Das kreative Rückgrat der Stadt
Düsseldorf ist eine Kunststadt. Das sieht man allerdings…
Der deutsche Superstar Martin Kaymer aus Mettmann bei Düsseldorf über die Liebe seines Lebens: Golf.Aktuell ist sein großes Ziel für dieses Jahr eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Brasilien.
Top Magazin: Können Sie sich noch an den ersten Tag auf dem Golfplatz erinnern?
Ja, das kann ich! Wobei ich nicht weiß, ob das was zählt. Denn damals war der Golfplatz in Mettmann noch gar nicht fertig. Der Rasen war noch nicht eingesät. Wir sind mit der ganzen Familie den Platz im Rohzustand abgelaufen, um zu sehen, wie es ein Jahr später ungefähr aussehen wird.
Wie kam es dazu?
Die Driving Range war schon ein Jahr vorher eröffnet worden, und alle waren gespannt auf den „großen Platz“. Da haben wir uns eben kurzerhand dazu entschieden, schon mal erste Eindrücke zu sammeln.
Aber dann haben Sie ja beim ersten Mal auf dem Golfplatz gar keinen Ball schlagen dürfen?
Nein, das konnte ich tatsächlich nicht.
Wie alt waren Sie da?
Ich denke, so zehn.
Und seither sind Sie dem Sport verfallen…
Ja, Golf ist für mich nach wie vor ein faszinierender Sport, der mich jetzt schon seit mehr als 20 Jahren fesselt. Es ist ein so wunderbares und vielseitiges Spiel – es kommt auf die richtige Technik, Konzentration, Strategie, manchmal auch Kreativität und natürlich Geduld an. Das alles sind wichtige Eigenschaften, die beim Golf zusammenkommen. Obwohl Golf in erster Linie ein Individualsport ist, ist Golf extrem kommunikativ und gesellig. Zudem ist man stets mit der Natur verbunden und an der frischen Luft. Ich könnte mir keinen besseren Beruf vorstellen.
Was ist das Schönste am Golf?
Ganz ehrlich – gewinnen! Ich denke, da kommt einfach das Sportler-Denken in mir durch, aber das treibt mich im Training auch an. Es gibt beim Golf für mich einfach kein besseres Gefühl, als den Platz am Sonntagabend als Sieger zu verlassen. Abgesehen vom Leistungsgedanken ist es aber auch großartig, mit Freunden in der Freizeit 9 oder 18 Löcher zu spielen und bei einer Runde Golf in aller Ruhe gemeinsam Zeit zu verbringen. Mir fallen wirklich nicht viele Dinge ein, die ich lieber tue.
Was hat Ihnen der Golfsport als Mensch gegeben?
Ich glaube schon, dass Golf mich positiv geprägt hat. Golf ist ein Sport, der viele ehrenvolle Werte wie Respekt, Ehrlichkeit und Disziplin vereint. Eigenschaften wie diese sind sicher auch abseits des Golfplatzes sehr wichtig, deshalb bin ich froh darüber, mit diesem Sport groß geworden zu sein.
Ist Martin Kaymer in Privatrunden auch so besonnen oder fliegt da auch schon mal der Schläger?
Ich ärgere mich natürlich auch auf dem Golfplatz, aber ich zeige es nicht so. Ich versuche vielmehr so schnell es geht, schlechte Schläge abzuhaken, um mich gleich auf den nächsten Schlag zu konzentrieren. Auf Privatrunden bin ich ehrlich gesagt entspannt, aber in meiner Jugend gab es schon die ein oder anderen privaten Duelle gegen meinen großen Bruder auf dem Golfplatz… Da kommen Erinnerungen hoch!
Können Sie sich an einen Tag erinnern, den Sie als den schönsten auf dem Golfplatz bezeichnen?
Gute Frage! Es gibt auf jeden Fall ein Erlebnis, an das ich mich immer erinnern werde. 2006 habe ich – damals noch auf der EPD-Tour – bei der Habsberg Classic eine 59 gespielt. Es war die perfekte Runde! Ich habe zunächst auf Loch 2, einem eigentlich relativ leichten Par 5, einen Bogey gespielt und war eins über nach zwei Löchern. Danach hat aber alles funktioniert! Auch heute habe ich diese Runde irgendwie immer „dabei“, da meine Ballnummer die „59“ ist.
Das ist die perfekte Runde, wie fühlt sich der perfekte Schlag an?
