Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Werner M. Dornscheidt, CEO der Messe Düsseldorf, verlängerte gerade seinen Vertrag um weitere zwei Jahre. Im Interview mit dem Top Magazin zieht er Bilanz, spricht über die Bedeutung der Messe für Düsseldorf und verrät, welchen Traum er sich gerne noch erfüllen möchte.
Top Magazin: Sie gelten als der erfolgreichste Messechef Deutschlands. Die Messe Düsseldorf kommt nicht nur ohne Subventionen aus, sie führt siebenstellige Beträge an die Stadt ab und stemmt zudem noch aus eigener Kraft sechsstellige Millioneninvestitionen. Ist das überhaupt noch steigerungsfähig?
Werner M. Dornscheidt: Zumindest bin ich länger im Amt als alle meine deutschen Kollegen an anderen Messe-Standorten. Ich bin seit 14 Jahren Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf und bleibe noch zwei weitere Jahre an der Spitze der Messe. Und natürlich haben wir weiterhin ehrgeizige Ziele.
Auch die Bedeutung der Messe als Wirtschaftsfaktor für Düsseldorf und die Region ist nicht zu unterschätzen. Hat sich OB Thomas Geisel eigentlich schon mal dafür bei Ihnen bedankt?
Unser Oberbürgermeister weiß, was Düsseldorf an der Messe hat. Wir erwirtschaften immer einen GmbH-Umsatz von rund 300 bis 350 Millionen Euro. Berücksichtigt man die indirekt angestoßenen Effekte, bedeutet das auch, dass im Jahr rund 1,3 Milliarden Euro in der Region bleiben. Davon wiederum fließen reichlich Steuern, entweder an den Bund, an das Land Nordrhein-Westfalen oder die Kommune. Alles zusammen ist schon ein ordentlicher Wirtschaftsfaktor.
Wie viel Arbeitsplätze schafft die Messe Düsseldorf in der Stadt?
In der Stadt und Umgebung schaffen wir rund 13.000 Arbeitsplätze. Wir selbst beschäftigen rund 700 Leute in Deutschland, wobei wir natürlich bei den großen Messen mit sehr vielen Freelancern arbeiten. Besonders profitiert die Dienstleistungsbranche in Düsseldorf vom Messegeschäft, also zum Beispiel Gastronomie, Hotelerie, öffentlicher Nahverkehr, Bundesbahn, Flughafen sowie viele kleine Unternehmen.
Was macht die hohe internationale Anziehungskraft des Düsseldorfer Messeplatzes aus?
Vor allem unsere starken Leitmessen. Wir haben 23 Messen im Portfolio, die innerhalb ihrer Branche als führende Leistungsschau gelten und damit die wichtigsten Branchentreffs darstellen. Das ist rekordverdächtig. Viele Unternehmen nutzen diese Messen, um ihre neuen Produkte oder Dienstleistungen der Öffentlichkeit vorzustellen, da diesen durch die erhöhte Medienpräsenz eine größere Aufmerksamkeit zukommt. Und Düsseldorf selbst hat in den letzten Jahren bei unseren Kunden sehr stark an Beliebtheit gewonnen. Die Rheinmetropole gilt als sehr sauber, sehr international, punktet mit kurzen Wegen. Man ist schnell am Flughafen, schnell in der City, schnell in der Messe. Das spart Ausstellern nicht nur Zeit, sondern auch viel Geld, was An- und Abtransport der Ausstellungsstücke betrifft. Ein großer Vorteil im Vergleich zu anderen Messe Standorten.
Wie sieht aus Ihrer Sicht die Arbeit eines Messechefs in 20 Jahren aus?
Es wird mit Sicherheit einige Veränderungen geben, allein schon, was die Kommunikation betrifft, die immer schneller wird. Vergleicht man die Arbeit heute mit der vor 20 Jahren, sieht man ja schon, welche Fortschritte wir zwischenzeitlich gemacht haben. Damals waren Handys noch relativ neu, Smart Phones gab es noch nicht, auch E-Mails waren noch völlig unbekannt. Von Social Media hatte noch niemand was gehört. Schon damals wurde in Anbetracht der rasanten Entwicklung die Zukunft der Messen in Frage gestellt. Da war von Video-Chats und Skype-Konferenzen die Rede. Das genaue Gegenteil ist eingetroffen. Uns hat das Internet unglaublich geholfen. Wir haben ganz andere Zugangsmöglichkeiten zu unseren Kunden, die Welt ist globaler geworden. Wir können unsere Kunden, ob Aussteller oder Besucher, viel besser erreichen. Was sicherlich immer einen hohen Stellenwert haben wird, ist der analoge Transport von Informationen. Sie lernen nie einen Kunden bei einer Video-Konferenz kennen, der bleibt Ihnen völlig fremd. Nur bei einem persönlichen Gespräch können Sie ein Vertrauensverhältnis aufbauen, was für eine Geschäftsbeziehung unerlässlich ist. Ich glaube fest daran, dass dies auch so bleibt.
