Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Arbeitsplatz mit Rundblick: Darauf freut sich Robert Schäfer jeden Tag. Schon als Junge war der Jurist und Manager fußballbegeistert
Was für ein grandioser Arbeitsplatz: Das Büro von Fortuna-Chef Robert Schäfer befindet sich am oberen Rand der Esprit-Arena. Ein luftiger, gläserner Ausguck, bei dem der Übergang von Raum und Stadion verschwimmt. „Der schönste Blick, den ich je hatte“, bestätigt Schäfer und weist auf das Rund um den saftig grünen Rasen. „Die Loge sollte eigentlich verkauft werden“, fügt er hinzu. „Wir kümmern uns gerade um die Vermarktung. Aber solange es nicht soweit ist, genieße ich den Ausblick und freue mich jeden Tag darüber.“
Im März 2016 war der Jurist und Manager von Dynamo Dresden nach Düsseldorf gekommen. Ein nahtloser Wechsel, ohne einen Tag Unterbrechung. Hatte er seine Entscheidung ebenso zügig getroffen? „Düsseldorf war schon länger eine Option, die mir sehr gut gefiel“, antwortet er. „Dennoch habe ich es mir nicht leicht gemacht. Einerseits hätte ich gerne noch verfolgt, wie sich der Verein in Dresden weiterentwickelt. Aber dann merkte ich bald, wie attraktiv die Bedingungen in Düsseldorf für mich waren – bei den Verantwortlichen, den Mitarbeitern und auch den Fans. Ich sah viele Gestaltungsmöglichkeiten und wusste, ich kann verwirklichen, was mir vorschwebt. Das hat mich schließlich motiviert.“
Einen Traditionsverein erfolgreich zu machen und in eine moderne Zukunft zu führen, ohne dessen Charakter zu verändern – mit diesem Anspruch war Robert Schäfer angetreten. Aber nun verlief die Saison ja mehr als unbefriedigend. War es nicht auch für ihn ein Dämpfer, dass die Fortuna weit hinter den Erwartungen zurück blieb? „Enttäuschung ist das falsche Wort, allerdings hätte ich mehr erwartet, das stimmt“, sagt er. „Die Mannschaft hat über weite Strecken ordentliche Leistungen gezeigt, sich aber selbst nicht dafür belohnt. Es wurden wichtige Chancen verschenkt.“ Man sei noch mitten in einem Prozess, der Veränderungen mit sich bringe, sich aber als langwierig erweise. Dass er dabei manchmal ungeduldig werde, dürfte niemanden überraschen: „Viele Dinge, die wir in diesem einen Jahr angestoßen haben, wurden erreicht, viele aber auch nicht. Da besteht Nachholbedarf.“
Dennoch malt Robert Schäfer die Zukunft von Fortuna rosig aus. „Wir haben viele Neuerungen vorbereitet, die künftig sichtbar werden, darunter preisliche Vorteile für Fans und moderne Ticketing-Systeme. Es gibt auch konkrete Vorstellungen, wie die neue Mannschaft aussehen soll. Aber in den vergangenen Wochen mussten wir den Fokus allein auf den Sport legen und uns ganz auf den Klassenerhalt konzentrieren.“ Dass dieser zu schaffen sei, daran zweifelte Robert Schäfer nie. Und wenn es doch schiefgegangen wäre? „Dann wäre ich trotzdem geblieben“, bekräftigt er. „Es kommt doch immer auf die Aufgabe an. Dynamo Dresden spielte erst auch in der dritten Liga.“ Genauer: Die Mannschaft stieg exakt an dem Tag ab, an dem er seinen ersten Arbeitstag hatte. „Der Verein hatte hohe Schulden“, beschreibt er die damalige Situation. „Fernsehrechte drohten für immer verloren zu gehen, es gab weder einen Hauptsponsor noch einen Namenssponsor für das Stadion.“ In zwei Jahren wurde alles gedreht: Entschuldung, Rückgewinnung der TV-Rechte, Finanzierung eines Nachwuchsleistungszentrums – und als Sahnehäubchen kam der Aufstieg in die zweite Liga.
