Ärzte aus Düsseldorf leisten wertvolle humanitäre Hilfe. Das ehrenamtliche Engagement ist ihnen wichtig - auch weil es sie zu den Wurzeln ihres Berufes zurückführt.
Dr. Ursula Psyk nimmt sich für die „German Doctors“ regelmäßige Auszeiten vom Praxisalltag.
„Wenn gute Medizin gelingt, ist das ein Grund zur Dankbarkeit“ Es sind oft Einzelschicksale, die Professor Uli Harréus tief berühren und zu einer erneuten humanitären Hilfsaktion anspornen. Kinder, deren Gehör er wiederherstellen kann. Die Korrektur von Fehlbildungen im Gesichtsbereich. Die Heilung von Entzündungen und Abszessen. Der HNO-Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus kam durch eine Oberärztin aus Kamerun zu seiner Mission. Mit Paulette Dountsop Yonta, die in ihrem Heimatland ein Hilfsprojekt gegründet hatte, reiste er nach Afrika und stellte fest: „Wenn man im Kleinen arbeitet, kann man manchmal noch gezielter und effektiver sein als im Rahmen einer großen Organisation.“ Die Fachärztin wechselte inzwischen nach Aachen. Das ehrenamtliche Engagement des Düsseldorfer Professors aber setzt sich fort, nur hat es sich mittlerweile nach Myanmar verlagert, dem früheren Burma. Mit seinem Team startete
Uli Harréus das HNO-Camp Myanmar. Mit Oberärztin Rita Ligaszewski war er schon mehrfach in Mandalay und arbeitete dort mit einem interdisziplinären Team aus Plastischen Chirurgen, Anästhesisten und HNO-Ärzten aus ganz Deutschland zusammen. „Lippen-Kiefer-Gaumenspalten sind besonders bei Kindern sehr verbreitet“, berichtet er. „Nicht selten sind die kleinen Patienten auch massiv unterernährt und leiden durch die Verklebung der Verbindung zwischen Rachen und Ohr an Hörstörungen. Dazu kommt die seelische Belastung, weil diese Kinder häufig ausgegrenzt werden.“ Für eine wirksame Behandlung reichen die finanziellen Mittel und die Versorgung in
den Kliniken nicht annähernd aus. Das HNO-Team bringt sein Equipment aus Narkosegeräten,
OP-Sets und Mikroskopen mit. „Damit gewährleisten wir einen hohen technischen Standard“,
sagt Uli Harréus. „Wenn in einem Land, in dem man mit wenig zurechtkommen muss, gute Medizin gelingt, ist das auch für uns Ärzte ein Grund zur Dankbarkeit.“ Der Geist im Helferteam und die Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal vor Ort seien beeindruckend. 2019 wird
der Professor erneut in Myanmar tätig werden.
„Ich komme jedes Mal demütig zurück“
Schon seit dem Studium und ihren Erfahrungen auf einer Leprastation in Indien träumte Ursula Psyk davon, zwei Dinge miteinander zu verbinden: ihr Bedürfnis, Menschen zu helfen und ihre Faszination für fremde Länder auszuleben. Wenn man aber als Gastroenterologin und Oberärztin an einer Klinik arbeitet, lassen sich solche Wünsche nur schwer verwirklichen. Das gelingt ihr erst, nachdem sie sich 2009 in einer gemeinschaftlichen Hausarztpraxis in Leverkusen niedergelassen hatte. „Wir sind zu viert, da kann man es sich eher erlauben, hin und wieder eine Auszeit zu nehmen“, erzählt sie.
„Ich bin dankbar, dass es mir glückt – meinen Kollegen, aber auch meinen Patienten, die ich dann sechs Wochen lang nicht betreuen kann.“ So lange dauert in der Regel ein Einsatz, den Ursula Psyk für „German Doctors“ leistet. „Es tut gut, über den Tellerrand hinauszuschauen.
