wir laden dazu nicht nur VIP-Gäste ein. Auch hier gilt – die Mischung muss stimmen.“ Klopft er die Pluspunkte im Sevens ab, erwähnt er freimütig und nicht ohne Stolz die modernen und kostenlosen Kundentoiletten. „Alle komplett renoviert und auf dem neuesten Stand der Technik. Auch dadurch zeichnet sich ein Einkaufscenter aus. Bei uns endet das Wohlgefühl nicht vor dem stillen Örtchen. Das darf man ruhig mal aussprechen.“
Als neue Variante der Präsentation schießen Pop-up-Stores überall wie Pilze aus dem Boden. Geschäfte, die nur für kurze Zeit eröffnet werden und dadurch das Begehren steigern. Emsige Shopper beeilen sich, weil sie fürchten, etwas zu verpassen. Das junge Düsseldorfer Unternehmen Brickspaces hat das Pop-up-Konzept zum Geschäftsmodell gemacht und mittlerweile rund 1500 Flächen im Portfolio, in Deutschland, Österreich, Holland und der Schweiz. Mit einer Vorlaufzeit von zumindest einigen Wochen werden Locations gebucht und nach Kundenwünschen umgestaltet. Den Impuls gab die Mode vor, Trendsetter war der japanische Textilgigant Uniqlo. „Das Bild hat sich etwas gewandelt, die Mieter kommen heute eher aus den Bereichen Automobile, Elektronik und Konsumgüter“, sagt Johannes Hauswald, mit erst 23 Jahren einer der drei Geschäftsführer von Brickspaces. Vermieter können dem Konzept viel abgewinnen, weil ihre sonst vielleicht unbelebten Flächen gewinnbringend genutzt werden. Bei den Mietern aber wolle man keine falschen Hoffnungen wecken, fügt er hinzu. „Geld verdient man damit meist nicht viel. Als begehrtes Marketing-Instrument erfüllt ein Pop-up-Store aber in der Regel seinen Zweck. Viele Unternehmen stellen fest, dass sich dieses Konzept langfristig und nachhaltig auswirkt.“ Extrem aufregende Lagen seien umsatzstarke Straßen wie die Schildergasse in Köln, bei uns die Kö und vor allem die Schadowstraße. „Da laufen unfassbar viele Leute vorbei“, sagt er. Als eigenes Pilotprojekt eröffnete Brickspaces vor Weihnachten 2018 einen Pop-up-Store im Kö-Bogen und stellte dort einen Monat lang 22 Brands aus. Mit so großem Erfolg, dass in diesem Juni auf der Schadowstraße eine dreimonatige Neuauflage folgt – auf 1.000 Quadratmetern Fläche und mit „Casual Luxury“-Waren von Mode bis Hardware.
Ein Zitat von Daniel Libeskind bringt es auf den Punkt: „Düsseldorf ist eine der großartigsten Städte der Welt, darum wollte ich hier etwas Positives machen.“ Also schuf der weltberühmte Architekt den Kö-Bogen. Rund um das spektakuläre Aushängeschild am oberen Ende der Kö, dem Verbindungsglied zum Hofgarten, entstand eine neue Art von urbanem Leben. Mit Wasserläufen, Treppenstufen zum Sonnen und zahlreichen Vergnügungen wie dem Open-Air-Magneten „Tanz am Kö-Bogen“, der die bewegungsfreudigen Düsseldorfer jeden Sommer in Scharen anzieht. Diese zauberhafte Atmosphäre muss man einfach mal erlebt haben. Im Zentrum der viel bestaunten Architektur liegt der noble Conceptstore Breuninger, drumherum haben sich zahlreiche weitere Geschäfte etabliert. Zufällig ergeben hat sich dieser Mix nicht, wie Andreas Stolz, Head of Asset Management des Projektentwicklers Art-Invest, erklärt:„Nach Daniel Libeskinds Philosophie wurde von Anfang an der Einkauf mit Events verquickt. Er wollte nicht nur die Flächen in den Gebäuden attraktiv bestücken. Der Kö-Bogen selbst sollte als Stadtmittelpunkt bespielt werden.