„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
Michael Brill ist seit einem Jahr CEO der früheren Stadttochter DCSE, heute der D.Live. Im Interview mit dem Top Magazin zieht er eine erste Bilanz, geht offen auf Schwachpunkte ein und wirft einen Blick in die Zukunft.
Top Magazin: Sie sind am 1. Oktober genau ein Jahr im Amt als Geschäftsführer für Live Entertainment und Sport der ehemaligen Stadttochter Düsseldorf Congress Sport & Event (DCSE). Wie lautet Ihr Fazit?
Michael Brill: Es war ein sehr schnelles, sehr aufregendes, wirklich vielfältiges und unerwartet erfolgreiches Jahr. Wir haben das ganze Unternehmen so umstrukturiert, dass wir in einem hoch wettbewerbsintensiven geografischen Markt – Köln, Oberhausen, Duisburg, Essen, Dortmund, Krefeld –wieder konkurrenzfähig sind. Durch höhere Geschwindigkeit, mehr Flexibilität, durch die Ausrichtung der Systeme auf den Markt und auf den Kunden.
Der ehemalige Event- und Sport-Bereich firmiert jetzt als D.Live GmbH & Co. KG. Was ist der Hintergrund?
Ursprünglich war Düsseldorf Congress Sport & Event so aufgestellt, dass verschiedene Veranstaltungsflächen und -formate für unterschiedliche Zielgruppen aus einer Hand vermarktet wurden. Dazu zählten das CCD Congress Center Düsseldorf, die Merkur Spiel-Arena, der ISS Dome, die Mitsubishi Electric Halle, um nur einige zu nennen. Der Betrieb und die Vermarktung von Veranstaltungsstätten für Kongresse einerseits und für den Bereich Live Entertainment und Sport andererseits, unterscheiden sich heute jedoch grundlegend. Um in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen heute und künftig erfolgreich zu sein, war es unumgänglich, die Organisationsstruktur grundlegend anzupassen. Wichtigster Baustein: die inhaltliche Trennung von Kongress- und Live-Bereich. Dadurch sind wir jetzt in der Lage, den Kunden gezielt anzusprechen.
Sind Sie zufrieden mit dem bislang Erreichten?
Wir haben sehr rasch signifikante Erfolge erzielt: Wir hatten in diesem Jahr in der Merkur Spiel-Arena so viele Veranstaltungen wie zuletzt 2011. Für den ISS Dome konnten wir eine neue Rekordzahl vorlegen, wir haben im Castello Düsseldorf so viel Events gehabt wie noch nie zuvor, die Mitsubishi Electric Halle ist auf hohem Niveau ausgelastet. Wir werden in allen Erlösbereichen Verbesserungen im siebenstelligen Bereich erzielen. Und das alles nebenbei, während wir noch dabei waren, die Umorganisation voranzutreiben.
Sie hatten sich zum Ziel gesteckt, mehr Top-Events im Live Entertainment nach Düsseldorf zu holen. Wie sieht es da aus?
Wir sind auf einem guten Weg, wir haben den World Club Dome im November nach Düsseldorf geholt. Das ist das größte Electronic Dance Festival Europas, wo die großen DJs auflegen, aber auch ganz viel lokale Club-Szene zusammenkommt. Ein tolles Format, mit dem ich eine junge Zielgruppe erreiche. Das sind die Besucher von morgen, die dann gerne wiederkommen, weil sie Düsseldorf mit einem positiven Erlebnis verbinden.
Was ist aktuell die größte Herausforderung?
Die größte Herausforderung ist tatsächlich, unser Unternehmen so konkurrenzfähig zu machen, dass wir in der Lage sind, dauerhaft die großen Veranstaltungen, die bislang etwa in Köln oder Dortmund stattfinden, nach Düsseldorf zu holen. Und das im Wissen, dass wir kapazitativ leider immer das Nachsehen haben, die Kölner Lanxess Arena hat mit über 18.000 Plätzen einen strategischen Vorteil. Ein Veranstalter, der hofft, 15.000 bis 20.000 Karten zu verkaufen, wird immer zu unseren Nachbarn gehen. Das macht es nicht gerade einfach, den ISS Dome strategisch zu vermarkten. Zudem ist die Merkur Spiel-Arena im Vergleich zu ihren Konkurrenten circa 10.000 Plätze kleiner. Wir können die Kapazitäten nicht ohne Weiteres erhöhen. Die viel diskutierte Open-Air-Fläche wäre da schon sehr hilfreich.
