Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Dieselverbote, keine Plastikbecher mehr, Mülltrennung und E-Autos – die Inselregierung will die Luft, die Landschaft und das Wasser rein halten.
Atemberaubende Landschaften, Traumstrände, schöne Städte und kristallklares Wasser – was
Mallorca für Millionen Menschen jedes Jahr zu einem der begehrtesten Reiseziele Europas macht, soll unter dem Ansturm der Touristen nicht länger leiden, sondern erhalten und geschützt werden.
Die Regierung der Balearen plant für die nächsten Jahre ein Programm zum Schutz und Erhalt der Umwelt, das Spaniens Top-Ferienregion auch bei diesem Thema an die Spitze bringen wird. In den letzten Jahren hat man erkannt, wie wichtig es ist, die Vorteile der Insel nicht nur zu nutzen, sondern
dass man sie auch schützen muss, um ihren Wert zu erhalten.
Wer sich zwischen Palma und Alcúdia, zwischen Cala Millor und dem Tramuntanagebirge auf der
Insel bewegt, dem fällt das unweigerlich auf – (fast) alles ist sauber, Müll liegt kaum herum. Das
zeugt von einem gewachsenen Bewusstsein für die Umwelt ihrer Heimat.
Dass dieses Bewusstsein weiter wächst, dafür sorgen auch Gruppen wie die „Grup Balear d’Ornitologia i Defensa de la Naturalesa“ (GOB), die sich für den Erhalt der Natur einsetzt. Die 1973 gegründete Organisation zählt heute mehr als 4.000 Mitglieder und ist nach Einschätzung
von Beobachtern wohl die wichtigste Naturschutzorganisation auf den Balearen. Aber auch für die
Regierung hat das Thema höchste Priorität. Francina Armengol, regionale Regierungschefin
der Balearen, hob in einem Interview mit der Zeitung „Der Tagesspiegel“ im März 2018 die Bedeutung einer sauberen Umwelt für die Insel heraus. Armengols wichtigste
Waffe auf diesem Weg wird ein neues Klimaschutzgesetz sein, das gerade vom Regionalparlament
in Palma auf den Weg gebracht wurde und das im Jahr 2019 in Kraft treten soll. Armengol führt eine Mitte-Links- Regierung aus Sozialisten und der linksökologischen Inselpartei Més an.
Vergleichbar mit ähnlichen Bemühungen in deutschen Großstädten bereitet die Insel Insel
zum Beispiel ein Verbot von Dieselfahrzeugen vor. Das wird nicht von heute auf
morgen realisiert, aber das Ziel ist eindeutig formuliert: Mallorca will zum europäischen
Vorreiter in Sachen Umweltschutz werden und sieht im Verbot von Dieselfahrzeugen
einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Vorbereitet ist ein Stufenplan. Ab dem Jahr 2025 werden auf der Insel keine neuen Dieselfahrzeuge mehr zugelassen. Altfahrzeuge werden über einen
gewissen Zeitraum Bestandsschutz genießen. Ab 2035 soll es dann mit entsprechenden
Regeln auch Fahrzeugen mit Benzinmotoren an den Kragen gehen. Das Endziel ist klar: Auf der Insel sollen nur noch Fahrzeuge mit E-Motoren fahren. Urlauber, die mit eigenem fahrbaren
Untersatz auf die Ferieninseln reisen wollen, müssen sich dann anpassen. Von 2025 an dürfen
Touristen keine Dieselfahrzeuge mehr auf die Inseln bringen, von 2035 an auch keine Benziner mehr. Bei den Urlaubern ist das nur ein kleiner Teil, aber wer auf der Insel eine Immobilie gekauft
oder gemietet hat, wird von dem drohenden Verbot auf jeden Fall betroffen sein. Noch offen ist, wie
lange die vorhandenen Fahrzeuge Bestandsschutz genießen, also weiter genutzt werden dürfen.