Was sind die Herausforderungen bei der Messearbeit?
Man sollte in gewisser Weise extrovertiert sein, weil man auf Kunden zugehen muss. Auch eine gute Kondition ist unerlässlich, denn Messen werden fast immer um Wochenenden herum geplant. Große inhaltliche Herausforderung neben der globalen Vernetzung ist die digitale Transformation. Und natürlich müssen wir heute und in Zukunft Ausstellern und Besuchern schlüssige Konzepte bieten, die ihr Geschäft pushen.
Sie selbst arbeiten 60 Stunden in der Woche. Wie entspannen Sie am besten?
Wenn ich ganz ehrlich bin, ich kann ganz wunderbar im Flugzeug schlafen. Und ich empfinde meine Arbeit nicht als Stress, ich mache das wirklich gerne.
Die Messe Düsseldorf investiert kontinuierlich in ihr Gelände. Wo liegen die Schwerpunkte?
Bis zum Jahr 2030 werden insgesamt 650 Millionen Euro in die komplette Geländemodernisierung geflossen sein, die die Messe aus eigenen Mitteln erwirtschaftet. Kernstück ist derzeit der Neubau des Eingangs Süd und der Halle 1, deren Fertigstellung und Inbetriebnahme für das dritte Quartal 2019 geplant ist. Grundsätzlich geht es um eine komplette Erneuerung des Geländes. Wir sind technisch sehr gut aufgestellt, aber nach neuen Baurichtlinien muss zwangsläufig, wenn man eine Halle umbaut, die Technik auf den neuesten Stand gebracht werden. Dann ist es nicht sinnvoll kleinteilig zu investieren. Die aufwendige Technik sieht man auf den ersten Blick gar nicht, 70 Prozent liegt unter der Erde, das sind riesige Anlagen für Druckluft, für Strom, für Wasser, für Gas – für alles, was die Messe zum Betrieb benötigt. Das ist sehr komplex.
Was versprechen Sie sich von den Investitionen?
Wir bringen das Gelände auf den neuesten Stand, mit dem Ziel, den besten Service bieten zu können. Die Messe Düsseldorf ist da bereits jetzt sehr weit vorne. Wir haben über Jahre das beste Logistik-System weltweit aufgebaut. Dafür sind wir vom Internationalen Messverband UFI ausgezeichnet worden. Die Lastwagen können bei der Anlieferung auf Parkplätze fahren, bekommen Slots, fahren auf das Gelände, laden aus und sind nach 30 Minuten wieder draußen. Ohne Staus. Dadurch, dass wir die eigene Autobahnauffahrt haben und eine eigene Straße ins Gelände, können wir auch am Wochenende im Prinzip komplett durcharbeiten, ohne Sondergenehmigungen für die Lastwagen zu benötigen.
Die gerade im Bau befindliche supermoderne und multifunktionale Messe- und Eventlocation, gilt längst als ambitioniertestes Bauprojekt in der Geschichte der Messe Düsseldorf. Das Investitionsvolumen allein für diesen südlichen Bereich beträgt 140 Millionen Euro.
In der Tat ist es ambitioniert. Wir haben uns sehr über das letztendliche „go“ unseres Aufsichtsrats gefreut. Bis zum Sommer 2019 baut die Messe Düsseldorf eine neue multifunktionale Halle mit Konferenzräumen sowie einem komplett verglasten neuen Eingang Süd. Eine der modernsten Locations in Düsseldorf – architektonisch und funktional auf höchstem Niveau.
Könnte der neue Eingang Süd mit Blick auf die Stadt ein neues architektonisches Wahrzeichen für Düsseldorf sein?
Das könnte nicht nur eins sein, das wird mit Sicherheit ein wirkliches Highlight! Ein außergewöhnliches architektonisches „Gesicht“ zur Stadt. Das Vordach kann in jeder Farbe illuminiert werden und wird vom Flughafen und von den Flugzeugen aus, die in Düsseldorf landen, zu sehen sein.
Welche Art von Events könnten Sie sich hier vorstellen?
Messehalle und Eingang sind so flexibel nutzbar, dass wir im Prinzip jede Art von Event ausrichten können. Im Foyer zum Beispiel Empfänge jeglicher Art, auch Musikveranstaltungen sind möglich. Alles, was direkt zu einer Messe gehört, wie etwa Großevents und Sonderschauen, soll möglichst bei uns auf dem Gelände stattfinden.
Was bedeutet Ihnen persönlich die Messe Düsseldorf?
Was soll ich dazu sagen? Das ist mein Leben. Ich habe schon während meines Studiums der Betriebswirtschaft hier in der Poststelle gejobbt und fand dieses Metier von Anfang an faszinierend. Dazu muss man wissen, dass ich Dienstleistung lebe. Ich bin gelernter Hotelkaufmann. Mich hat immer gereizt, mit Menschen zusammenzuarbeiten und Veranstaltungen möglichst reibungslos durchzuführen. Das größte Lob, was man im Messebereich bekommen kann, ist, dass man nicht aufgefallen ist. Eine Veranstaltung läuft dann gut, wenn keiner merkt, dass sie einer organisiert hat. Dann waren Sie perfekt.