“ Das Konzept des Architekten ging auf und hat sich dynamisch weiterentwickelt. Ziemlich schlau auch die Idee, den Herren „männliche Reize“ zu bieten, damit sie beim Warten auf ihre shoppenden Frauen nicht ungeduldig werden. Was würde sich dafür besser eignen als PS-starke Autos? Bei „Mercedes-Benz meets Kö-Bogen“ konn-te man sich über Innovationen der Elektromobilität informieren, ein andermal von einem schnittigen Maserati träumen oder die edle „Graf von Faber-Castell für Bentley“-Kollektion bewundern. Weitere auto-affine Veranstaltungen wie Oldtimer-Shows und die Einfahrt von „Classic à la carte“ machten hier ebenfalls schon Station. Flagge zeigt der Kö-Bogen auch bei der Jazz-Rally oder dem Fine- Food-Festival, gern in Verbindung mit der hauseigenen Sansibar by Breuninger. Andreas Stolz gibt die Devise vor: „Was drinnen steckt, nach draußen bringen. Ganz wie es dem modernen Wahrzeichen der Einkaufsstadt Düsseldorf entspricht.“ Gelegentlich zieht auch die Kunst in die kühn geschwungenen Gebäude ein. Gerade zeigte der Essener Spray-Art-Künstler Dennis Klapschus in einer Pop-up-Gallery seine knallbunten Bilder. Die Vernissage zog zahlreiche Prominente an. Willkommener Nebeneffekt: Wieder mal war der Kö-Bogen in aller Munde. Ganz wie gewünscht.
Bei der Promidichte in Düsseldorfer Läden hat Evelyn Hammerström zweifellos die Nase vorn. In ihren Jades-Boutiquen wurden schon Victoria Beckham, Justin Timberlake und Sportler der ersten Garnitur gesichtet. Mit Verena Pooth und insbesondere Barbara Becker ist die agile Unternehmerin befreundet. Ebenso mit Schönheitsärztin Barbara Sturm, deren Kosmetikprodukte sie als erste Mode-Boutique verkaufte. „Die Prominenz hat mir geholfen“, gibt Evelyn Hammerström zu. Und so mancher Kunde mag ins Jades kommen, weil er darauf hofft, ein berühmtes Gesicht zu entdecken. Doch damit allein erklärt sich der beständige Erfolg seit fast zwei Jahrzehnten nicht. Die wichtigste Hauptrolle spielt natürlich die avantgardistische Mode, die Evelyn Hammerström mit sicherem Gespür aus der ganzen Welt nach Düsseldorf holt. Zum hohen Erlebniswert trägt auch die Einrichtung bei. Und weil die Chefin Abwechslung über alle Maßen liebt, krempelt sie ihre Shops gerade mal wieder um. Ab Juli werden die Kollektionen für Herren und Damen in den benachbarten Läden Jades Men und Jades The Store getrennt angeboten. „Es wird cooler aussehen als bisher, aber wir streuen auch ein bisschen Liebe drüber“ sagt sie und kündigt die Erweiterung um Lifestyle-und Beauty-Produkte im Damenbereich an: „Ich kooperiere hier mit Muse & Heroine aus meiner Lieblingsstadt Los Angeles, wo ich einen großen Teil meiner Mode einkaufe.“ Bei der Renovierung werden die überdimensionalen Buddhas aus weißem Marmor ausgeklammert. „Sie haben mir immer Glück gebracht“, sagt Evelyn Hammerström. „Ohne sie würde das gute Karma fehlen, daran glaube ich ganz fest.“ Die Boutiquen fallen durch eine anregende Mixtur aus Sportswear und Hollywood-Glamour aus dem Rahmen. Ihre entspannte Atmosphäre verdanken sie nicht zuletzt dem internationalen Personal. „Authentisch, lässig, unangepasst und ein bisschen frech darf es sein“, bekräftigt Evelyn Hammerström. „Bei mir muss sich keiner verbiegen. Meine Läden sollen eine Seele haben und Spaß machen. Ich brauche immer ein Lachen im Gesicht.“