Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Der frühere Fußball-Profi Christoph Metzelder unterstützt mit seiner Stiftung bedürftige Kinder und Jugendliche
Wenn am Mittag die Schule endet, wird es voll in der Freizeit-Einrichtung „KiBi“ in Bilk, einer Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil. Gegen 13 Uhr trudeln zunächst die Erstklässler ein. Sofort bemerken sie, dass heute ein besonderer Gast auf sie wartet. „Hallo Christoph!“, begrüßen sie ihn freudig und scharen sich um ihn. Er kennt viele beim Namen, denn er schaut regelmäßig im „KiBi“ vorbei. Christoph Metzelder hat mit seiner Stiftung dafür gesorgt, dass die Kinder hier eine Heimstatt finden, in der sie liebevoll betreut und nach allen Kräften gefördert werden. Der frühere Fußball-Profi hat es nicht weit, er wohnt in Düsseldorf. Beim Mittagessen sitzt er mit den Kindern am Tisch und hört ihnen zu. Danach wird oft eine Runde Billard gespielt, und jeder setzt seinen ganzen Ehrgeiz ein, gegen den großen Christoph zu gewinnen. Er selber hat einen Heidenspaß dabei, zeigt Sportsgeist und macht es seinen Gegnern verflixt schwer.
Jutta Steger-Stioukis und ihr Sohn Leon Stioukis leiten die Einrichtung, die momentan von 33 Kindern aus 16 Nationen besucht wird. Deren Eltern sind berufstätig oder alleinerziehend, manche auch aus bildungsfernen und schlecht situierten Schichten. „Diesen Familien versuchen wir Halt zu geben und ein verlässlicher Anker zu sein“, sagt Leon Stioukis. „Elternarbeit spielt eine große Rolle, wir stehen in engem Kontakt und schalten uns mit Rat und Tat ein, wenn es Schwierigkeiten in der Schule gibt oder Defizite aufzuarbeiten sind.“ Er ist Musikpädagoge, unterrichtet Schlagzeug und Instrumentenlehre und dirigiert auch den Chor, der schon mehrmals bei Veranstaltungen der Christoph Metzelder Stiftung aufgetreten ist. Für einige kreative Angebote in dem freundlichen, offenen Haus wurden Honorarkräfte verpflichtet. Damit der Sport nicht zu kurz kommt, unterhält man Kooperationen für die Nutzung der Turnhallen in benachbarten Schulen. Nachmittags werden in einem heimeligen Raum die Hausaufgaben erledigt. Benötigt jemand weitergehende Betreuung, wird sie ebenfalls durch Gelder der Stiftung finanziert. Im „KiBi“ hat man an alles gedacht, damit die Kinder sich wohlfühlen und ihre Bedürfnisse ausleben können. An Bereiche, die Rückzug und Entspannung ermöglichen oder unter Aufsicht die wohldosierte Nutzung von Internet und sozialen Netzwerken erlauben. An Spielecken, Tischtennis – und auch an Haustiere. „Unsere Hasen heißen Fred, Molli und Rudi“, berichtet Gabriel (8) eifrig. „Ein paar Meerschweinchen haben wir auch. Und die Ställe putzen wir selber.“
Die 2006 gegründete Christoph Metzelder Stiftung fördert laut ihrer Satzung Bildungs- und Ausbildungsprojekte, setzt sich für Integration und gegen Kinderarmut in Deutschland ein. Die Projekte verteilen sich auf mehrere Bundesländer. Seit 2013 wird das „KiBi“ als einzige Düsseldorfer Einrichtung von der Stiftung unterstützt. In jeder Stadt bindet Christoph Metzelder engagierte Partner ein. Hier sind es die Deutsche Rückversicherung, Juwelier Wempe und der Kö-Bogen mit Breuninger Düsseldorf, die das Projekt schon seit einigen Jahren intensiv begleiten.
Die Kinder liegen ihm am Herzen: „Wir suchen bewusst nach Stadtteileinrichtungen, die Kinder freiwillig aufsuchen, um dort ihre Freizeit zu verbringen“, erzählt er. „Die Stiftung unterstützt dann einzelne Elemente, wie eine Hausaufgaben-Betreuung oder ein warmes Mittagessen. In vielen Familien ist das aus unterschiedlichsten Gründen keine Selbstverständlichkeit mehr.“ Im Gegensatz zu großen institutionellen Stiftungen, die sich oft nur als Impulsgeber sehen und ihre Förderung zeitlich befristen, sieht sich die Christoph Metzelder Stiftung als langfristiger Partner: „Wir wollen die jungen Menschen nachhaltig begleiten und ihnen auf dem Weg von der Schule in den Beruf zur Seite stehen. Deshalb kümmern wir uns auch um Unterstützung bei der beruflichen Orientierung, bei Bewerbungen oder beim Nachholen von Schulabschlüssen.“ Weil sich städtische und kirchliche Träger immer mehr aus der Finanzierung solcher Projekte zurückziehen, können viele Einrichtungen ihre Angebote nicht mehr aufrechterhalten oder gar ausbauen.
