„Wir müssen uns dem Konkurrenzkampf stellen“
Auf die Frage, wie die ersten Wochen im…
Kein Fahrgeschäft, kein Bierzelt steht aus reinem Zufall an seinem Platz. Alles wird präzise geplant von Thomas König, dem Architekten der Kirmes, der auch für das Sicherheitskonzept zuständig ist.
Wenn das Rheinufer in Oberkassel im Juli sein Gesicht verändert, wenn die Schausteller ihre Budenstadt errichten, das Riesenrad sich dreht und die lärmenden Fahrgeschäfte Leuchtsignale senden – dann ist Kirmes. Für viele Düsseldorfer die schönste Zeit des Jahres. Die Besucher, die zu Tausenden über das Gelände strömen, erfreuen sich an der bunten Welt und bestaunen die Attraktionen. Die Strategie dahinter bleibt den meisten verschlossen. Kein Fahrgeschäft, kein Bierzelt steht aus reinem Zufall an seinem Platz. Jeder Standort ist akribisch ausgetüftelt. Für die richtige Mixtur aus Nervenkitzel, Nostalgie und Gastronomie sorgt seit über 15 Jahren „Kirmes-Architekt“ Thomas König. Während die anderen feiern, kann er sich keine Muße gönnen. Nur manchmal reißt er kurz aus und fährt rüber auf die andere Rheinseite. „Ich bin ja immer mittendrin, da tut es gut, mal aus der Distanz einen Blick auf das Treiben zu werfen“, sagt er. Was er sieht, stellt ihn in der Regel zufrieden. „Ich erkenne dabei, wie gut wir beim Aufbau wieder auf Perspektiven geachtet haben.“
Die traumhafte Lage des Festplatzes ist ein Pfund, mit dem die Düsseldorfer Kirmes wuchern kann. Das bestätigen sogar hartgesottene Schausteller, die bei Sonnenuntergängen am Rhein ganz melancholisch werden. „Aber zudem haben wir auch den Ehrgeiz, von allen Geschäften immer die größten, höchsten und spektakulärsten zu bekommen. Und die allerschönsten“, hebt Thomas König hervor. „Beides zusammen erzeugt eine einzigartige Atmosphäre. Wir arbeiten sehr mit Emotionen, das spüren die Besucher. Deshalb hatten wir auch noch nie Probleme mit Krawallen. Vor allem sind wir darauf bedacht, der ganzen Familie gezielt etwas zu bieten.“
Verwegene Gemüter werden auch 2018 wieder auf ihre Kosten kommen. Der Architekt kündigt rasante Neuheiten an. Die Achterbahn „Wilde Maus XXL“. Das „Chaos-Pendel“, das Thomas König scherzhaft „die Kotzmühle schlechthin“ nennt. Die Wildwasserbahn „Auf Manitous Spuren“. Und das Kettenkarussell „Jules Verne Tower“, das sich atemberaubend in 80 Meter Höhe empor schraubt. Probiert der Architekt auch alles selber aus? Da hebt er abwehrend die Hände. „Beim Autoscooter ist Endstation. Aber ich schaue überall fasziniert zu.“
Mit dieser Faszination begann es vor über drei Jahrzehnten. Dem jungen Architekturstudenten aus Kaiserswerth waren Schützentum und Kirmes fremd. Bis er ein Praktikum beim damaligen „Kirmes-Bürgermeister“ Ludwig Kreutzer machte. „Die Welt der Schausteller übte einen magischen Reiz auf mich aus“, erinnert er sich, „ich lernte tolle Menschen und beeindruckende Dynastien kennen. Genau deshalb bin ich bis heute dabei geblieben.“ Am meisten begeistert ihn das Improvisationstalent des fahrenden Volkes. „Die Arbeit muss getan werden, und wenn etwas nicht funktioniert, findet man fix eine Lösung. Davon könnten sich manche eine Scheibe abschneiden.“ Der Quereinsteiger hatte Feuer gefangen und legte zügig eine Kirmes-Karriere hin. Er blieb dem Kreutzer-Büro verbunden, trat in den St. Sebastianus Schützenverein ein, wurde in den Vorstand und schließlich in den Geschäftsführenden Vorstand gewählt.
Für Thomas König ist nach der Kirmes vor der Kirmes. Sobald das große Volksfest am Rhein beendet ist, setzen sich die Verantwortlichen zusammen. „Wir lassen die Tage Revue passieren, sprechen mit den Sicherheitsbehörden durch, ob alle Maßnahmen gegriffen haben oder ob wir beim nächsten Mal etwas ändern sollten“, erzählt er. Auf der riesigen Magnet-Pinnwand in seinem Büro geht es außerordentlich farbig zu. Insgesamt 310 Fahrgeschäfte und Stände müssen auf dem Gelände zwischen Oberkasseler Brücke und Kniebrücke sinnvoll verteilt werden. „Ich nehme meine Pappenheimer in die Hand, und wenn am Ende noch welche auf dem Tisch liegen, habe ich etwas falsch gemacht“, sagt er. Bis zum 15. Oktober können sich Schausteller fürs jeweils nächste Jahr bewerben. Was hereinkommt, wird gesichtet und abgewogen. Das zieht sich meist bis in den Februar hin. „Leider können wir nicht nur Zusagen, sondern müssen auch Absagen erteilen, das ist oft bitter für die Betreiber“, sagt er. Zuerst werden die „dicken Brocken“ auf dem Gelände platziert. Dann die Gastronomie, die eine große Bedeutung hat. „Dafür versuche ich Erker zu schaffen, als Ruhezonen im Gewühl. Zu manchen Zeiten herrscht Druck auf dem Kessel, da werden die Leute regelrecht geschoben.“ Die Zelte der Hausbrauereien dienen der Geselligkeit, und sicher war der Ausstieg von Peter König nicht leicht zu verschmerzen, das gibt er zu. Die größten Unterschiede von „Kirmes damals und heute“ macht Thomas König an den Sicherheitsbestimmungen fest. Das Düsseldorfer Konzept sei herausragend gut und bundesweit beispielgebend. Für elf mögliche Szenarien sind Handlungsabläufe hinterlegt. „Die Quintessenz ist, dass alle Organe miteinander vernetzt sind, den gleichen Kenntnisstand haben und eine einheitliche Sprache sprechen“, unterstreicht er – und hofft wie jedes Jahr, dass es keinen Notfall gibt.
Außerhalb der Kirmes baut Thomas König Häuser, richtet für italienische Firmen Modeshops ein und baut am allerliebsten Kindergärten,
„die machen mir die größte Freude“.