Welche Lehren haben Sie aus dem abgesagten Konzert von Weltstar Ed Sheeran gezogen?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man in einem Prozess, der auch in der Öffentlichkeit so kontrovers diskutiert wird, noch verstärkter die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen muss. Man sollte unbedingt noch früher, intensiver und detaillierter alle politischen Parteien mit ins Boot holen. Ich war zwar im Vorfeld im permanenten Austausch mit allen Fraktionen, die das Konzert ursprünglich übrigens auch alle unterstützt hatten. Ich würde aber zukünftig ein noch größeres Gewicht auf eine umfassende Kommunikation legen, und sichergehen, dass alle – die politischen genauso wie die gesellschaftlichen Seiten, in diesem Fall Tier- und Baumschützer – verstärkt in den Prozess eingebunden werden.
Wie ist denn der aktuelle Stand rund um die Planungen des D.Live Open Air Parks?
Nach der Abstimmung mit dem Ergebnis, dass Ed Sheeran nicht im Rahmen einer Sondergenehmigung auf der Fläche stattfinden soll, sind sich aber alle Parteien darüber einig, dass ein Open-Air-Gelände eine gute Idee ist. Und das soll jetzt in einem Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht werden. Es geht eigentlich darum, diese Fläche einer anderen Nutzung zuzuführen: Aktuell wird sie als Parkplatz eingesetzt und sie soll zukünftig eine Veranstaltungsfläche werden. Dafür gibt es ein baurechtliches Planverfahren, das jetzt angestrengt wird. Das wird nach meiner Einschätzung rund zwei Jahre dauern. Vor 2020 werden wir also die Fläche nicht nutzen können. Dann wären wir in NRW die einzigen, die einen Open-Air-Park in dieser Größenordnung – rund 80.000 Besucher – vorweisen können. Wenn es soweit ist, spielen wir in einer Liga mit Berlin und München – das wäre schon sexy! Und es ist machbar, wenn alle mitspielen.
Stichwort Merkur Spiel-Arena. Wie wichtig ist das Engagement der Gauselmann Gruppe für Düsseldorf?
Das ist ja Gott sei Dank relativ einfach zu beziffern. Die Gauselmann Gruppe ist bereit, der Stadt Düsseldorf in den nächsten zehn Jahren annähernd 40 Millionen Euro für das Namensrecht zu zahlen. Das ist das Vierfache von dem, was einst Esprit dafür ausgegeben hat. Das ist in dieser Liga in Deutschland ein Top-Deal. Das Engagement der Gauselmann Gruppe bedeutet für jeden Düsseldorfer, dass seine Steuergelder weniger dafür genutzt werden, um eine großartige Infrastruktur für Sport und Events zu schaffen. Jetzt kann man sagen – uns gefällt der Name nicht. Aber wir haben sehr, sehr viele andere Unternehmen angesprochen, keiner war bereit, so viel Geld in die Hand zu nehmen. Jetzt ist es ein einfaches Rechen-Exempel. Wenn wir den Namen nicht in Kauf nehmen wollen, fehlt dem städtischen Haushalt entsprechend dieser hohe Betrag.
Hatten Sie die kritischen Gegenstimmen einkalkuliert?
Ich verstehe die Kritik absolut, aber ich sehe auch den Vorteil, dass wir mit dem Geld in Düsseldorf wirklich viel bewegen können. Für die Stadt ist es ein toller Erfolg.