Robert Schäfer ist ein Profi in Sachen Rettung. Vor Dresden hatte er 1860 München übernommen, zu einem Zeitpunkt, in dem der Verein insolvent war und eine Finanzspritze brauchte. „Es war ein Überlebenskampf“, gibt er zu. Das alles zu schaffen, funktioniert nicht ohne Herzblut für den Sport. Von Kind an war Robert Schäfer fußballbegeistert. Er wurde in der Nähe von Braunschweig groß, ging ganz klassisch als Junge mit seinem Vater ins Stadion, „als dort noch Horst Hrubesch und Karl-Heinz Rummenigge spielten.“ Sein Jurastudium begann er in Trier und setzte es in Münster fort. „Nach dem ersten Staatsexamen entdeckte ich noch nichts, wofür ich brannte“, erzählt der 40-Jährige. Also probierte er verschiedene Sachen aus, darunter ein Praktikum bei einer Sportvermarktung. „Dieses Metier gefiel mir sofort“, sagt Robert Schäfer, legte aber vorsichtshalber noch sein zweites juristisches Examen ab – beim Oberlandesgericht in Düsseldorf. Anschließend ging er nach München, arbeitete weiter im Sportmarketing, fand Freude an Vertrieb und Kommunikation, wurde Projektleiter und trug Verantwortung für ein kleines Team. Erfolgreiche Jahre. Dann kam das Angebot von 1860 München. „Ich war 34, hatte noch keine Familie und nichts zu verlieren, warum es also nicht versuchen?“
„Mich beeindruckt in Düsseldorf vor allem das breite Spektrum an kulturellen Veranstaltungen. Ich gehe sehr gern zu Konzerten in die Tonhalle und besuche Ausstellungen in Museen.“
Damit erschloss sich für ihn das große weite Feld des Fußballs. Wäre nach seinen bisherigen Erfahrungen jemals etwas anderes denkbar? Er wägt ab. „Ich habe mein gesamtes berufliches Leben mit Fußball verbracht“, sagt er. „Niemand weiß, was die Zukunft bringt, Dinge wandeln sich oft schneller, als man denkt. Aber dem Fußball gehört schon meine Leidenschaft, ich kann mir schwerlich etwas anderes vorstellen. Auf jeden Spieltag freue ich mich.“ Kaum einen hat er versäumt. Wie ist sein Kontakt mit den Kickern, greift er auch ein, wenn es ihm notwendig erscheint? „Nur ganz selten“, antwortet er. „Das überlasse ich überwiegend unserem Trainer Friedhelm Funkel und unserem Sportvorstand Erich Rutemöller.“ Wohl aber sei er nach der schweren Verletzung von Özkan Yildirim in Sandhausen zu ihm in die Kabine gegangen, „um zu signalisieren, dass wir an seiner Seite sind. Ich habe auch Kevin Akpoguma im Krankenhaus besucht.“
In Düsseldorf ist Robert Schäfer mittlerweile heimisch geworden. Er wohnt in Oberkassel, joggt regelmäßig am Rheinufer oder geht dort spazieren. Neuerdings mit Kinderkarre: Sein fast einjähriger Sohn ist ein echter Düsseldorfer. Auch Lieblingsecken hat er schon entdeckt, etwa die Lorettostraße oder das szenige und dennoch urwüchsige Flingern – nicht nur, weil es die Wiege der Fortuna ist. Die Stadt werde unterschätzt, bedauert er: „Sie hat ein gewisses Image, dem sie aber gar nicht entspricht. Mich beeindruckt vor allem das breite Spektrum an kulturellen Veranstaltungen.“ Er war schon bei Konzerten in der Tonhalle und in mehreren Museums-Ausstellungen. Nur eines hat er bisher noch nicht geschafft – den Besuch des Schauspielhauses. „Das habe ich dem Intendanten Wilfried Schulz fest versprochen, wir kennen uns aus Dresden. Vielleicht stellen wir sogar eine Kooperation der Fortuna mit dem Theater auf die Beine.“