Dass Ausländer, die häufiger und länger auf Mallorca sind, dort ihr eigenes Autos stehen haben, ist nicht ungewöhnlich – es wurde entweder selbst hingeschafft oder mit Hilfe einer, auf diese Dienste
spezialisierten Spedition nach Mallorca transportiert. Nicht selten handelt es sich um Fahrzeuge, die man in Deutschland womöglich abgeschafft hätte, die aber noch ausreichen, um bei den Aufenthalten
auf der Insel genutzt zu werden. Mit anderen Worten: Da sind sicherlich reichlich alte, mit Diesel betriebene Autos dabei.
– Francina Armengol, regionale Regierungschefin der Balearen
Aber selbst Beinahe- oder echte Residenten
nutzen häufig das riesige Mietwagenangebot. Über 60.000 Mietwagen stehen zur Verfügung, manche offiziellen Stellen gehen in den Monaten der Hauptsaison von rund 100.000 aus. Sie haben erheblichen Anteil am Verkehrsaufkommen und an den Staus an den Hotspots der Insel. Um das in den Griff zu bekommen, hat die Inselregierung strenge Regeln erlassen: Ab 2020 sind
die Anbieter verpflichtet, pro Jahr zwei Prozent ihrer Flotte auf E-Antrieb umzustellen.
Ab 2035 akzeptieren die Behörden nur noch Mietwagen mit Elektro-Motor. Schon jetzt hat man begonnen, für diese Wagen Ladestationen zu installieren. Die Hotels sind gehalten, solche Strom-Tankstellen auf ihren Parkplätzen oder in ihren Tiefgaragen einzurichten. Nach Berechnungen der Balearenregierung verursacht der Straßenverkehr 35 Prozent der Kohlendioxid-Ausstöße auf den Inseln. Bis 2050 will man die Energiewende abschließen: Dann sollen nur noch Elektrofahrzeuge
auf Mallorca rollen und Strom sowie Heizenergie komplett aus erneuerbaren Quellen kommen.
Noch viel früher will man das drängende Müllproblem entweder gelöst oder zumindest
erheblich entschärft haben. Einer der ersten Schritte: Der Kampf gegen jede Form
von Plastikmüll. Er macht einen erheblichen Teil von 700.000 Tonnen Müll aus, die
jährlich auf den Baleareninseln anfallen – der weitaus größte Anteil davon auf Mallorca.
Einwegplastiktüten sollen bereits 2019 aus den Geschäften verschwinden.
Ab 2020 ist Plastikgeschirr verboten, aber auch Einwegrasierer, Wattestäbchen, Lutscherstängel
und Feuchttücher aus Kunststoff soll es nicht mehr geben. Stattdessen sollen die Geschäfte kompostierbare Alternativen anbieten. Und auch Kaffeekapseln aus den auf der Insel weit verbreiteten entsprechenden Maschinen (Nespresso und Co.) müssen kompostierbar sein oder
vom Produzenten zurückgenommen und recycelt werden. Mit diesem Konzept sieht man sich auf einem guten Weg, nicht etwa immer mehr Geld und Kopfzerbrechen in die Entsorgung des Abfalls zu investieren, sondern möglichst effektiv dessen Entstehung zu vermeiden. Die Ziele sind ehrgeizig:
Man hofft, bis 2020 den anfallenden Abfall auf eine um zehn Prozent geringere Menge, verglichen mit 2010, reduziert zu haben, und bis 2030 sollen es sogar 20 Prozent sei Auch Touristen werden die Neuerungen in der Gesetzgebung zu spüren bekommen – denn in der sommerlichen Ferienzeit fällt
auf den Balearen der meiste Abfall an. In allen Hotels und Gaststätten der Insel wird es deshalb, den Plänen zufolge, ab 2019 keine Einwegflaschen mehr geben. Stattdessen sieht das Gesetz unter anderem vor, dass kostenlos Leitungswasser angeboten wird. „In anderen europäischen Ländern
wie Frankreich ist diese Praxis gang und gäbe, warum also nicht auch bei uns?“, fragt Sebastià Sansó, Generaldirektor für Umwelterziehung und Abfallpolitik, in einem Gespräch mit Spiegel-online. Die
neuen Regelungen sehen auch vor, dass Verstöße dagegen deutlich teurer werden. „Die Strafen werden künftig von 300 Euro für kleine Vergehen bis 1,75 Millionen Euro für schwerwiegende Gesetzesverstöße reichen“, sagt Sansó. Margalida Ramis, die Sprecherin des Umweltschutzverbandes
„GOB“, begrüßt derlei Pläne, pocht aber vor allem auf die rigorose Umsetzung. Sie fordert aber zusätzlich ein Pfandsystem. Die Regierung schließt das nicht aus, es gehört aber nicht zu den ersten Schritten.