Welche Bilanz zieht Christoph Metzelder im elften Jahr der Stiftung? „Am Anfang stand eine große Idee“, antwortet er. „Ich habe ganz bewusst die Entscheidung getroffen, mit 26 Jahren schon während meiner Karriere die Stiftung zu gründen und die Popularität und die Dynamik meines Berufes für die gute Sache zu nutzen.“ Er war Mitglied der Fußball-Nationalmannschaft, spielte für Borussia Dortmund, Schalke 04 und Real Madrid. Neben dem Sport wollte er etwas Sinnvolles aufbauen und die Bildungschancen von Jugendlichen verbessern. Natürlich hätte es eine Weile gedauert, bis aus seiner Idee die ersten Projekte erwuchsen, räumt er ein. Man habe einen Mittelweg finden müssen, das Kapital der Stiftung zu stärken und gleichzeitig Spenden für Projekte einzusammeln: „Einerseits wollen wir eine gesunde Basis für die Zukunft bilden, andererseits möglichst viele tolle Projekte unterstützen“, fasst er zusammen. „Das hat bisher vor allen Dingen durch die ungebrochene Unterstützung hervorragend funktioniert. Deshalb wachsen wir immer weiter.“ Damit der Zufluss von frischem Kapital nicht versiegt, hat Christoph Metzelder ein stabiles Netzwerk gesponnen. „Bei der Werbung um Spenden können wir uns auf das Engagement vieler mittelständischer Unternehmen verlassen“, berichtet er. „Am Anfang steht aber immer der persönliche Einsatz des Stifters.“
Die vielfältigen Projekte beschäftigen ihn jeden Tag. Manchmal besucht er drei, vier Einrichtungen hintereinander. Daneben gibt es noch einige andere zeitlich intensive Beschäftigungen, die teilweise mit seinem früheren Beruf zu tun haben: Christoph Metzelder sitzt im Aufsichtsrat des Fußballclubs Preußen Münster, unterstützt seinen Heimatverein TuS Haltern, unter anderem als 1. Vorsitzender und Trainer der U19. Samstags geht er für den Bezahlkanal Sky auf Sendung. Außerdem ist der 36-Jährige noch geschäftsführender Gesellschafter der renommierten Hamburger Werbeagentur Jung von Matt/sports und damit ständig auf Achse. „Ach, das kriege ich alles ganz gut unter einen Hut“, wehrt er ab. „Ich empfinde es nicht als anstrengend, im Gegenteil. Es ist ja gerade die Abwechslung, die ich genieße. Neue Themen, neue Menschen.“ Auch die positiven Erfahrungen mit den Jugendlichen beflügeln ihn. „Da gibt es so viele Erfolgsgeschichten. Wenn wir einen kleinen Teil dazu beitragen können, dass junge Menschen ihren eigenen Weg finden, macht mich das glücklich. Mir imponiert besonders die großartige Leistung der vielen Sozialarbeiter, Pädagogen, Ordensschwestern und Ordensbrüder. Sie und ihre Arbeit müssen wir viel mehr in den Fokus rücken.“
In seiner Wahlheimat Düsseldorf fühlt Christoph Metzelder sich wohl. „Ich mag Städte, die am Wasser liegen. Außerdem ist die Verkehrsanbindung hervorragend. Von Derendorf aus bin ich blitzschnell am Flughafen und in 60 Minuten in Haltern bei meiner Familie.“ Nach vielen Jahren, in denen der Fußball sein Leben steuerte – welche Rolle spielt der aktive Sport heute für ihn? Da lacht er. „Mir ist das jetzt ein bisschen peinlich“, sagt er dann. „Ich mache nicht mehr sehr viel. Aber die Liebe zum Fußball hört nie auf, auch wenn man nicht mehr in den großen Arenen spielt. Und meine Arbeit als Trainer bereitet mir viel Freude.“ Was ist mit den Kindern, die er durch seine Stiftung trifft? Wissen die um seine Vergangenheit als berühmter Fußballstar? „Die Grundschüler sicher nicht“, antwortet er, die hätten ihn zum Teil gar nicht mehr spielen sehen. „Mein großer Joker ist immer Cristiano Ronaldo, mit dem ich ein Jahr bei Real Madrid zusammen gespielt habe. Wenn sein Name fällt, bin ich der Chef“, sagt er und lacht.