Das Alltours Open Air Kino Düsseldorf gehört ab diesem Jahr auch zum Portfolio von D.Live. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Dieses Jahr hat uns tatsächlich einen Rekord-Sommer beschert und einen perfekten Rahmen für die Filmabende im Open Air Kino geschaffen. Das Kino ist wirklich eine tolle Institution und etwas ganz Besonderes. Die Konstruktion der größten hydraulischen Leinwand der Welt ist sehr aufwendig und einzigartig. In der Vergangenheit hat es wirtschaftlich nie so richtig funktioniert, deshalb stellte sich die Frage, ob es überhaupt weitergeführt werden kann. Wir hatten dieses Jahr rund 30 Prozent mehr Besucher als im letzten Jahr – sicher auch wegen des guten Wetters. Zu unseren Aufgaben für die Zukunft gehört, das Kino wetterfester zu machen. Die Produktionskosten müssen verschlankt werden. Wir müssen uns die Frage stellen, ob man wirklich 1.700 Plätze braucht, vielleicht reichen auch 1.300. Die große Terrasse für die Gastronomie ist sehr schön, aber teuer, das lässt sich sicher auch optimieren.
Wie läuft das Projekt „Stadion-Winter“?
Geplant war ursprünglich das ARAG Big Air Freestyle Festival, ein Wettbewerb für Trickski-Fahrer und Snowboarder, 2018 in der Merkur Spiel-Arena auszurichten. Leider hat es 2018 wegen der langen Aufbauzeit für diese unendlich große Rampe terminlich nicht in den Zeitplan gepasst. Daher findet es in diesem Jahr noch einmal in Mönchengladbach statt, 2019 dann bei uns.
Wofür interessieren Sie sich persönlich?
Wenn man 25 Jahre in diesem Job unterwegs ist wie ich, hat man die großen Shows eigentlich alle schon gesehen. Ich gehe gerne in kleine Clubs, mit ganz neuen Künstlern. Ich finde neue Veranstaltungs-Konzepte extrem faszinierend, zu sehen, wie sich unsere Live Entertainment-Branche entwickelt. Dabei spielt die Virtual-Reality zukünftig eine große Rolle. Dazu gehört auch das Thema eSport. Im Castello fand im Frühjahr das Finale der deutschen Meisterschaften statt. Ein Format, das mir zunächst völlig fremd war: Menschen kommen zusammen, um verschiedenen Teams live bei Computer-Spielen zuzuschauen. Aber das ist eins der großen Themen für die Zukunft. Genauso wie Künstler als 3-D-Projektion, in einer holografischen Darstellung auf die Bühne zu bringen. Ich kann so etwa die Beatles oder Abba wieder auftreten lassen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir in der Lage sein, komplette Fußballspiele in Virtual-Reality abzubilden. Wir sitzen dann beispielsweise hier in der Merkur Spiel-Arena und sehen die Spieler als Projektion von einem simultan stattfindenden WM-Spiel in Moskau. Daraus ergeben sich im Live Entertainment gigantische Perspektiven. Also allgemein neue Showformate zu finden und weiterzuentwickeln, das ist für mich das Größte.
Welchen Weltstar würden Sie gerne nach Düsseldorf holen?
Dass die großen Weltstars, die jeder sehen will, nach Düsseldorf kommen, ist unsere Pflicht. Unsere Kür ist, das zu finden, was wir uns heute noch gar nicht vorstellen können, dass es in unseren Hallen stattfinden kann. Das richtige Format zu entwickeln, das ist eine spannende Aufgabe. Das kann ein bedeutender Award mit hoher medialer Bedeutung oder ein großes Event im eSport-Bereich, etwa eine Veranstaltung mit 50.000 Zuschauern in der Merkur Spiel-Arena, sein.
Sie haben drei Wünsche frei – welche wären das?
Zuerst, dass ich größere Kapazitäten zur Verfügung hätte. Wenn ich in Düsseldorf 70.000 Plätze vermarkten könnte, würde es mir viel besser gehen, weil alle hierhin kommen wollen. Super toll wäre natürlich, wenn die Politik jede Idee von mir richtig klasse finden würde. Das wird beides nicht passieren… Und der dritte Wunsch wäre, dass es genauso weitergeht, wie wir es begonnen haben. Dass wir als Team die Neuausrichtung, Düsseldorf wieder als relevanten Veranstaltungsort im Live Entertainment und im Sport zu positionieren, genauso weiterführen können wie bisher. Unsere Reise hat tatsächlich gerade erst begonnen, es gibt noch viel zu tun.
Trafen sich zum Interview in der Merkur Spiel-Arena: Ulrike ter Glane (Top Magazin) und Michael Brill