Eine noch höhere Priorität dürfte der Umgang der Insel mit Trinkwasser und die Lösung
der Abwassersorgen haben. Die Balearen-Regierung gibt einen großen Teil der Ecotasa (Bettensteuer) für die Verbesserung der Wasserversorgung aus: 14,8 Millionen Euro auf allen Inseln zusammen, 8,9 Millionen Euro entfallen auf Mallorca. Insgesamt 30 Millionen Euro nahm die Balearen-Regierung im vergangenen Jahr über die Bettensteuer ein. Bei den Investitionen geht
es vor allem darum, das Versorgungsnetz auszubauen, Kläranlagen zu modernisieren,
geklärtes Abwasser verstärkt zu nutzen und undichte Leitungen zu sanieren. Für
1,3 Millionen Euro wird beispielsweise die Kläranlage in Petra instand gesetzt. 1,4 Millionen
Euro fließen in die Verlegung neuer Wasserleitungen zwischen Maria de la Salut
und Petra. Seitdem man sich intensiver mit dem Thema beschäftigt, wurde klar, dass
die Engpässe in Teilen hausgemacht sind – wie auch in anderen Regionen Spaniens ging man auch auf Mallorca allzu sorglos mit dem Wasser um, weil es vor dem Touristenboom nie Probleme gegeben hatte. Die Folge: Man vernachlässigte die Pflege der Rohrsysteme. Das Ergebnis: Es gab Kommunen
auf der Insel, in denen bis zu 50 Prozent des Trinkwassers durch defekte Leitungen
nutzlos im Boden versickerten. Also steht die Sanierung der Leitungen jetzt ganz oben
auf der Liste der Maßnahmen. Ihr Wasser erhält die Insel aus verschiedenen Quellen:
Es gibt Stauseen, die sich bei regenreichen Wintern gut füllen und übers Jahr genutzt
werden. Außerdem hat man Tiefbrunnen gebohrt, die allerdings häufig leicht salzig
schmeckendes Wasser liefern. Inzwischen sind Meerwasserentsalzungsanlagen in Betrieb,
und in Notzeiten hat man sogar Süßwasser vom Festland mit Tankschiffen herbeigeschafft.
Eine echte Lösung für dieses Problem ist jedenfalls noch nicht in Sicht. Zumal das Problembewusstsein immer dann schwindet, wenn regenreiche Winter
wie im letzten Jahr die Speicher wieder auffüllen. Dennoch – Experten sind sich sicher, dass Mallorca schon allein aufgrund der vielen Touristen (2017: knapp 14 Millionen) einen anderen Umgang mit dem Wasser erreichen muss. Die Regierung plädiert derzeit für eine bewusstere und
sparsamere Handhabung.
Und dass dieses ganze Wasser ja auch möglichst umweltneutral wieder entsorgt werden
muss, gehört ebenfalls zum Problemfeld. Während der Hauptsaison 2018 jedenfalls
gab es zeitweise Sperrungen einiger Strände bei Palma, weil die dortige Kläranlage mit
der Menge nicht mehr klarkam und ungeklärtes Abwasser ins Meer floß. Die offizielle
Begründung: Durch heftige Regenfälle sei in einem kurzen Zeitraum zu viel Regenwasser
angefallen. Aber Umweltschützer sehen auch den Andrang der Touristen als eine der
Ursachen für diese Überlastung. Normalerweise fließt geklärtes Abwasser aus den Klärwerken
in langen Rohren ins Meer. Oder es wird in Teilen für die Bewässerung von Golfplätzen benutzt.