Wir kommen auch mit Tropenkrankheiten in Berührung, die wir bei uns gar nicht sehen.“ Sie war in bitterarmen Ländern, arbeitete in Nairobi und Kalkutta und ist jetzt
gerade wieder in Bangladesh. In der zweitgrößten Stadt Chittagong, einem Hafen am Meer, in dem unbrauchbare Riesenschiffe abgewrackt werden. Die „German Doctors“ leben in einer Ärzte-WG. Nicht luxuriös, aber ordentlichversorgt. Dass es keine Klimaanlage gibt und der Strom
häufig ausfällt, stört Ursula Psyk nicht. Dem Großteil der Bevölkerung geht es weit schlechter. „Ich komme jedes Mal demütig zurück und weiß es zu schätzen, fließendes Wasser und eine Toilette zu haben“, sagt sie. Medikamente und Instrumente stellt die Organisation ausreichend zur Verfügung. „Wir betreuen in Bangladesh wie ein Hausarzt alle Altersgruppen, vom Säugling bis zum alten
Menschen. Eine spannende Erfahrung.“
„Diese wichtige Arbeit befriedigt mich zutiefst“
„Wenn wir diesen Menschen nicht helfen, hilft ihnen keiner“, sagt Adrian K. Wiethoff. Der Plastische Chirurg und zertifizierte Fußchirurg war für „Interplast“ in Eritrea und in Nepal im Einsatz. Früher streifte er gern als Rucksack-Tourist durch Länder in der Dritten Welt. Es war ihm unmöglich, das große Elend, das er bei der medizinischen Versorgung sah, einfach auszublenden. Das spornte ihn zu seinem späteren Engagement an. Weil er in Düsseldorf seine Praxis „Ars Pedis“ aufbaute und eine Familie gründete, musste er die humanitäre Hilfe einige Jahre auf Eis legen. Täglich behandelt und
operiert Adrian K. Wiethoff Fehlstellungen wie Hallux valgus und Hammerzehen. „So bedeutsam dies für meine Patienten ist, verglichen mit den Zuständen, die ich in Afrika und Asien vorfand, muss man es als Luxusmedizin bezeichnen“, sagt er. Dort hat er es mit verkrüppelten Gliedmaßen zu tun, mit Querschnittgelähmten, deren Druckliegegeschwüre riesige Löcher aufweisen. So viel Gutes bewirken zu können, sei für einen Arzt höchst befriedigend. „Wenn meine Kinder etwas größer sind, will ich diese Einsätze auf jeden Fall wieder aufnehmen“, hat sich der Fußchirurg vorgenommen.
Der Fußchirurg Adrian K. Wiethoff operierte schon in Eritrea und Nepal.
„Bei mir kommen mehrere Motivationen zusammen“
Jemen, Afghanistan, der Kongo, die Zentralafrikanische Republik, der Südsudan: Es sind ausschließlich Konflikt und Krisengebiete, in denen der Düsseldorfer Allgemeinmediziner Dr. Jens Hahn für „Ärzte ohne Grenzen“ bisher
im Einsatz war. Das bringt Herausforderungen mit sich. Warum setzt er sich dem aus? „Bei mir kommen mehrereMotivationen zusammen“, erzählt er. „Die erste ist m edizinisch
begründet. Wir werden in diesen Ländern mit Krankheiten konfrontiert, die wir hier gar nicht mehr sehen, weil sie extrem rar geworden sind, etwa Tetanus und Masern.“ Als er vor zwei Jahren im Jemen war, brach die Cholera aus und verbreitete sich schnell. „Da mussten wir in zwei Tagen ein kleines Krankenhaus aufbauen und entsprechend ausrüsten. Unter diesen Bedingungen Hilfe
zu leisten und Leben retten zu können, ist eine schöne Erfahrung.“ Die internationale Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist in 70 Ländern aktiv.
Dr. Jens Hahn verbringt die Sommer in Konfliktund Krisengebieten. Dort wird Hilfe dringend gebraucht.
„Es handelt sich meist um komplexe humanitäre Notlagen“, stellt der Mediziner klar. „Wenn medizinische Einrichtungen zerstört oder gar keine vorhanden sind, versorgen wir Patienten in Containern oder auch in verrotteten Fabrikgebäuden.
Trotzdem muss alles steril sein und internationalen Standards entsprechen. Eine immerwährende Herausforderung.“ Während der Wintermonate arbeitet der Arzt in einer Krefelder Praxis. Im Sommer verpflichtete er sich in den vergangenen Jahren jeweils für ein Projekt von „Ärzte ohne Grenzen“ und bekam dafür eine Aufwandsentschädigung. Bei seinem Engagement spielt auch sein
ausgeprägtes politisches Interesse eine Rolle. „Informationen, die uns aus Konfliktregionen über Regierungen oder Medien erreichen, sind oft nicht vollständig“, kritisiert Jens Hahn. „Die echte Lage bleibt uns verschlossen. Mir geht es auch darum, mir einen persönlichen Einblick zu verschaffen.“ Natürlich müsse man mit Widrigkeiten und einer angespannten Sicherheitslage rechnen. „Nicht
ungewöhnlich in Ländern ohne staatliche Strukturen, wo Rebellen und Clans die Macht haben“, fügt er hinzu. Oft sei es auch zu gefährlich, Medikamente und medizinische Ausrüstung per LKW über Land zu transportieren, „das wird dann alles mit einer Antonow eingeflogen.“ Ein dritter Grund, dies alles auf sich zu nehmen: „Ich kann nicht damit einverstanden sein, wie die Welt aufgeteilt ist. Deshalb bin ich gerne bereit, mein behagliches Leben eine Zeitlang aufzugeben.“
Aus dem Top Magazin Duesseldorf Nr. 01-2019
Veröffentlichung
» 03/2019 bis 06/2019
Autor
» Top Magazin
Fotograf
» Privat (4), Robert Poorten, Marcard- Fotodesign