Ihr Vertrag als Messechef wurde gerade noch einmal um zwei Jahre bis 2020 verlängert. Ist dann endgültig Schluss?
2020 bin ich 66 Jahre alt, dann ist für mich bei der Messe definitiv Schluss. Aber ich werde sicherlich nicht aufhören zu arbeiten. Mir liegen auch schon einige Angebote vor, was ich danach noch machen kann. Das hat dann nichts direkt mit der Messe zu tun, wird aber auf jeden Fall im Bereich Dienstleistung liegen.
Könnten Sie sich ein Leben ohne Arbeit überhaupt vorstellen?
Ganz ohne sicherlich nicht. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass man ein bisschen mehr Freizeit hat, um zum Beispiel mal länger als eine Woche in den Urlaub zu fahren.
Haben Sie schon Pläne, wohin Sie gerne fahren würden?
Wenn ich ehrlich bin, mache ich fast nur in Deutschland Urlaub. Über Weihnachten fahren wir immer an den Tegernsee und im Sommer, wenn es geht, nach Sylt. Die Nordsee ist so schön, dort gefällt es mir unglaublich gut. Wenn man beruflich so viel unterwegs ist wie ich, muss ich in den Ferien nicht auch noch an irgendwelchen Flughäfen rumsitzen und dann in der Karibik in der Hitze schmoren.
Gibt es einen Traum, den Sie sich noch erfüllen wollen?
Es gibt immer schöne Dinge, die man machen kann. Ich würde zum Beispiel unglaublich gerne mal über den Atlantik segeln, aber ich habe einen enormen Respekt davor. Ich kenne ja nun, berufsbedingt, wirklich ein paar von den besten Skippern dieser Welt, die nichts anderes machen als segeln. Die Sportler schlafen in Hängematten, Essen gibt es aus der Dose. Aber mit einer guten Mannschaft an Bord ist das sicherlich ein Erlebnis.
Wann waren Sie zuletzt privat auf einer Messe?
Ich gehe nie privat auf eine Messe. Selbst wenn ich mit meiner Frau auf die „Jagd und Hund“ in Dortmund gehe, ist das im Prinzip auch beruflich, weil ich natürlich dann die Projektleiter dieser Messen besuche.
Als Chef der Messe sind Sie in Düsseldorf ein bekannter Mann. Was kaum einer weiß: Sie sind seit 2007 Honorarkonsul von Mexiko und bleiben das auch über das Ende Ihres Berufslebens hinaus. Ihnen wurde vertraglich zugesichert, diese Funktion für und im Interesse des Messeunternehmens auch ab 2020 fortzuführen.
Der verstorbene Oberbürgermeister Joachim Erwin hat mich damals angesprochen, ob ich diese Funktion übernehmen möchte. Voraussetzung war, eine Beziehung zu dem Land zu haben. Wir hatten derzeit noch ein Büro in Mexiko und veranstalteten mehrere Messen. Der Job ist rein ehrenamtlich, die Messe stellte ein Büro zur Verfügung und eine Assistentin, die Passangelegenheiten und Visa-Anträge bearbeitet.
Was macht den Reiz dieser Aufgabe aus?
Sie haben natürlich die Gelegenheit, auch mit den anderen General- und Honorarkonsuln in Kontakt zu bleiben, und das macht ja nicht dümmer. Die Messe Düsseldorf ist in 139 Ländern vertreten und so ist es möglich, zu den jeweiligen Konsulaten eine Beziehung aufzubauen. Wenn es also mal darum geht, für unsere Kunden schnell ein Visum zu besorgen, ist das nicht unbedingt von Nachteil. Das ist auch im Interesse der Messe – und so werde ich das auch weiterführen.
Stimmt es, dass Sie immer noch von Hand geschriebenen Briefen den Vorzug geben?
Ich halte es für einen Akt der Höflichkeit, Geburtstagsgrüße an Freunde mit der Hand zu schreiben. Es drückt aus, dass man sich mit demjenigen intensiv beschäftigt. Ich schreibe dann gerne mit dem guten alten Füller.
Sie haben offensichtlich ein Faible für schöne Schreibgeräte.
Es macht einfach Spaß, und wenn ich einen schönen Füller sehe, kann ich mich nicht beherrschen. Da habe ich schon viele Spontankäufe gemacht.
Womit kann man Ihnen eine Freude machen?
Grundsätzlich mit Schreibgeräten! Und ich sitze sehr gerne privat mit netten Leuten beim Essen. Allerdings nicht im Restaurant, sondern am liebsten zu Hause, im kleineren Kreis. Das Essen ist selbstverständlich selbst gekocht!
Womit können Sie Ihrer Frau eine Freude machen?
Das ist schwierig. Vielleicht indem ich ihr manchmal etwas aufmerksamer zuhöre …