Das merkt man leider immer erst im Nachhinein. Wobei das Ergebnis dabei zweitrangig ist, denn oft kann man nicht beeinflussen, wie der Ball springt oder wo genau er dann liegen bleibt. Aber ich merke immer, dass mir ein Schwung richtig gut gelungen ist, wenn ich den Ball im Treffmoment kaum spüre.
Und wo befindet sich der beste Ort auf der Welt für den perfekten Schlag?
»The Home of Golf« – St Andrews in Schottland. Das ist für mich der schönste Golfplatz, und ich denke, daran wird sich auch nicht so schnell etwas ändern.
Apropos, ändern. Wenn Sie drei Dinge im Golf ändern könnten, welche wären das?
Spontan fallen mir nur zwei Dinge ein: Das Spiel müsste schneller gespielt werden und einige Clubs sollten ihre Strukturen bezüglich Etikette und Möglichkeiten für Noch-Nicht-Golfer überdenken, wobei wir zumindest im Hinblick auf den zweiten Punkt in Deutschland auf einem ganz ordentlichen Weg sind.
Was fehlt noch zu einem Spitzengolfland?
In den letzten 30 Jahren hat sich sehr viel getan. Golf ist natürlich jünger, dynamischer und sportlicher geworden. Der Sport hat sich hierzulande sehr geöffnet und ist breitentauglicher geworden, aber der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Es gibt heutzutage fast in jeder deutschen Großstadt City-Golf-Anlagen und die Möglichkeit, unkompliziert Golf zu spielen. Ich denke, über viele Jahre war das eine zu große Hürde für Leute, die sich für den Sport interessieren, aber nicht wussten, wie sie ihn ausprobieren können. Da sind wir in Deutschland auf jeden Fall auf dem richtigen Weg.
Wie wichtig ist es da, dass es nun zwei deutsche Turniere auf der European Tour gibt?
Darüber freue ich mich sehr, und es ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Ein zweites European-Tour-Event auf deutschem Boden wird dem Golfsport in Deutschland sehr gut tun.
Welches Land ist das beste Land für Golfer?
Das kann man zum Glück nicht so sagen – oder zumindest ich für meinen Teil nicht. Von den klimatischen Bedingungen her sind natürlich südeuropäische Länder, die USA oder andere Länder mit angenehmem und warmem Wetter über das ganze Jahr optimal, aber tolle Plätze findet man auch in kälteren Ländern der Erde. Von den Möglichkeiten, Golf zu spielen und zu erlernen, sind die USA aber ganz bestimmt ein Land, das vielen Nationen voraus ist. Hier ist der Sport sehr populär und wird früh gefördert. Nicht umsonst gibt es so viele Spitzengolfer aus den Vereinigten Staaten.
Haben Sie eigentlich ein Vorbild?
Seit ich zehn oder elf Jahre alt war, hat Ernie Els zu meinen großen Vorbildern im Golf gezählt. Mich hat sein Rhythmus, Golf zu spielen, fasziniert – und natürlich auch sein Schwung. Später als Profi habe ich ihn persönlich kennenlernen dürfen und kann hinzufügen, dass er mich von seiner ganzen Person, wie er sich gibt, wie respektvoll er anderen gegenüber ist, sehr beeindruckt hat.
Der Profi-Golfer hat ein großes Herz für Kinder. Er gründete 2015 die Martin-Kaymer-Helianthus-Stiftung, mit der er Kindern eine sportliche Ausbildung ermöglichen möchte. „In meinem Leben hatte ich viel Glück. Ich hatte nicht nur das Glück, als Kind stets die volle Unterstützung meiner Eltern und meiner Familie zu haben, sondern auch das Glück, in gewogenen Verhältnissen aufzuwachsen. Mir wurde die Chance auf Bildung, auf Entfaltung und damit auf ein selbstbestimmtes Leben gegeben. Zudem konnte ich in meiner Kindheit den Sport betreiben, den ich gerne ausüben wollte und wurde durch meine Eltern liebevoll gefördert. Leider verfügen heutzutage noch immer viele Familien nicht über die Möglichkeiten, Geld in die Förderung der Bildung oder auch des Sports ihrer Kinder zu investieren. Mit der Martin-Kaymer-Helianthus-Stiftung möchte ich der Gesellschaft etwas zurückgeben und Kindern und Jugendlichen, die unter anderen Verhältnissen aufwachsen, Träume, Chancen und Perspektiven aufzeigen.“
martin-kaymer-helianthus-stiftung.com